Time Travel Inc. - Rewind (Die Zeitreise Chroniken) (German Edition)
neben einem liegengebliebenen Zug.
Die gute Laune verging mir allerdings schlagartig, als ich mich wenig später auf der Rückbank eines alten Dodge 30 wiederfand. Zugegeben, er war nicht alt, sondern praktisch fabrikneu. Wer aber wie ich in der Zukunft einen Mercedes Modell der M-Klasse, Baujahr 2010 fuhr, fühlte sich in dieser Karre wie ein rohes Ei im Fahrradkorb. Ich nahm an, dass dieses Gefährt nicht für einen Offroad-Trip wie diesen gebaut war, und sandte unzählige Stoßgebete zum Himmel. Verkrampft hielt ich mich an meinem Sitz fest und ging im Geiste schon mal alle eventuell notwendigen Körperhaltungen durch, die mir bei einem unerwarteten Fall aus der bedenklich klappernden Autotür von Nutzen sein könnten. Gab es da nicht diese Abrolltechnik, die Fallschirmspringer bei der Landung durchführten? Mary hingegen jauchzte fröhlich bei jeder Bodenwelle und hielt ständig ihren Kopf aus dem Fenster, um den Fahrtwind zu spüren. Ich fürchtete um ihr Genick, das bei jedem Ruck Gefahr lief, am Fensterrahmen gebrochen zu werden.
»Wie ist Nashville denn so?«, rief ich dem Fahrer zu, wenn auch nur, um mich ein wenig von der Todesangst abzulenken.
»Oh, das ist ein heißes Pflaster!«, erwiderte er lachend. »Wir haben derzeit etwa 120 000 Einwohner und ich warne Sie gleich vor, Sie können nicht einem von denen trauen.«
»Hm, hm«, brummte ich nicht gerade erfreut. »Gibt es denn irgendetwas zu sehen? Wir werden ja sicher noch ein wenig Zeit totschlagen müssen.«
»Nun ja, das wäre der Parthenon, aber das wird gerade umgebaut, fürchte ich.«
»Der Parthenon?«, hakte ich ungläubig nach. »Steht der nicht in Athen, also in Griechenland?«
»Na klar, aber es wurde eine Replik erbaut, vor etwa 25 Jahren. Anlässlich der Weltausstellung, wissen Sie? Damals bestand sie nur aus Gips und Holz, aber jetzt wollen sie sie rundum überarbeiten, damit sie überdauert.«
»Das ist ja verrückt!«
»Nein, Ma'am. Das ist Nashville.«
In der Stadt angekommen, suchten wir uns ein gemütliches Lokal aus, um eine heiße Schokolade zu trinken und die Ereignisse des Tages zu verdauen.
»Was meinst du, wann fahren wir weiter?«, fragte Mary geistesabwesend.
»Keine Ahnung«, erwiderte ich. »Höchstwahrscheinlich nicht vor morgen früh. Vielleicht noch später.«
»Also müssen wir hier übernachten, ja? Ich hoffe, sie haben das Gepäck inzwischen ebenfalls hergeschafft. Ansonsten wird es eine recht freizügige Übernachtung, das kann ich dir sagen.«
»Mach dir keinen Kopf. Der Typ aus dem Auto sagte mir, sie hätten einige Hotelzimmer besorgt und bringen das Gepäck auch gleich dort hin. Ich weiß, wo wir schlafen. Wir müssen nur noch den Zimmerschlüssel an der Rezeption abholen.«
»Wann hat er das denn erzählt? Das habe ich ja gar nicht mitbekommen«, bemerkte sie verwundert.
»Na ja, du warst damit beschäftigt, den Autos hinter uns zu winken«, gab ich schmunzelnd zurück.
»Hey! Ich fahre nicht so oft mit dem Auto durch Tennessee«, rief sie gespielt aufgebracht. »Das war lustig.«
»Ja, ja, schon gut. Wollen wir nachsehen, wo wir heute nächtigen werden oder was meinst du?«
»In Ordnung, gehen wir.«
Als wir, ein paar Minuten später, gemächlich in Richtung Hotel schlenderten, rief plötzlich jemand Marys Namen.
»Mary? Mary warte doch. Bist du es wirklich?« Eine Frau, etwa Mitte vierzig, kam auf Mary zugeeilt.
»Mein Gott, Anne!«, kreischte Mary vergnügt. »Was machst du denn hier?«
»Was für eine dumme Frage, Kindchen. Ich wohne hier!«
»Ach ja, richtig!«, pflichtete Mary ihr bei und schlug sich mit der flachen Hand gegen den Kopf. »Das hatte ich ja völlig vergessen. Wie geht es dir? Was machst du denn inzwischen? Die Sache mit dem Wahlrecht hat sich ja nun erledigt«, witzelte sie. »Oh warte! Ich vergesse meine gute Erziehung. Leana, darf ich vorstellen? Das ist Anne. Wir haben uns einmal in New York bei einem der großen Suffragetten-Treffen kennengelernt. Sie ist sozusagen ein hohes Tier bei uns. Anne, das ist Leana, meine Freundin aus New York. Wir schlagen uns gerade nach Oklahoma durch, weißt du.«
»Ah, ich dachte mir schon, dass ihr zu den Leuten des Zugunglücks gehört«, sagte Anne nickend. »Erzählt mal, wo werdet ihr wohnen?«
»Ich glaube, das Hotel heißt Hermitage. Dort halten sie für uns ein Zimmer bereit«, berichtete ich ihr.
»Oh, das Hermitage ist gutes Haus. Aber wisst ihr was? Warum seid ihr nicht einfach meine Gäste? Ich würde mich
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