Time Travel Inc. - Rewind (Die Zeitreise Chroniken) (German Edition)
näher meine Abreise rückte, desto nervöser wurde ich. Da ich meine Entscheidung, in jedem Fall zu reisen, bereits gefällt hatte, schmerzte mich die Aussicht auf den Abschied sehr. In dem Moment, in dem sich mein Körper im Labor rematerialisieren würde, wäre John tot. Nicht, dass ich damit etwas zu tun hätte, aber es würde nun mal zu einer Tatsache werden. Er lebte hier und jetzt. Wenn er nicht zufällig vorhatte, 124 Jahre alt zu werden, würde ich ihn nicht lebendig wiedersehen.
»Sag mal, hat eure Familie so eine Art Familiengrab, hier in Gainesville?«, hörte ich mich plötzlich fragen.
»Ich weiß zwar nicht, wie du ausgerechnet jetzt darauf kommst, aber ja. Wir haben eine Gruft auf dem Gainesville City Friedhof. Er ist in der Nähe des Hauses. Leicht zu Fuß zu erreichen.«
»Oh, gut«, sagte ich tonlos.
»Leana, was ist los? Ist es die bevorstehende Abreise? Bist du deswegen so komisch? Mach dir keine Sorgen. Es wird sich schon finden.«
Da ich ihm wohl kaum sagen konnte, dass ich vorhatte, sein Grab zu besuchen, sobald ich wieder zu Hause war, nickte ich nur bestätigend.
»Sieh mal«, fuhr er fort. »Dieses Land ist so groß. Es leben eine Menge Menschen hier. Und obwohl du nur für kurze Zeit hier bist, sind wir uns dennoch mehrere Male über den Weg gelaufen. In New York, im Zug und dann wieder in Pensacola. Meinst du nicht, dass dies ein bisschen viele Zufälle sind? Ich bin ganz sicher, dass das Schicksal etwas mit uns vorhat. Herrgott, ich bin dir öfter begegnet als den meisten Damen, mit denen ich eine …, nun ja, eine Verbindung hatte. Das kann doch kein Zufall sein. Du wirst sehen, wir finden einen Weg oder das Schicksal tut es. So oder so wird schon alles gut werden.«
Er tätschelte mein Knie und sah mich aufmunternd an. Ich war nicht sicher, ob er seinen eigenen Worten Glauben schenkte. Ich selbst hätte es gern getan. Und doch wusste ich genau, dass es keine andere Möglichkeit für uns gab. Ich konnte nicht bleiben und er konnte nicht mit mir kommen. Wer konnte schon wissen, was mich in der Zukunft erwartete? Vielleicht würde ich nie wieder in die Vergangenheit reisen. Nach allem, was der Professor mir erzählt hatte, war ein sofortiger Rausschmiss, sobald ich einen Fuß ins Labor setzte, wahrscheinlich. Es war ja nicht so, dass ich in jeder x-beliebigen Firma weitermachen konnte. Es gab nur einen Menschen, der das Reisen durch die Zeit möglich machte, und das war Professor Tyssot. Ohne die Mittel von Van Orten Enterprises waren wir aufgeschmissen. Sicher, ich war im Besitz eines Multimillionen-Euro-Diamanten. Doch dieser ließ sich schließlich auch nicht an jeder Straßenecke verticken und selbst wenn, würde es ewig dauern, bis wir eine funktionierende Infrastruktur für die benötigte Energie hätten. Ganz zu schweigen von möglichen Racheakten durch van Orten senior und Viktor. Sie könnten uns verklagen. So was konnte Monate oder Jahre dauern. Es war hoffnungslos. Egal, was in der Zukunft auf mich wartete, zunächst galt es, am vereinbarten Zeitpunkt hier aufzutauchen und zurückzukehren. Ohne John und mit der Gewissheit, dass er längst tot sein würde.
»Ich weiß, dass du es gut meinst, John. Vielleicht hast du ja auch recht.«
Wir genossen den Rest des Tages relativ unbeschwert und ich entschloss mich, jegliche Gedanken zum Thema Abschied in die hinterste Ecke meines Kopfes zu verbannen.
Ein paar Tage später klärte mich John auf, dass er demnächst etwas außerhalb der Stadt zu tun hatte. Ich kannte ihn inzwischen so gut, dass ich sofort merkte, wenn etwas nicht stimmte, und stellte ihn zur Rede. Wir saßen gerade bei einem Glas Wein am Kamin und hatten es uns gemütlich gemacht. Abby war bei einer Freundin, um ihr Klavierunterricht zu geben. So hatten wir das ganze Haus für uns allein.
»Erzähl mir, was genau du zu tun hast«, forderte ich ihn mit Nachdruck auf.
»Ich möchte das lieber nicht, Leana. Es ist besser, wenn du nicht alles über mich weißt.« Er grinste, doch es wirkte unecht.
»Es geht um den Monet, nicht wahr?«
Zack! Ins Schwarze getroffen. Die ganze Sache rund um das Gemälde war nach unserer Ankunft nie wieder zur Sprache gekommen. Jedenfalls nicht zwischen John und mir. Ich vermutete, dass Abby so einiges über die Geschichte wusste, hatte mich aber nicht getraut, sie zu fragen. Was zwischen den beiden war, ging mich nichts an. Und eigentlich ging auch das Gemälde als solches mich nichts an. Doch hier saß er nun, reumütig und
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