Time Travel Inc. - Rewind (Die Zeitreise Chroniken) (German Edition)
hätten die Sache abgeblasen. Ich sagte ja, als der Kerl nicht auftauchte, erschien es uns sinnlos, länger zu warten. Wir hatten auch ein wenig Angst, dass er uns an die Polizei verkauft hatte. Also vermute ich, dass wir einfach gegangen wären.«
»Und ohne den Mann hättet ihr es auch kein zweites Mal versucht?«
»Doch, vielleicht schon. Aber sicher nicht so bald. Wären wir auch nur im Entferntesten davon ausgegangen, dass er uns verraten hat, hätten wir sicher eine ganze Weile Abstand von dem Plan genommen.«
Das war’s. Hier war der Beweis. Mündlich zusammengefasst von meinem derzeitigen Liebhaber. Wenn ich nicht an genau diesem Tag, zu genau dieser Zeit im MET gewesen wäre, hätte es keinen Diebstahl gegeben. Ich hatte die Dinge also verändert. Beziehungsweise, meine Anwesenheit hatte es getan.
»Was hast du denn plötzlich?«, fragte er besorgt. »Du bist ja ganz blass! Ist alles in Ordnung?«
»Ja, natürlich. Ich dachte nur …, stell dir vor, ich wäre nicht da gewesen.«
»Oh, genau das habe ich mir unzählige Male vorgestellt«, erwiderte er fröhlich. »Ich bin zu dem Entschluss gekommen, dass du eine Art Glücksbringer bist. Ohne dich hätten wir es nicht geschafft. Es war also Schicksal.«
»Darf ich dich noch was fragen?«, setzte ich an.
»Natürlich. Wo wir schon mal so ehrlich sind«, antwortete er amüsiert.
»Wieso hast du es gestohlen?«
Er schwieg und sah zu Boden. Irgendwie wirkte er plötzlich traurig.
»Ich meine«, fuhr ich fort, »dieses Haus und alles, was darin ist. Eure Familie scheint Geld zu besitzen, so scheint es mir. Warum also stiehlt jemand, dem es ohnehin finanziell gut geht, ein wertvolles Gemälde?«
Er blickte nach oben und starrte eine Weile das riesige Ölgemälde, welches an der Wand hing, an. Es zeigte einen Mann mittleren Alters. Er hatte große Ähnlichkeit mit John. Ich vermutete also, dass es ein Porträt seines Onkels war. Vor seinem Tod gehörte ihm, laut Johns Aussage, dieses Haus .
»Weißt du«, begann er leise. »Theoretisch kann man das Bild nicht als gestohlen bezeichnen …«
Ich verstand nicht, worauf er hinauswollte. Das Bild würde im Jahr 2015 locker einen Verkaufswert von fünfzehn oder zwanzig Millionen Dollar erreichen. Neben mir würde wohl jeder vernünftig denkende Mensch die ganze Aktion als Diebstahl bezeichnen.
»Die Sache ist die,«, sagte er plötzlich und drehte sich wieder zu mir herum, »Claude Monet sagte damals, im Jahre 1908, er wäre förmlich besessen davon, Wasserlandschaften mit ihren Lichtreflexionen zu malen. Mein Onkel, der ihn in dieser Zeit oft traf und ein guter Freund war, verbrachte eine Menge Zeit mit ihm. Sie unterhielten sich, während er malte. Mein Onkel war damals etwa sechzig Jahre alt und Monet noch ein wenig älter. Als der große Künstler, der er war, machte es ihm schwer zu schaffen, dass seine Augen immer schlechter wurden. Mein Vater munterte ihn oft auf und war stets für ihn da. Darum versprach der alte Maler ihm und seiner Frau das Bild der Seerosen von 1906 zu schenken. Als mein Onkel und seine Frau es einen Tag vor ihrer Abreise bei ihm zu Hause abholen wollten, hatte die Kutsche plötzlich eine Panne. Die Pferde gingen durch und der ganze Wagen kippte einen kleinen Abhang hinunter. Meine Tante war sofort tot. Mein Onkel war nur leicht verletzt, doch der Schmerz, verursacht durch den Tod seiner Frau, war enorm.
Natürlich holte er das Bild nie ab. Er fuhr zurück, um meine Tante zu beerdigen, und lebte zwei Jahre zurückgezogen hier im Haus. Als 1910 meine Eltern bei einem weiteren Unfall ums Leben kamen, schickte man uns, also Abby und mich, hierher. Wir waren zwar keine Kinder mehr, hatten aber Zeit unseres Lebens bei unseren Eltern gelebt, und nun galt es, sich gegenseitig Trost zu spenden. Der Verlust seines Bruders gab meinem Onkel den Rest und er starb Anfang des Jahres 1911 . Das ist jetzt zehn Jahre her und ich höre ihn noch immer von diesem Gemälde sprechen und wie gerne meine Tante es mit hierhergebracht hätte. Sie liebte Monets Arbeiten von ganzem Herzen.«
»Hast du Kontakt zu ihm aufgenommen? Zu Monet meine ich?«, fragte ich aufgeregt.
»Wie es scheint, hatte der große Künstler acht seiner Seerosenbilder 1918 an die Franzosen verschenkt. Er schrieb mir, er erinnere sich nicht an sein damaliges Versprechen und sähe daher keinen Grund, auf meine Forderung einzugehen. Du kannst dir vorstellen, wie wütend ich war?«
»Na und wie!«, rief ich aus.
»Letztendlich hat
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