Time-Travel-Triologie 01 - Die Prophetin von Luxor
Untergang. Ich sollte zu Thut zurückkehren, ihn um Vergebung dafür bitten, daß ich dich geheiratet habe, und versuchen, ihn von diesem zerstörerischen Pfad abzubringen.« Cheftu klang keineswegs begeistert. Chloe drehte ihn herum, damit er ihr ins Gesicht sah. »Das ist gefährlich! Das ist Wahnsinn! Wieso solltest du das wollen?« An die Wand gelehnt und mit starrem Blick begründete Cheftu: »Bist du mit der Geschichte der Juden vertraut?« Er wartete ihre Antwort gar nicht erst ab.
»Das sind die Plagen aus der Bibel.«
Blinzelnd ließ Chloe sich auf die Liege sinken.
»Der Exodus?«
» Oui. Das glaube ich wenigstens. Auch wenn ich geglaubt habe, daß damals ein anderer Pharao auf dem Thron saß.« Er lachte kurz. »Ich habe sogar einen Artikel darüber verfaßt …«
Damit ließ er es bewenden. »Egal. Wenn ich mich richtig erinnere, folgt als nächste Plage …« Er zählte es an seinen Fingern ab. »Wir hatten Blut, Frösche, Mücken, Fliegen –« Er sah sie an. »Es war wohl die Viehpest, an der unsere Pferde auf dem Weg zum Tempel gestorben sind.« Er kam auf Chloe zu und schloß sie in die Arme. »Ich danke Gott dafür.«
»Die Vulkanasche muß die nächste Plage sein«, sagte sie. » Oui, das ist wohl die Plage der Beulen.« Er stand wieder auf. »Ich muß Thutmosis um Gnade bitten. Wenn das so weitergeht, wird Ägypten zugrunde gehen.« Er bückte sich, um seinen verknitterten Schurz aufzuheben.
Chloe erhob sich ebenfalls. »Wenn du ihn überredest, spielst du dann nicht Gott? Dieser Exodus wird für alle Zeiten das Urgestein des jüdischen Glaubens darstellen!«
Cheftu sah sie mit einem grimmigen Lächeln an. »Ich glaube nicht, daß meine Bemühungen ausreichen werden, Gottes Pläne zu ändern. Aber ich glaube, daß ich meine Pflicht als Ratgeber Ägyptens erfüllen muß, indem ich es versuche. Thut wird mich nicht töten lassen. Ich stehe in der Gunst des Großen Hauses. Selbst er muß sich in acht nehmen, schließlich hat er es mit einem der Erbprinzen Ägyptens zu tun.«
Chloe sah ihm fassungslos zu. Er kniete bereits am Boden und schnürte seine Sandalen. »Was ist mit den Apiru? Sollen wir nicht mit ihnen fliehen?« wollte sie wissen.
Er hielt inne, senkte den Kopf und blickte zu Boden. »Die Antwort darauf ist nicht mehr so einfach, Chloe«, gab er zurück, und die Deutlichkeit, mit der er ihren Namen aussprach, jagte ihr einen Schauer über den Rücken. Er sah sie an, mit einem Blick wie flüssiges Metall in den goldenen Strahlen des Morgens. »Wir können uns später unterhalten, jetzt muß ich handeln.« Er faßte nach seinem schweren Gürtel.
Chloe schnappte sich ihr Gewand vom Boden. »Wir gehen gemeinsam oder gar nicht.«
Sein Blick tastete sie ab. »Wenn du Französin wärst, dann wärst du jetzt zu schwach von l’amour , um während einer Plage über Land reisen zu wollen.«
Sie wollte sich schon ereifern, doch dann bemerkte sie das Zucken in seinen Mundwinkeln. »Amerikanische Frauen sind härter im Nehmen.« Er half ihr, die Träger ihres Gewandes zu richten und ihren Kragen anzulegen.
Liebevoll gab er ihr einen Kuß in die Halsbeuge.
»Ich werde diese faulen Tage mit dir vermissen, Herrin. Was auch kommen möge, du sollst wissen, daß mein Herz dir gehört. Je t’aime. «
Sie lehnte sich mit dem Rücken gegen seine warme Brust und spürte ihr Herz im Hals schlagen. Cheftu gab ihr einen Kuß auf den Kopf, dann löste er sich von ihr und nahm seinen Umhang. »Cheftu, machen wir uns damit nicht völlig unglaubwürdig bei den Apiru? Wir werden uns fortschleichen müssen. Wir brechen mit ihren Traditionen, nachdem wir sie erst um ein Obdach angefleht haben.« Mit von zahllosen Hotelaufenthalten geschärftem Blick sah sie sich nach möglicherweise vergessenen Sachen um.
»Gehören diese Armbänder dir?«
»Sie sind eine kleine Entschädigung für jene, die ihr Leben für uns aufs Spiel gesetzt haben. Vielleicht werden sie es den Apiru ermöglichen, unseren gesellschaftlichen Fauxpas zu vergessen. Wenn sie uns nicht abreisen sehen, dann kann auch niemand sie fragen, wohin wir gegangen sind. Thut wird sie nicht bestrafen können.«
Theoretisch, dachte Chloe.
Die Tür ging direkt auf einen Innenhof, wo man sie sofort bemerken würde. Dieser Weg war ihnen versperrt. Cheftu trat ans Fenster und blickte hinaus auf den verlassenen äußeren Hof. »Das ist der einzige Weg.« Er gab ihr einen knappen Kuß. »Ich werde dich so bald wie möglich nachkommen lassen.« Sie sah aus
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