Time-Travel-Triologie 01 - Die Prophetin von Luxor
allein, die Handgelenke um ihre Taille gebunden, wo sie in das dünne Fleisch über ihren Hüftknochen schnitten. Bei dem Versuch, noch einmal unter einem Felsen nach Wasser zu graben, hatte sie sich einen Finger gebrochen, und sie hatte einen tödlichen Schrecken bekommen, als die tief gebräunte Haut an ihrem Handgelenk aufgeplatzt war, nur weil sie versehentlich die Felswand entlang dem Wadi gestreift hatte.
Als sie diesmal stürzte, stand sie nicht mehr auf.
17. KAPITEL
Der weißhaarige Alte tippte einem seiner Sänftenträger auf die Schulter. Sein starrer Blick war nicht auf die näherrückenden Felsklippen, sondern auf die Schale mit Eingeweiden in seinen Händen gerichtet. Mit einem Fächer vor sich hinwedelnd, befahl er, anzuhalten.
Sobald er aus der Sänfte gestiegen war, umringten ihn seine Leibwächter, kräftige und drahtige Männer mit sonnengebräunten Leibern, ein Kontrast zu seinem altersgebeugten, kraftlosen Körper. Dennoch gab er allein das Tempo vor, als sie in den Wadi hineingingen und er mit immer noch scharfen Augen nach der Vision Ausschau hielt, die er vergangene Nacht gehabt und auf die er so lange gewartet hatte. Die Eingeweide dienten ihm als Landkarte, und er schwenkte nach links, so wie sie es rieten. Den Sternen und den überlieferten Geschichten zufolge war dies der richtige Tag.
Dann sah er sie. Ein junger Löwe erhob sich und stellte sein Fell auf. Der Alte sprach ein paar Worte, und der Löwe legte sich wieder hin, um seine Pfote zu lecken, ohne jedoch die Näherkommenden aus den aufmerksamen Augen zu lassen.
»Sie leben noch, aber nur noch eben, mein Lehensherr.« »Bringt sie her.«
Verwundert blickte er auf das Gewirr schmutziger, halbschwarzer Gliedmaßen und auf die von Haut überzogenen Skelette. Sie sahen kaum wichtig genug für ein Begräbnis aus, geschweige denn für eine Rettung. Doch der unbekannte Gott sandte so selten Befehle, daß noch nie einer davon mißachtet worden war. Der Mann machte kehrt und ging zurück zu seiner Sänfte.
Chloe vermochte nicht zu sagen, wann genau die Schmerzen nachließen und sie ihre Umgebung wieder wahrzunehmen begann. Und erst mehrere Tage danach dachte sie erstmals wieder an Cheftu und Thief. Sie brachte nicht einmal die Kraft auf, die Augen zu öffnen und nach ihnen zu sehen. Dank der liebevollen Fürsorge eines anonymen, schweigsamen Helfers fühlte sie Nahrung durch ihren Leib rinnen und dicke Öle durch ihre Haut dringen.
Sie schlug die Augen auf, erblickte um sich herum weiße Leinwand, und schloß sie wieder.
Sie waren wieder in Ägypten – im alten Ägypten mit seinen fremden Göttern und grellen Farben. Ägypten, wo Cheftu dem Tod geweiht war, wenn er nicht schon tot war.
Cheftu!
Chloe fuhr hoch und zog die Leinendecke um ihren Leib. Vielleicht konnten sie ja fliehen? Wenn es noch nicht zu spät war? Sie ließ sich von ihrer Liege gleiten und hielt sich im letzten Moment daran fest, bevor eine Woge des Schwindels über sie hinwegschwappte, die ihr fast die Besinnung raubte. Dann hellte sich ihr Blickfeld wieder auf, und sie schlich auf die Vorhangtür zu. Sie warf einen Blick dahinter. Es war kein Mensch zu sehen. Zaghaft wagte sie sich ein paar Schritte vor.
»Kind, suchst du den Ägypter?«
Die Stimme ließ sie herumwirbeln und auf der Stelle in Verteidigungshaltung gehen. Vor ihr stand ein weißhaariger alter Mann, über dessen bemaltes Gesicht das Fackellicht tanzte. Chloe stockte der Atem. Gut, sie hatte schon viele alte Menschen gesehen, aber der hier war wirklich alt. Uralt. Antik. Prähistorisch.
Auf seinem rasierten Schädel waren Symbole eintätowiert, die sie nicht entschlüsseln konnte. Ein Priester? An seinen langgezogenen Ohrläppchen hingen riesige Goldohrringe, und die fetten schwarzen Bleiglanzstriche um seine Augen und Brauen schienen das Gespinst von Falten auf seinem Gesicht noch zusätzlich hervorzuheben. Seine Haut hatte die Farbe und Textur feinen Furniers, und er trug den kunstvollen Schurz der vorangegangenen Dynastie. Er grinste so breit, daß sich die Muskeln in seinem runzligen Hals und um seinen Mund dehnten. Er hatte verblüffend starke, weiße Zähne und gesundes rosa Zahnfleisch. Riesige Zähne.
Sie blickte in seine Augen und sah zu ihrem Erstaunen, daß sie lachten. »Wie ich sehe, bist du überrascht, in diesem Land ohne eine einzige Lotosblüte auf einen Diener des Goldenen Gottes zu treffen?« Er lächelte wieder und schob den Kopf dabei nach vorne, bis er ihr die Zähne fast
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