Time-Travel-Triologie 01 - Die Prophetin von Luxor
oder sie nicht zu berühren brauchte – was davon zutraf, vermochte Chloe nicht zu sagen. Sechmet senkte den Kopf, stieß ihre Zähne in Chloes Handgelenk und riß das Fleisch zur Seite weg. Chloe wurde es augenblicklich schwindlig, als sie ihr Blut aus der Wunde quellen und gleich darauf in eine flache Lehmschale fließen sah, die sich durch den Druck auf Anubis’ Händen auf ihre Schultern und ihren Oberarm noch schneller füllte.
Cheftu schlug einen Leinenverband um ihr Handgelenk, und Chloe schloß die Augen, um das Gleichgewicht wiederzufinden. Es tat nicht weh. Noch nicht. Das bizarre Dreigespann führte sie an den Altar, wo Cheftu ihr Blut mit etwas Schlamm aus dem Becken mischte. Er strich die Mischung in eine Skarabäus-Form, die er am Rand des Weihrauchtisches ablegte. Die »Götter« waren verschwunden. Chloe drückte sich die Hand auf die Stirn. Ihr war immer noch schwindlig.
»Meine Herrin«, sagte Cheftu und deutete auf einen abgeteilten Bereich, »geh dich waschen und anziehen. Ein letztes Ritual steht noch aus.« Chloe stolperte hinter die Trennwand und sah ihr Gewand säuberlich über einen Korb gefaltet liegen. Es gab keine Sitzgelegenheit, also lehnte sie sich einen Moment an die Wand. Dieser ständige Weihrauchgestank machte ihr Kopfweh. Sie sah nirgendwo Wasser, doch als sie sich mit dem Leintuch abrubbelte, entdeckte sie, daß der Schlamm über der öligen Weihrauchsalbe problemlos abging.
Sie legte erneut ihr Gewand und ihren Anhänger an und vermißte erstmals seit mehreren Tagen wieder ihre Unterwäsche. Genauer gesagt vermißte sie in diesen Minuten alles aus ihrer Welt. Sogar die Simpsons.
Der Rest war einfach. Sie trank etwas brackiges Wasser, während ein in Rot gekleideter Priester mit Schlammstreifen auf dem Gesicht den Blut-Schlamm-Skarabäus um ihr bandagiertes Handgelenk legte. Dann verließen sie den Tempel und traten hinaus in die kühle Nacht. Chloe atmete tief die frische Luft ein, die nach Wachstum duftete, und ließ sich von Cheftu in die Sänfte heben. Ihr Handgelenk begann im Takt zu den Stichen zwischen ihren Augen zu pochen. Wieso haben sie mir den Kopf geschoren? dachte Chloe mißmutig, bevor sie einnickte.
Jemand half ihr ins Haus und die Treppe hinauf. Jemand anderes brachte sie in ihr frisch gemachtes Bett, legte ihr einen neuen Verband an und ließ sie dann allein.
Chloes erster Gedanke am nächsten Morgen war, daß es ewig dauern würde, bis ihre Haare nachgewachsen waren. Nachdem man sie noch vor Tagesanbruch geweckt und angezogen hatte, war sie dankbar, daß eine Sklavin ihren Arm einsalbte und ihr ein Kopftuch anlegte. Mit etwas Schminke würde sie sich beinahe menschlich fühlen.
Als Res goldene Finger Leben und Licht über Ägypten brachten, legten sie von der noch schlafenden Stadt ab und verließen Noph.
Sobald Chloe allein war, schrieb sie die Worte der Formel nieder. Was hatte sie zu bedeuten? In regelmäßigen Abständen betasteten ihre Finger den Skarabäus an ihrem Handgelenk. Er war fast schwarz gebrannt, doch waren die Umrisse des Käfers grün nachgezogen und die Flügel rot angemalt worden, während der Rest schwarz geblieben war. Mit einer an Kopf und Schwanz befestigten Seidenkordel war er fest um ihr Handgelenk gebunden. Chloe brannte immer noch der Weihrauchgestank in der Nase, und ihre Haare waren über Nacht zu Stoppeln nachgewachsen. Nie wieder, schwor sie sich, würde man ihr die Haare abscheren.
Punktum.
Nach dem Mittagessen ging sie auf dem Deck spazieren und ließ sich durch das schmucklose Leinenkleid hindurch von der Sonne den Rücken wärmen. Sie trug ein gefaltetes Kopftuch, das von einem Stirnreif mit ihren Amtsinsignien gehalten wurde, und hatte die Augen gegen die Sonne mit Bleiglanz nachgezogen. Je näher sie dem Großen Grün kamen, desto mehr Boote waren auf dem Fluß. Cheftu hatte sich auf der Backbordseite an einem Tisch niedergelassen und schien zu zeichnen. Der junge bärtige Sklave, den sie aus Noph mitgenommen hatten, saß neben ihm und kramte in einem Stapel Schriftrollen, als würde er nach etwas suchen. Dann tauchten am westlichen Horizont zwei Höcker auf, und Chloe ging auf die Backbordseite hinüber.
Cheftu sah sie überrascht an. »Herrin! Kannst du sprechen?« Sie schüttelte den Kopf und klappte dann den Mund auf, um es zu beweisen. Cheftus Blick fiel kurz auf das Amulett um ihr Handgelenk, dann sagte er: »Ich verstehe. Morgen vielleicht.«
Sie nickte und deutete auf die größer werdenden Hügel
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