Time-Travel-Triologie 01 - Die Prophetin von Luxor
»anderen« gegeben! Ich darf auf keinen Fall vergessen, ihr alles zu erzählen, wenn ich wieder zurück bin! An diesen tröstlichen Gedanken klammerte sich Chloe, während um sie herum rätselhafte Vorbereitungen getroffen wurden.
In der Abenddämmerung trafen sie am Tempel-des-Ka-Ptahs ein. Es war nach wie vor Winter, und eine frische Brise wehte durch den dünnen Umhang, den man Chloe gegeben hatte. Der Tempel schien leer zu sein; doch hinter ihnen hörte Chloe den Widerhall von Stimmen. Der Tempel war ähnlich wie der in Karnak angelegt und wurde immer enger und dunkler, je tiefer sie vordrangen. Cheftu folgte ihr mit ein paar Schritten Abstand, als sie eine Ansammlung enorm hoher Säulen durchquerten, die mit so archaischen Hieroglyphen beschrieben waren, daß Chloe sie kaum entziffern konnte. Sie kamen an einen Querweg. Jetzt war es fast absolut dunkel. Sie warf einen Blick über die Schulter und sah Cheftus weiß leuchtenden Schurz und Kopfschmuck. Er machte eine Kopfbewegung nach links, und sie gingen weiter.
Ab und zu ließ das Miauen einer Katze oder das Glitzern eines Edelsteins in der Wand sie anhalten. Dann blieb Cheftu reglos hinter ihr stehen, so nahe, daß sie seine Wärme spüren konnte.
Schließlich traten sie in einen großen Raum mit drei Becken. Das Raumgefühl war unglaublich. Sie konnte nicht einmal bis zur gegenüberliegenden Wand sehen. Auch die Becken waren groß, selbst für jemanden, der sich an die küchengroßen Badebecken in Karnak gewöhnt hatte. Um die Becken herum waren Fackeln aufgestellt (Gott sei Dank!), und Chloe trat an das zweite Becken, das einzige mit Wasser.
»Nein …« Cheftus Stimme hallte durch den Raum. Sie drehte sich um, und er deutete auf das dritte Becken. Drei ist eine magische Zahl, dachte sie aufgekratzt. Das Becken schien mit einer Art glatter Plattform abgedeckt zu sein.
Cheftu klatschte in die Hände, und zwei Gestalten traten an seine Seite. Chloe taumelte einen Schritt rückwärts, ehe sie begriff, daß die beiden Masken trugen. Einen Moment lang hatte sie in die zornigen Augen Anubis’ und in Sechmets rachedurstiges Gesicht geblickt.
Doch es waren nur Menschen; selbst in dem funzelnden Licht konnte sie die perfekt gebauten Menschenkörper erkennen. Die beiden näherten sich singend, und Chloe begriff, daß man sie ausziehen würde. Cheftus Blick lag auf ihr; sie konnte ihn nicht sehen, aber ganz eindeutig spüren. Sechmet hielt sie an den Schultern, während Anubis mit seinen schwarzen Händen ihr Gewand öffnete. Blut pulste ihr durch die Adern, Schweiß perlte ihr auf der Oberlippe. Die »andere« befahl ihr so eindringlich, alle Anweisungen zu befolgen, daß Chloe keinen Widerstand leistete. Doch ihr Herz raste, und sie überlegte fieberhaft, wie sie sich verteidigen konnte, sollte es notwendig werden. Die beiden Gestalten traten zur Seite und ließen sie nackt wie ein neugeborenes Baby zurück – nur ohne Krankenhausarmband. Sie faßte nach ihrem Anhänger. Selbst den hatten sie ihr abgenommen.
Mit dem Rücken zu ihr brachte Cheftu eine riesige Schale voll Weihrauch zum Glimmen. Er stimmte ein Gebet an, doch Chloe hatte keine Zeit, ihm zuzuhören. Die »Götter« hatten sie an beiden Armen gepackt und führten sie jetzt an den Rand des Beckens. Ohne auch nur bis drei zu zählen, schubsten sie Chloe auf die glatte Fläche. Sie unterdrückte einen Schrei, als das, was sie für festen Untergrund gehalten hatte, sich langsam um sie herum auflöste und sie bis zu den Schenkeln und noch tiefer darin versank.
Vom Ertrinken in widerwärtigen Substanzen hatte Cammy nie etwas erzählt. Was war das? Warum sank sie immer tiefer? Inzwischen steckte sie bis zu ihrer Taille fest. Trotz ihres Publikums begann Chloe zu kämpfen und versuchte, ihr rechtes Bein aus der Masse zu ziehen, wodurch aber nur ihr linkes Bein tiefer sank. In panischer Angst sah sie auf. Die beiden »Götter« standen nebeneinander, stumm wie Steinfiguren, und Cheftu war in den Qualm des Weihrauchöls gehüllt.
Sie war auf sich selbst gestellt. Ich habe die Kadettenschule überlebt, dachte sie, ich werde auch hier wieder rauskommen. Der Vorsatz war schnell gefaßt, doch es war bei weitem nicht so leicht, einen Plan zu fassen, während die feste Masse ihren Bauch umstrich und ihre Brüste zu umschmiegen begann. Sollte sie geopfert werden? Die »andere« war völlig verstummt. Cheftu betete immer weiter, und Anubis und Sechmet zauberten Sistrum und Flöte hervor, auf denen sie zu spielen
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