Time-Travel-Triologie 01 - Die Prophetin von Luxor
hinter ihm. Er sah sie an. »Die Pyramiden. Du hast sie doch gewiß schon gesehen?«
Chloe gab sich alle Mühe, sich ihre Aufregung nicht anmerken zu lassen. Die Pyramiden! Endlich etwas, das sie aus ihrer Welt kannte! Sie schüttelte verneinend den Kopf. Zweimal war sie in Kairo gewesen, doch beide Male hatte sie die Pyramiden nur aus der Ferne gesehen. Eines Tages wollte sie eine davon besteigen.
Cheftu sah sie an und zog die Stirn in Falten. »Ich dachte, Makab hätte dich hierher gebracht, nachdem eure Eltern zu Osiris geflogen waren?«
Sie schüttelte heftig den Kopf. Er mochte RaEm mitgenommen haben, aber Chloe konnte nichts davon in der Erinnerung der »anderen« entdecken. Cheftu schenkte ihr ein echtes Lächeln, bei dem die goldenen Augen aufleuchteten und die Zähne weiß aus seinem dunklen Gesicht strahlten.
»Deine mühsam gezügelte Begeisterung läßt mich vermuten, daß du sie gerne besichtigen würdest?«
Sie nickte aufgeregt und lächelte zum ersten Mal seit Tagen.
Er lachte leise. »Du überraschst mich immer wieder, Herrin. Wir haben keine Sänfte, wir müssen also zu Fuß gehen. Ich glaube, der Weg zu den Pyramiden ist trotzdem nicht allzu anstrengend. Sollen wir heute abend von der Spitze aus Re sterben sehen?«
Ihr Lächeln sagte mehr als alle Worte.
»Dann mußt du dich heute nachmittag ausruhen, Herrin.«
Chloe lächelte noch mal und wäre am liebsten zu ihrem Zelt zurückgehüpft. Wenn sie nur irgendwie ihr Notizbuch mitnehmen könnte! Sie sah ihr Sortiment an eigens für sie angefertigten Sandalen durch und wählte die stabilsten aus, dann überzeugte sie sich davon, daß sie einen Schurz, ein Hemd und einen Umhang dabeihatte, und legte sich zuletzt hin, um auf die Abenddämmerung zu warten.
Sie war so aufgeregt, daß sie kaum schlafen konnte und in regelmäßigen Abständen aufwachte. Schließlich sah sie lange Schatten und stand auf, um sich anzuziehen. Cheftu erwartete sie im Heck und in Begleitung seines jungen Apiru-Sklaven sowie zweier Rekkit. Sein bernsteingelber Blick tastete sie ab, dann lächelte er. »Du bist bereit, Herrin?« Sie lächelte und nickte, während Cheftu sie erneut in Augenschein nahm. »Dann gehen wir.«
Seti hatte das Schiff an einem alten Kai verankert, über den sie ohne Schwierigkeiten an Land gelangten. Chloe konnte die Überreste einer breiten, von Sphingen gesäumten Prachtstraße erkennen, die jedoch von über tausend Jahren Gebrauch gezeichnet war. Vor ihnen erhoben sich die Pyramiden, die mit ihren Spitzen den Nachthimmel durchstießen. An manchen Stellen war die Kalksteinverkleidung abgebröckelt. Wie Cheftu erklärte, hatten die Pyramiden früher goldene Spitzen gehabt, die von den Hyksos geraubt worden waren.
Es tat gut, sich wieder bewegen zu können, dachte Chloe. Ihre Muskeln begannen bereits zu protestieren, doch sie genoß den Schmerz. Endlich lebte sie ihr Leben wieder, statt es nur zu zeichnen! Chloe paßte ihre Schritte denen Cheftus an, während die Sklaven hinter ihnen gingen. Die Sphinx war fast vollkommen eingesunken, nur die immer noch bemalten Augen und die Stirne ragten aus dem Sand. Cheftu blieb eigenartig still, bis sie vor der Großen Pyramide angekommen waren, die schon im alten Ägypten so hieß.
Karnak war vielleicht feiner gearbeitet und kostbarer ausgestattet, doch diese Pyramide war ihr an Grandeur und Erhabenheit durchaus ebenbürtig. Chloe legte den Kopf in den Nacken, um bis zur Spitze aufzusehen. Die Steine, die sie sich immer als Treppenstufen vorgestellt hatte, waren in Wahrheit größer als sie. Schweigend blieb Chloe stehen und blickte mit großen Augen nach oben. Erst nach mehreren Minuten merkte sie, daß Cheftu nicht mehr dieses Meisterwerk antiker Baukunst ansah, sondern sie.
»Faszinierend, nicht wahr?« meinte er mit einer Geste zu dem Bauwerk hin. »Der Legende nach soll sie innerhalb von zwanzig Jahren erbaut worden sein, obwohl ich nicht weiß wie. Möchtest du hinaufsteigen?« Chloe deutete auf die viel zu hohen Steinquader, und Cheftu lachte. »Nicht hier. Der Kalkstein ist nicht zu besteigen, eine weitere von Cheops’ Vorsichtsmaßnahmen. Auf der anderen Seite gibt es eine Treppe. Irgendein uralter nophitischer Pharao ist gern hier hochgestiegen, um nachzudenken, darum hat er sich Stufen in den Fels hauen lassen. Es ist trotzdem ein ziemlich anstrengender Aufstieg.« Sie bedeutete ihm, voranzugehen, und sie begannen, die Basis der Pyramide abzuschreiten. Chloe war fassungslos über die absolute
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