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Timeless - Schatten der Vergangenheit: Roman (German Edition)

Timeless - Schatten der Vergangenheit: Roman (German Edition)

Titel: Timeless - Schatten der Vergangenheit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Monir
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aber ich habe ihm zugeredet, damit er sie zum Arzt bringt. Sie sind gerade vor zehn Minuten weg.«
    Michele schluckte schwer. »Glaubst du, es geht ihr gut?«
    »Natürlich«, sagte Annaleigh tröstend. »Den Arztbesuch habe ich nur vorgeschlagen, um ganz sicher zu gehen.«
    Michele nickte hoffnungsvoll. Trotz der Streitigkeiten, die es wegen ihres Umzugs nach Windsor Mansion mit ihren Großeltern gegeben hatte, hatte sie die beiden lieb gewonnen. Sie waren die einzige Familie, die sie auf der Welt hatte, und auch wenn Michele wusste, dass sie älter wurden, konnte sie sich nicht vorstellen, sie irgendwann zu verlieren.
    »Ich soll ausdrücklich dafür sorgen, dass du dich bis zu ihrer Rückkehr nicht vom Fleck rührst«, erklärte ihr Annaleigh mit einem schiefen Lächeln. »Sie waren ziemlich bestimmt. Hoffentlich hattest du noch keine Pläne, irgendwo hinzugehen.«
    »Keine Pläne«, sagte Michele. »Die beiden haben sich einen guten Tag ausgesucht, um mich einzusperren.« Für einen kurzen Moment flammte die Sorge auf, diese Forderung könnte etwas mit dem Gesundheitszustand ihrer Großmutter zu tun haben, aber sie verdrängte den Gedanken und erinnerte sich an die zahlreichen anderen Fälle von Überfürsorglichkeit, die sie seit ihrem Einzug bei Walter und Dorothy erlebt hatte.
    Michele stieg die gewundene, mit rotem Teppich ausgelegte Marmortreppe hinauf, die zu ihrem Zimmer führte. Im zweiten Stock angelangt, beugte sie sich kurz über das Geländer und warf einen Blick hinunter in das prächtige Foyer, aus dem sie gerade gekommen war. Die sogenannte Grand Hall war wie eine offene Piazza gestaltet und bildete das Zentrum der Villa. Marmorsäulen ragten bis zu den vergoldeten, handbemalten Decken empor, und vornehme Chaiselonguen und Sessel waren um einen großen, mit gemeißelten Ornamenten versehenen Kamin arrangiert. Porträts der Hausherrn zierten die Wände, und unter der Haupttreppe befanden sich eine Bronzestatue und ein glitzernder Springbrunnen. Jedem Besucher der Villa klappte beim Betreten der Grand Hall die Kinnlade herunter, und auch nach den drei Monaten, die Michele inzwischen hier lebte, überkam sie noch immer die gleiche Ehrfurcht.
    Der außergewöhnlichste Ort in der Villa war für sie allerdings ihr eigenes Zimmer, denn das hatte vorher ihrer Mutter und den Windsor-Töchtern eines ganzen Jahrhunderts gehört.
    Zuerst hatte der Anblick der Zimmerflucht sie erschüttert, weil sie sich ihre bescheidene Mutter beim besten Willen nicht in diesen Räumen vorstellen konnte. Sie waren in Lila und Weiß gehalten und wären mit den zierlichen Möbeln aus dem 18. Jahrhundert, dem geräumigen Ankleidezimmer, einem Marmorbad und einem Wohnzimmer, groß genug, um eine kleine Party darin zu schmeißen, einer Prinzessin würdig gewesen. Doch als sie den Schlüssel ihres Vaters entdeckt hatte und in die Vergangenheit gereist war, hatte sie drei beeindruckende Windsor-Töchter aus früheren Zeiten kennengelernt. Diese hatten Michele gezeigt, dass ihr Name für etwas Wichtigeres als Geld oder Privilegien stand. In der Blutlinie der Windsor-Mädchen lagen Leidenschaft, Stärke und der Wunsch, sich aus den beengenden Zwängen und Einschränkungen zu befreien. Michele hatte gesehen, wie sie für ihre Träume kämpften und ihre Stellung und ihr Vermögen für das Gute einsetzten. Hatte sie sich früher für ihre verheimlichte Familienzugehörigkeit geschämt, so empfand sie heute eine Woge von Stolz, wenn sie die Porträts der Frauen betrachtete, die vor ihr in diesem Zimmer gewohnt hatten.
    Nachdem sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, öffnete sie die oberste Schublade ihres Mahagonischreibtischs und holte eine kleine Schachtel heraus. Obwohl sie den Inhalt der Schachtel in- und auswendig kannte, ver spürte sie beim Anheben des Deckels noch immer ein erwartungsvolles Kribbeln.
    Sorgsam in der Schachtel verstaut lagen Ausschnitte aus dem Leben eines Mannes, darunter ein Zeitungsartikel aus dem Gesellschaftsteil der New York Times des Jahres 1910, den Michele in der öffentlichen Bibliothek eingescannt hatte. Er enthielt einen atemlosen Bericht über den Halloween-Ball der Windsors – auf dem Philip und sie sich kennengelernt hatten. Neben dem Artikel waren grobkörnige Schwarz-Weiß-Fotos von den bedeutendsten Gästen des Balls abgedruckt, und Micheles Herz zog sich jedes Mal zusammen, wenn sie den achtzehnjährigen Philip neben seiner Verlobten Violet Windsor stehen sah. Trotz der schlechten

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