Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Timeless - Schatten der Vergangenheit: Roman (German Edition)

Timeless - Schatten der Vergangenheit: Roman (German Edition)

Titel: Timeless - Schatten der Vergangenheit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Monir
Vom Netzwerk:
den Sprühregen fuhren. Das Mädchen war für den Park fein herausgeputzt, es trug eine weiße Schürze, die mit einer gelben Schärpe geschnürt war. An den winzigen Händen, mit denen es sich am Hals des Pferds festhielt, trug es Glacéhandschuhe, und auf seinem tiefschwarzen Haar saß eine altmodische Haube. Der kleine Junge sah in seinem kleinen Norfolk-Jackett und den knielangen Hosen hinreißend aus.
    »Ninety years without slumbering
    Tick, tock, tick, tock.«
    Die lieblichere Stimme des Jungen fiel in den Gesang des Mädchens ein.

    »His life seconds numbering,
    Tick, tock, tick, tock,
    It stopped short,
    Never to go again,
    When the old man died.«
    Als das Lied zu Ende war, drehte sich das kleine Mädchen plötzlich um, und der Ausdruck auf ihrem Gesicht ließ Michele erschrocken zurücktaumeln.
    Statt kindliche Unschuld auszustrahlen, waren die Züge des Mädchens hart und streng, und seine Augen blickten bedrohlich. Etwas an diesem Gesicht kam Michele beunruhigend vertraut vor. Sie wusste, sie hatte es schon einmal gesehen.
    Elegant ließ sich das Mädchen vom Rücken des Karussellpferds gleiten und kam auf sie zu, die Hände ausgestreckt und den Blick fest auf Micheles Hals gerichtet. Abwehrend hob Michele die Hände, um ihre Halskette zu schützen.
    »Was machst du da?«, rief der kleine Junge ängstlich und sprang ebenfalls von seinem Karussellpferd.
    »Sei still, Irving«, wies das Mädchen ihn zurecht.
    Das sind Irving und Rebecca.
    Michele stockte der Atem, als sich der kleine Junge zu ihr umdrehte und sie ansah. Sein Gesicht sah aus wie eine jüngere Version von ihr.
    »Dad.« Sie formte das Wort, doch kein Laut kam über ihre Lippen. Und dann wurde das Bild schwarz.
    ***
    Michele erwachte zur dröhnenden Hip-Hop-Musik aus ihrem iPod und wusste zuerst nicht, wo sie war. Dieser seltsame Traum hatte ihr die Orientierung geraubt und ein Gefühl der Unruhe in ihrer Magengegend hinterlassen. Aber schon bald erkannte sie den vertrauten Anblick ihres Schlafzimmers wieder, und ihr fiel ein, dass heute ein Schultag war. Ja, sie musste gegen eine Zeitreisende aus dem 19. Jahrhundert kämpfen, aber zuerst würde sie Philip wiedersehen. Allein dieser Gedanke reichte aus, um sie für einen Moment von ihrem Vater und Rebecca abzulenken.
    Sie sprang aus dem Bett und rannte eilig ins Bad. Schmetterlinge tanzten in ihrem Bauch, als sie darüber nachdachte, ob dies der Tag war, an dem er sich an sie erin nern würde – oder der Tag, an dem sie herausfinden sollte, wer er wirklich war.
    Im Bad angekommen schrie sie vor Schreck auf, als sie ihr Spiegelbild sah. An ihrer Trainingshose klebten Grasbüschel … und auf ihrem T-Shirt waren Wasserflecken. Fieberhaft versuchte sie sich daran zu erinnern, ob sie vor dem Schlafengehen noch draußen gewesen sein konnte, doch sie wusste, dass das nicht der Fall war. Außerdem hatte es am Vorabend nicht einmal geregnet.
    Also hatte sie den Besuch im Central Park in den Kindertagen ihres Vaters nicht geträumt. Sie war wirklich dort gewesen. Es war nicht das erste Mal, dass sie ohne es zu wollen durch die Zeit reiste, aber noch nie hatte es so sehr einem Traum geglichen. Wäre sie in eine andere Zeit gereist, eine, in der Rebecca älter gewesen wäre, hätte sie es vielleicht nicht lebend zurück in die Gegenwart geschafft.
    Michele sank auf den Badewannenrand und stützte den Kopf in die Hände, während sie einen Sinn in diesem Wahnsinn zu erkennen versuchte, der mit rasender Geschwindigkeit ihre neue Realität wurde.
    Vielleicht wäre sie, erstarrt in ihren Gedanken, einfach dort sitzen geblieben, hätte Annaleigh sie nicht über die Sprechanlage gerufen, weil Fritz eingetroffen war, um sie zur Schule zu fahren. Eilig föhnte sich Michele die Haare zu weich fallenden Wellen und zog ihren karierten Schulrock sowie eine schneeweiße Bluse an, die sie ein wenig an das Kleid erinnerte, das sie 1910 auf dem Halloween-Ball der Windsors getragen hatte. Sie trug ein paar Tupfen Concealer auf, um die dunklen Augenringe vom fehlenden Schlaf zu verdecken, und nach einer Schicht Mascara und Lipgloss fühlte sie sich bereit.
    Die 110 Jahre alte Privatschule Berkshire High befand sich in einem museumsartigen Gebäude, das beinahe so einschüchternd wirkte wie das Windsor Mansion. An den korinthischen Säulen, die den weißen Steinbau umgaben, lehnten die glamourösen Teenager der reichen und berühmten Familien Manhattans und lachten und schwatzten miteinander, bis in wenigen Augenblicken

Weitere Kostenlose Bücher