Timeless - Schatten der Vergangenheit: Roman (German Edition)
flüsternd heraus. »Und was ist das für ein Song, den sie jetzt spielen? Warum erinnert er mich an … dich?«
Beinahe wäre Michele das Herz stehen geblieben. Sie drehte sich zu ihm um. »Du … du erinnerst dich?«
Enttäuschung verdunkelte Philips blaue Augen. »Nein, es ist nur …« Seine Stimme verlor sich, als ein paar ihrer Mitschüler auf den Tisch zukamen und die beiden schief ansahen. »Komm mal mit, nur ganz kurz.«
Michele konnte kaum noch atmen, als sie Philip aus dem Ballsaal folgte. Er führte sie zurück ins Hauptfoyer, fort von den anderen Berkshire-Schülern. Vor der antiken Uhr in der Halle blieben sie stehen.
»Es ist wie ein Déjà-vu«, fuhr Philip fort, seine Worte sprudelten nur so hervor. »Mir kommen Dinge bekannt vor, von denen ich weiß , dass sie es nicht sind. Und ich fühle mich so anders …« Plötzlich brach er ab und sah aus, als bereue er dieses Eingeständnis.
In Micheles Kopf drehte sich alles, während für einen Moment keiner von ihnen etwas sagte. Von fern drangen die Klänge ihres Lieds durch die offenen Türen des Empire Rooms.
Warum nur ist die Welt, wenn du fort bist,
so Grau in Grau?
Nur du erfüllst sie mit Farben.
Nur du erfüllst sie mit Farben.
»Was ist hier los?« Er sah sie eindringlich an. »Seit ich in die Stadt gezogen bin, ist alles durcheinander, und ich weiß nicht, warum. Aber irgendwie … irgendwie weiß ich, dass es etwas mit dir zu tun hat.«
»Ich wünschte, ich könnte dir alles erklären, aber ich fürchte, du würdest mich für verrückt halten – für noch verrückter, als du es vermutlich ohnehin schon tust.« Sie lächelte unsicher. »Wir haben so viel zu besprechen, aber zuerst … musst du dich erinnern .«
»Dann hilf mir.« Philip trat einen Schritt auf sie zu, und ein herrlicher Schauer lief Michele über den Rücken, als sie seinen Atem an ihrer Wange spürte.
Sie nahm all ihren Mut zusammen, ergriff seine Hand und schob ihre Finger zwischen seine. »Kommt dir das … bekannt vor?«
Philip hielt den Atem an. Er schloss die Augen, und für einen Moment schienen beide vergessen zu haben, wo sie sich befanden.
»Michele«, flüsterte er wie in Trance. »Ich weiß nicht, warum ich so fühle.«
Sie war kaum fähig zu denken oder sich zu bewegen, als Philip seine Stirn sacht gegen ihre lehnte; er war ihr so nah, dass sie seinen schnellen Herzschlag hören konnte. Zitternd hob sie die Hände, legte ihre Handfläche an seine, und wieder verschränkten sie die Finger ineinander. Sie sahen sich tief in die Augen, und ein gegenseitiges Verstehen schien sie zu durchströmen, als plötzlich die große Uhr im Foyer schlug – und beide sich in die Luft erhoben.
Philip atmete scharf ein und umklammerte Micheles Hand fester, während er ungläubig nach unten blickte, wo ihre Füße wie von einer unsichtbaren Hand vom Boden gehoben wurden. »Was ist hier los?«
Hilfesuchend sah sich Michele um, zu fassungslos, um etwas zu erwidern, da kam im Foyer plötzlich Wind auf und brauste um sie herum. Philips Aufschrei vermischte sich mit ihrem eigenen, als sie sich eng aneinanderklammerten und der Wind sie durch die Luft wirbelte.
Es ist wie bei einer Zeitreise, dachte Michele fieberhaft, aber das ist unmöglich. Ich habe den Schlüssel nicht – und wenn ich es früher versucht habe, konnte ich nie mit Philip zusammen durch die Zeit reisen. Was ist das also?
Mit einer Mischung aus Angst und Ehrfurcht beobach tete sie, wie sich der Raum in einer schnellen, kaleidoskop artigen Abfolge von Bildern veränderte. Für den Bruchteil einer Sekunde sah es aus, als wären sie durchs Dach hinauf in den Nachthimmel geschwebt, ehe sie wieder zu Boden stürzten und auf das Parkett purzelten. Neben sich hörte Michele ein leises Stöhnen.
»Was zum Teufel … Ich werd verrückt …«, stammelte Philip.
Michele spürte, wie ihr etwas aus den Fingern glitt. Philips Hand lag nicht mehr in ihrer. Sie drehte sich zu ihm um – und fuhr erschrocken zurück. Er war nicht mehr da.
»Philip!«, schrie Michele und rappelte sich vom Boden hoch. Aber ihre Stimme ging in dem Lärm unter, der aus dem Ballsaal drang: Walzerklänge, gespielt von einem Or chester, Gelächter und Gespräche, das Klacken von Schuh sohlen der durch den Raum gleitenden Tänzer, Gläserklir ren und das Rauschen von schweren Röcken und Schleppen.
»O mein Gott«, flüsterte Michele, als sie auf das Bild starrte, das sich ihr bot. Es war nicht zu leugnen: Sie war in einer anderen Zeit. Aber
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