Timeless - Schatten der Vergangenheit: Roman (German Edition)
Freiarbeitsstunden mit Matt«, sagte Caissie wie betäubt. »Sie hat ihn zum Tanzen aufgefordert, und er hat mich gefragt, ob es mir etwas ausmacht. Natürlich habe ich es ihm nicht verboten! Aber es sind jetzt schon drei Tänze am Stück.«
Michele stöhnte auf. Was machte er da nur?
»Tut mir leid, Süße. Er ist einfach nur unreif.«
»Lenk mich bitte ab. Wie läuft es bei dir?«, fragte Caissie und nippte an ihrer Bowle.
»Es war ziemlich unglaublich«, flüsterte Michele ihr ins Ohr. »Philip hat sich an unser Lied erinnert, als die Band es spielte – dann sind wir rausgegangen, um in Ruhe zu reden, und irgendwie sind wir in die Vergangenheit gereist, ins Jahr 1910! Da war er der alte Philip, wir waren ein Paar – und als wir wieder in die Gegenwart gerissen wurden, konnte sich der neue Philip daran erinnern, dass wir woanders gewesen waren. Ich habe es mir nicht nur eingebildet und bin auch nicht allein durch die Zeit gereist.«
»Moment mal, was? «, kreischte Caissie. »Ist das dein Ernst? Was hat das zu bedeuten? Und wie konntest du ohne deinen Schlüssel überhaupt reisen?«
»Keine Ahnung. Ich bin nicht mal ganz sicher, ob wir wirklich physisch in die Vergangenheit gereist sind oder ob es … etwas anderes war. Ich weiß nicht …«
»Wie eine gemeinsame Vision?«, schlug Caissie vor, die Stirn nachdenklich in Falten gelegt. »In deiner abgefahrenen Welt könnte das glatt möglich sein! Also, was ist mit Philip passiert? Hat er gesagt, woran genau er sich erinnert?«
»Nein. Kaya und Ben waren da, als wir … zurückkamen. Er hat versucht, ihr die Sache zu erklären, und seitdem habe ich keinen von beiden mehr gesehen.« Michele ließ den Blick über die Menge schweifen.
In diesem Moment kam Nick Willis aus ihrem Englischkurs auf Caissie zu und forderte sie zum Tanzen auf. Caissie warf einen Blick zu Matt, der noch immer mit der Zehntklässlerin tanzte, dann griff sie entschieden nach Nicks Hand.
»Wenn ich wieder da bin, will ich die Geschichte noch mal hören, und zwar mit viel mehr Details«, rief sie über die Schulter, bevor sie Nick auf die Tanzfläche folgte.
Als Caissie zwischen den herumwirbelnden Tänzern verschwand, fiel Micheles Blick auf Philip, der Kaya in den Saal begleitete. Beide wirkten erschüttert, aber auf Kayas Gesicht prangte ein starres Lächeln.
Zwar hatten Michele und Philip den ganzen Abend lang keinen Augenblick mehr für sich allein, aber wann immer sich ihre Blicke auf der Tanzfläche trafen, lag eine neue Spannung zwischen ihnen in der Luft. Michele hatte das Gefühl, als würde sich der Schleier endlich lüften – und als hätte zwischen ihnen gerade ein neues Kapitel begonnen.
Unter Alterswechsel verstehen wir Hüter der Zeit die Kunst, im Körper unseres jüngeren oder älteren Ichs durch die Zeit zu reisen. Es ist eine sehr komplexe Fähigkeit, die sowohl Übung als auch Entschlossenheit verlangt. Wer den Alterswechsel beherrscht, kann im Körper seiner Wahl durch die Zeit reisen, was besonders nützlich ist, wenn man älter wird. Herzerkrankungen, chronische Schmerzen und schwache Knochen – all das verschwindet, wenn man beim Alterswechsel in den Körper seines jüngeren Ichs schlüpft. Es ist jedoch Vorsicht geboten. Genau wie unser Körper Schlaf braucht, um zu funktionieren, brauchen wir genügend Zeit, uns in unserem wahren Alter »auszuruhen«. Ein Alterswechsel fordert einen hohen Tribut von unserem Körper, und wer zu viele Tage in seinem jüngeren oder älteren Ich verbringt, kann dadurch seine Gesamtlebensspanne verkürzen. Wird diese Fähigkeit jedoch in Maßen eingesetzt, kann sie den gegenteiligen Effekt haben und dem Zeitreisenden zusätzliche Lebensjahre schenken.
– DAS HANDBUCH DER ZEITGESELLSCHAFT
8
N ach dem Ball schwebte Michele förmlich nach Hause und begrüßte Walter und Dorothy strahlend. Die Großeltern schrieben ihre gute Laune einem gelungenen Date mit Ben Archer zu, und Michele machte sich nicht die Mühe, sie in dieser Annahme zu korrigieren.
Als sie endlich im Bett lag, war sie viel zu aufgedreht, um schlafen zu können, und lag noch lange wach. Stunden schienen zu vergehen. Als die Uhr weiter und weiter vorrückte, fiel ihr ein, dass dies der ideale Zeitpunkt wäre, um die Geschichte ihres Vaters weiterzulesen. Also schlüpfte sie aus dem Bett, nahm die Taschenlampe mit und schlich sich in die Bibliothek und den Geheimgang.
Tagebuch von Irving Henry
New York City, Januar 1888
Mit jedem Tag, der vergeht, verhält
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