Timeline: Eine Reise in die Mitte der Zeit
hinaus. Sie trat an seine Seite. Kate zählte neun Soldaten. Plus de Kere. Insgesamt also zehn.
Zehn gegen zwei.
Die Soldaten schienen ihre Suche nicht mehr sonderlich ernst zu nehmen. Sie sahen einander über die Fallhämmer hinweg an und zuckten die Achseln, als wollten sie sagen: Was soll denn das? Wir sind doch hier fertig.
Es war offensichtlich, daß die beiden nie unentdeckt aus dem Gebäude hinauskommen würden.
Marek deutete zur Treppe, die zur oberen Rampe führte. »Du läufst direkt zur Treppe und dann raus«, sagte er. »Ich gebe dir Rückendeckung. Später treffen wir uns dann flußabwärts am Nordufer wieder. Okay?«
Kate sah sich die Soldaten an. »Das wären zehn gegen einen. Ich bleibe«, sagte sie.
»Nein. Einer von uns muß hier rauskommen. Ich schaffe das schon. Du gehst.« Er griff in die Tasche. »Und nimm das mit.« Er hielt ihr den Keramikmarker hin.
Es überlief sie eiskalt. »Warum, André?«
»Nimm ihn.«
Sie traten in den Hauptraum. Kate lief sofort zur Treppe, um auf dem Weg zu flüchten, den sie gekommen war. Marek durchquerte den Raum in Richtung der Fenster, die auf den Fluß hinaussahen.
Kate war auf halber Höhe der Treppe, als sie einen Schrei hörte.
Aus allen Richtungen liefen die Soldaten auf Marek zu, der seine Kapuze abgestreift hatte und bereits mit einem von ihnen kämpfte.
Kate zögerte nicht lange. Sie zog den Köcher unter ihrer Kutte hervor, legte einen Pfeil auf die Sehne und spannte den Bogen. Mareks Worte fielen ihr wieder ein: Wenn man einen Mann töten will… Damals hatte sie über seine Belehrung nur gelächelt.
Ein Soldat rief etwas und zeigte auf sie. Sie zielte auf ihn, der Pfeil traf ihn knapp oberhalb der Schulter in den Hals. Der Mann taumelte nach hinten gegen eine Kohlenpfanne und fiel mit einem Aufschrei in die Glut. Ein zweiter Soldat wich Deckung suchend zurück, aber Kate schoß ihm mitten in die Brust. Er sackte tot zu Boden.
Noch acht.
Marek kämpfte gegen drei auf einmal, darunter de Kere. Schwerter klirrten, die Männer tauchten unter heruntersausenden Hämmern hindurch und sprangen über rotierende Kurvenscheiben. Marek hatte bereits einen Soldaten getötet, er lag jetzt hinter ihm.
Noch sieben.
Doch dann sah sie, daß der Soldat wieder aufstand; er hatte sich nur tot gestellt und schlich sich jetzt an Marek heran, um ihn von hinten anzugreifen. Kate legte einen neuen Pfeil auf die Sehne und schoß. Der Mann griff sich an den Oberschenkel und taumelte zu Boden; doch er war nur verwundet, und so schoß Kate ihm in den Kopf, während er noch am Boden lag.
Sie griff gerade nach dem nächsten Pfeil, als sie sah, daß de Kere sich aus dem Kampf mit Marek gelöst hatte und jetzt mit erstaunlicher Geschwindigkeit die Treppe hoch auf sie zugerannt kam.
Kate legte den Pfeil auf die Sehne und schoß ihn auf de Kere ab. Aber sie war zu hastig gewesen und verfehlte ihn. De Kere kam immer näher.
Sie ließ Pfeil und Bogen fallen und rannte nach draußen.
Während sie über die Kampe zur Getreidemühle lief, schaute sie aufs Wasser hinunter. Überall glitzerten Flußsteine unter dem brodelnden weißen Wasser: Zum Springen war es viel zu flach. Sie mußte auf dem gleichen Weg wieder hinunter, den sie hochgekommen war. Hinter ihr schrie de Kere etwas. Auf dem Wachturm vor ihr spannten einige Soldaten ihre Bögen.
Als die ersten Pfeile flogen, hatte sie die Tür zur Mühle erreicht. De Kere lief inzwischen rückwärts, schrie die Bogenschützen an und schüttelte wütend die Faust. Pfeile umschwirrten ihn.
Aus dem Obergeschoß der Mühle ertönte ein lautes Poltern. Soldaten warfen sich gegen die mit der Leiter versperrte Tür. Kate wußte, daß die Leiter nicht lange halten würde. Sie ging zu dem Loch im Boden und schwang sich in den darunterliegenden Raum. Der Tumult weckte die betrunkenen Soldaten, die sich mit verquollenen Augen hochrappelten. Doch bei all dem gelben Staub in der Luft konnte Kate sie nicht richtig sehen.
Und dieser Staub brachte sie auf eine Idee.
Sie griff in ihren Beutel und zog einen der roten Würfel heraus. »60« stand darauf. Sie zog an der Schnur und warf den Würfel in eine Ecke.
Dann zählte sie stumm rückwärts.
Neunundfünfzig. Achtundfünfzig.
De Kere war jetzt in dem Raum direkt über ihr, doch er zögerte offenbar herunterzukommen, weil er nicht wußte, ob sie bewaffnet war. Dann hörte sie über sich viele Stimmen und Schritte: Die Soldaten aus dem Wachturm waren durchgebrochen. Es mußten
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