Timeline: Eine Reise in die Mitte der Zeit
nach einer aufsteigenden Speiche, doch sie drohte ihr wieder zu entgleiten, und nur mit aller Kraft konnte sie sich daran festklammern. Schließlich schwang auch sie sich auf eine Schaufel und kauerte sich hin.
Chris glitt die Wasserrutsche hinunter und grunzte, als sein Körper über die Steine holperte. Das Wasser um ihn herum kochte wie in einer Stromschnelle, die Strömung trug ihn schnell auf das sich drehende Rad zu.
Jetzt war er an der Reihe.
Das Rad war sehr nahe.
Chris griff nach einer aus dem Wasser auftauchenden Speiche, schloß die Hand darum – sie war kalt und schlüpfrig – Splitter stachen ihn in die Finger — er verlor den Halt — griff mit der andern Hand zu – verzweifelt — die Speiche stieg in die Luft — er konnte sich nicht festhalten — ließ los, fiel ins Wasser zurück – griff nach der nächsten Speiche — verfehlte sie — verfehlte sie — und wurde dann unbarmherzig weitergetrieben, wieder ins Sonnenlicht hinein, flußabwärts. Er hatte seine einzige Chance verpaßt.
Verdammt!
Die Strömung trieb ihn weiter. Weg von der Brücke, weg von den anderen.
Er war auf sich allein gestellt.
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09:25:12
Kate schob ein Knie auf die Schaufel des Wasserrads und spürte, wie sie aus dem Wasser gehoben wurde. Dann zog sie das zweite Knie nach, kauerte sich hin und ließ sich so in die Höhe tragen. Als sie nach unten schaute, sah sie gerade noch, wie Chris flußabwärts getrieben wurde, sein Kopf tanzte auf den Wellen im Sonnenlicht. Dann trug das Rad sie immer höher und in die Mühle hinein. Sie sprang von der Schaufel ab und kauerte sich in der Dunkelheit auf den Boden. Die Holzdielen unter ihren Füßen gaben nach, sie roch feuchte Fäulnis. Sie befand sich in einer kleinen Kammer, das Wasserrad in ihrem Rücken und rechts von sich ein rotierendes Werk aus hölzernen Zahnrädern, die mit lautem Knarzen ineinandergriffen. Das Räderwerk war mit einem vertikalen Schaft verzahnt, der dadurch in eine Drehbewegung versetzt wurde. Der Schaft verschwand in der Decke. Wasser spritzte auf sie, während sie bewegungslos dastand und horchte. Aber sie hörte nichts außer dem Geräusch des Wassers und dem Knarzen von Holz. Direkt vor sich sah sie eine niedrige Tür. Sie packte ihren Dolch und schob die Tür langsam auf. Mehl rieselte in einer hölzernen Rinne von der Decke herab in einen quadratischen hölzernen Behälter neben ihr auf dem Boden. In einer Ecke waren Säcke mit Mehl zu einem hohen Stapel aufgeschichtet. Die Luft war dunstig vor gelbem Staub. Staub bedeckte die Wände, alle Oberflächen und die Leiter in einer Ecke, die ins Obergeschoß führte. Sie erinnerte sich, daß Chris ihr gesagt hatte, dieser Staub sei explosiv und eine einzige Flamme könne das ganze Gebäude in die Luft jagen. Und tatsächlich sah sie nirgendwo eine Kerze und auch keine Kerzenhalter an den Wänden. Nirgendwo offenes Feuer.
Vorsichtig schlich sie auf die Leiter zu. Erst als sie dort war, sah sie die zwei Männer, die laut schnarchend, mit leeren Weinflaschen zu ihren Füßen, auf den Säcken lagen. Keiner von beiden gab irgendein Zeichen des Aufwachens von sich.
Sie stieg die Leiter hoch.
Sie kam an einem rotierenden Mühlstein aus Granit vorbei, der sich laut knirschend gegen einen darunterliegenden drehte. Das Getreide rieselte durch eine Art Trichter in ein Loch in der Mitte des oberen Steins. Das Mehl kam an den Seiten heraus und floß durch ein Loch im Boden in die Rinne, die ins Erdgeschoß führte.
In der Ecke des Raums sah sie Marek, der über der Leiche eines auf dem Boden liegenden Soldaten kauerte. Er hielt sich den Finger an die Lippen und deutete zu der Tür auf der rechten Seite. Kate hörte Stimmen: die Soldaten im Wachturm. Leise zog Marek die Leiter hoch und klemmte sie vor die Tür, um sie zu blockieren.
Gemeinsam nahmen sie dem Soldaten sein Breitschwert, den Bogen und den Köcher mit Pfeilen ab. Die Leiche war schwer, und es war überraschend schwierig, ihm die Waffen abzunehmen. Es schien ewig zu dauern. Kate sah sich das Gesicht des Mannes an — er hatte einen Zwei-Tage-Bart und ein Geschwür auf den Lippen. Seine Augen waren braun und starrten blicklos.
Sie schrak hoch, als der Mann plötzlich die Hand hob, aber sie war bloß mit ihrem feuchten Ärmel an seiner Armschiene hängengeblieben. Sie zog den Ärmel zurück, und sein Arm plumpste zu Boden.
Marek nahm das Breitschwert des Mannes und warf Kate den Bogen und die Pfeile zu.
An einer Reihe Haken an der
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