Timeline: Eine Reise in die Mitte der Zeit
Kernspintomograph – Sie spüren überhaupt nichts. Der ganze Vorgang dauert ungefähr eine Minute. Wir sind nebenan.«
Sie traten durch eine Seitentür mit einem kleinen Fenster in ein angrenzendes Zimmer. Marek konnte nicht sehen, was sich dort befand. Die Tür fiel zu.
In der Ecke sah er einen Stuhl. Er ging dorthin, zog seine Kleider aus und betrat dann den Scanner. Aus der Gegensprechanlage kam ein Klicken, und dann hörte er Gordon sagen: »Dr. Marek, wenn Sie bitte auf Ihre Füße schauen würden.«
Marek sah zu seinen Füßen hinunter.
»Sehen Sie den Kreis auf dem Boden? Ihre Füße müssen vollständig innerhalb dieses Kreises sein.« Marek veränderte seine Position. »Gut so, vielen Dank. Die Tür schließt sich jetzt.«
Mit einem mechanischen Summen schwang die Tür zu. Marek hörte ein Zischen, als sie versiegelt wurde. »Luftdicht?« fragte er.
»Ja, das muß sein. Sie werden gleich spüren, daß kalte Luft hereinkommt. Wir geben Ihnen zusätzlichen Sauerstoff, während wir kalibrieren. Sie haben doch keine Platzangst, oder?«
»Bis jetzt noch nicht.« Marek sah sich um. Die matten Streifen, das erkannte er jetzt, waren mit Plastik abgedeckte Öffnungen. Hinter dem Plastik sah er Lichter, kleine surrende Maschinen. Die Luft wurde deutlich kühler.
»Wir kalibrieren jetzt«, sagte Gordon. »Bitte nicht bewegen.«
Plötzlich fingen die Streifen um ihn herum an zu rotieren, die Maschinen klickten. Immer schneller rotierten die Streifen und hielten dann plötzlich an.
»Gut so. Alles in Ordnung?«
»Ich komme mir vor wie in einer Pfeffermühle«, sagte Marek.
Gordon lachte. »Die Kalibrierung ist abgeschlossen. Der Rest ist abhängig von exaktem Timing, die Sequenz läuft deshalb automatisch. Folgen Sie einfach den Anweisungen, die Sie hören. Okay?«
»Okay.«
Ein Klicken. Marek war allein.
Eine Stimme vom Band sagte: »Die Scan-Sequenz hat begonnen. Wir schalten die Laser an. Bitte sehen Sie geradeaus. Auf keinen Fall nach oben.«
Nun erstrahlte das Innere der Röhre in einem hellen, strahlenden Blau. Die Luft selbst schien zu leuchten.
»Die Laser polarisieren das Xenon, das jetzt in die Röhre gepumpt wird. Fünf Sekunden.«
Xenon? dachte Marek.
Das Blau wurde noch intensiver. Er schaute auf seine Hände und konnte sie in der flirrenden Luft kaum erkennen.
»Wir haben die Xenon-Konzentration erreicht. Jetzt werden wir Sie gleich bitten, tief einzuatmen.«
Tief einatmen? dachte Marek. Xenon?
»Bitte dreißig Sekunden lang nicht bewegen. Bereit? Stillhalten — Augen offen – tief einatmen – anhalten … jetzt!«
Die Streifen rotierten nun wieder, und dann fing einer nach dem anderen an, hin- und herzuzucken, als würden sie ihn anstarren und müßten hin und wieder noch einmal zurück, um genauer hinzusehen. Jeder Streifen schien sich gesondert zu bewegen. Marek hatte das unheimliche Gefühl, von Hunderten von Augen beobachtet zu werden.
Die Stimme vom Band sagte: »Bitte völlig bewegungslos. Noch zwanzig Sekunden.«
Die Streifen um ihn herum surrten und schwirrten. Und plötzlich blieben alle stehen. Einige Sekunden Stille. Die Maschinerie klickte. Nun bewegten sich die Streifen vor und zurück sowie seitwärts.
»Bitte völlig bewegungslos. Zehn Sekunden.«
Jetzt drehten sie sich wieder im Kreis und glichen sich langsam einander an, bis sie schließlich alle völlig synchron rotierten.
»Der Scan ist abgeschlossen. Vielen Dank für Ihre Mitarbeit.«
Das blaue Licht ging aus, und mit einem Zischen öffnete sich die Tür. Marek trat heraus.
Im Nebenzimmer saß Gordon vor einem Computerterminal. Die anderen hatten sich Stühle herangezogen und saßen um ihn herum.
»Den meisten Leuten«, sagte Gordon, »ist gar nicht bewußt, daß ein ganz gewöhnlicher Kernspintomograph im Krankenhaus funktioniert, indem er den Quantenzustand der Atome in Ihrem Körper verändert — im allgemeinen den Eigendrehimpuls der Atomkerne. Die Erfahrung zeigt, daß die Veränderung des Quantenzustands keine schädigende Wirkung auf den Körper hat. Man merkt überhaupt nicht, daß es passiert. Aber ein normaler Kernspintomograph macht das mit einem sehr starken Magnetfeld – sagen wir, 1,5 Tesla, was etwa fünfundzwanzigtausendmal stärker ist als das Magnetfeld der Erde. Wir brauchen das nicht. Wir benutzen supraleitende Quanteninterferometer, sogenannte squids, die so empfindlich sind, daß ihnen für die Resonanzmessung das Erdmagnetfeld ausreicht. Wir haben in der Maschine
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