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Timm Thaler

Timm Thaler

Titel: Timm Thaler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Krüss
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der
    Leute, die großen Reichtum zu verwalten hätten, und wünschte zum
    Schluß mit ein paar kurzen Sätzen dem jungen Erben die Kraft und
    die Weisheit, ein so gewaltiges Erbe auf die rechte Weise zu nützen.
    Dann sagte er einige Worte auf italienisch. Es schien ein Scherz zu sein; denn er lachte wie ein kleiner Junge.
    Die Damen und Herren an der Tafel waren davon so bezaubert,
    daß sie mitlachten und heftig klatschten.
    Timm blieb diesmal unberührt davon. Er trug jetzt stets die
    Armbanduhr, die Herr Rickert ihm in Hamburg geschenkt hatte; und
    auf die blickte er gerade. Es war achtzehn Uhr dreißig, halb sieben.
    Um acht wollte er Jonny treffen. Und nach den Tellern, Gläsern und Bestecken auf dem Tisch zu urteilen, würde das Essen lange dauern.
    Er mußte also vielleicht eher aufbrechen als die übrige Gesellschaft.
    Und wie sollte er das anstellen, da er doch die Hauptperson war?
    Tatsächlich nahm das Essen sehr viel Zeit in Anspruch. Als nach
    der Suppe und der Vorspeise das Hauptgericht kam – Nieren in
    Weißwein – war es bereits zwanzig nach sieben.
    Timm hatte – mit den Gedanken immer bei Jonny – die
    Schwierigkeit vornehmer Tafelsitten gar nicht bemerkt. Er aß so, wie er es im Salon des Dampfers „Delphin“ gesehen hatte, und der Baron fiel über die ebenso natürlichen wie hübschen Manieren des Jungen von einem Verwundern ins andere. Er murmelte, als er die Gabel
    gerade zierlich in ein Nierenstückchen stach: „Den Burschen habe
    ich unterschätzt.“
    Als es zwanzig Minuten vor acht war, beugte Timm sich hinüber
    zum Baron und sagte: „Ich müßte einmal…“
    Lefuet erwiderte, ehe das peinliche Wort ausgesprochen war:
    „Die Waschräume befinden sich im Gang hinter der Tür rechts.“
    „Danke“, sagte Timm, erhob sich und ging, von wenigstens
    hundert Augenpaaren verfolgt, an der Tischreihe entlang zur Tür
    rechts. Er bemühte sich dabei, so zu gehen, wie ein normaler Junge von vierzehn Jahren eben geht.
    Draußen auf dem Flur kam ihn die Lust an, ein außerordentlich
    unanständiges Wort hinauszuschreien. Aber dort stand ein Diener in vergoldeter Livree; und also ging Timm ruhig und beherrscht in den Waschraum, wo er das Wort vor dem Spiegel dreimal sehr langsam
    und deutlich aussprach.
    Als er wieder auf den Flur trat, hatte der livrierte Diener sich
    gerade abgewandt. So stakte Timm auf Zehenspitzen (denn Marmor
    hallt) zur Treppe und hastete dann nach unten.
    Vor dem Portal des Palazzos stand eine Art Portier mit
    Goldschnüren. Aber er schien den Jungen nicht zu kennen. Er sah
    ihn mürrisch und teilnahmslos an. Timm war so kühn, ihn nach dem
    Denkmal des Christoph Columbus zu fragen. Aber der Mann
    verstand ihn nicht. Er zeigte hilflos auf eine Straßenbahnhaltestelle.
    Und zu dieser Haltestelle begab sich der Junge.

    Neunzehnter Bogen

    Jonny

    Während Timm eine kleine Ewigkeit lang auf die Straßenbahn
    wartete, lugte er manchmal über die Schulter hinüber zum Portal des Palastes; aber außer dem Türhüter war dort niemand zu sehen. Noch schien man über sein langes Ausbleiben nicht beunruhigt zu sein.
    Ungeduldig studierte der Junge den Fahrplan, in dessen Mitte ein
    Spiegel als liegendes Rechteck eingelassen war. Und plötzlich erhielt er zum drittenmal an diesem Tage durch eine Spiegelung
    Aufschlüsse über das Wesen des Barons. Er sah in dem Glas
    nämlich, daß hinter einer Seitenfront des Palastes jenes Auto stand, mit dem er und Lefuet hergekommen waren. Hinter diesem Auto
    standen zwei andere Personenwagen, und neben dem vorderen
    unterhielten sich zwei Männer, deren einer gerade auf Timm zeigte.
    Jetzt fiel dem Jungen an der Haltestelle ein, daß Direktor
    Grandizzi in der Barkasse von Detektiven gesprochen hatte, die ihn ständig bewachen sollten. Vermutlich waren dies seine heimlichen
    Wächter. Und das war übel; denn der Baron sollte nicht erfahren,
    daß Timm mit Jonny zusammentraf. Gerade jetzt kam die
    Straßenbahn. Sie zog zwei sogenannte Sommerwagen, deren
    Plattform nach beiden Seiten offen war.
    Diese offenen Plattformen kamen Timm sehr gelegen. Seitdem er
    sein Lachen nicht mehr besaß, hatte er nach und nach gelernt, eine schwierige Lage kühl und ruhig zu durchdenken. So war ihm auch
    jetzt sofort klar, was er zu tun habe. Er stieg auf die Plattform des mittleren Wagens, drängte sich zwischen die Leute, die dort standen, und stieg, bevor die Straßenbahn anfuhr, auf der anderen Seite
    wieder aus. Dann rannte er über die Straße. Knapp

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