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Timm Thaler

Timm Thaler

Titel: Timm Thaler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Krüss
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Lachen
    überwältigt worden wie von einem Sturm. Jetzt aber war Windstille.
    Timm hatte wieder Gewalt über sein Lachen. Er wischte sich mit den Handrücken die Tränen aus dem Gesicht und fragte ruhig: „Wissen
    Sie noch, was ich Ihnen versprochen habe, als ich aus Hamburg
    abfuhr, Herr Rickert?“
    „Nein, Timm.“
    „Ich sagte damals: Wenn ich wiederkomme, werde ich lachen.
    Und ich kann’s, Herr Rickert! Ich kann es, Kreschimir! Jonny, ich kann lachen. Nur…“ (ein Kullern und Glucksen hinderte ihn einen
    Augenblick am Weiterreden) „… nur begreife ich nicht, wie das
    zuging.“
    Timms Freunde, die beinahe gefürchtet hatten, der Junge habe vor
    Glück den Verstand verloren, waren froh, wieder vernünftig mit ihm reden zu können.
    „Du hättest längst wieder lachen können“, erklärte Kreschimir.
    „Das verstehe ich nicht.“
    „Wie lautet denn die Wette, die du mit mir abgeschlossen hast,
    Timm?“
    „Ich habe mit dir gewettet, daß ich mein Lachen
    wiederbekomme.“
    „Stimmt. Was wäre nun geschehen, wenn du die Wette gewonnen
    hättest?“
    „Dann hätte ich mein Lachen wiederbekommen. Und das habe
    ich!“
    „Aber du hättest es auch wiederbekommen, wenn du die Wette
    verloren hättest, Timm!“
    Jetzt erst ging dem Jungen ein Licht auf. Er schlug sich lachend
    an die Stirn und rief: „Natürlich! Eine verlorene Wette hätte mir ebenfalls mein Lachen beschert. Ich hätte mit jedem beliebigen
    Menschen wetten können, daß ich mein Lachen zurückbekomme.
    Und so oder so: Ich hätte es in jedem Fall erhalten.“
    „Ganz so einfach war es nicht, mein Junge“, sagte Jonny. „Du
    hättest keineswegs mit jedem beliebigen Mensehen wetten können.
    Dann hättest du ja verraten, daß du dein Lachen nicht mehr besitzt, und das durftest du nicht. Du konntest nur mit demjenigen wetten, der deinen Vertrag mit Lefuet erraten hat: mit Kreschimir.“
    „Aber mit mir“, ergänzte Kreschimir, „war die Wette todsicher.“
    Da Timm nicht mehr am Lachen krankte, da er wieder heil und
    ganz war, sah er plötzlich, wie einfach alles gewesen war. Er hatte, verwirrt und verzweifelt, jahrelang Hintertreppen benutzt statt des kurzen, sicheren Weges. Er hatte komplizierte Pläne entworfen, in denen es um Millionen ging. Und er hatte das Lachen auf viel
    billigere Art wiederbekommen, für weniger, als ein Achtel
    Margarine kostet: für einen Pfennig.
    So billig ist das Lachen, wenn man es mit Geld bezahlen will;
    aber sein wahrer Wert läßt sich selbst mit Millionen nicht aufwiegen.
    Lachen, sagt Selek Bei, ist keine Handelsware. Lachen will verdient sein.

    Dreiunddreißigster Bogen

    Das wiedergefundene Lachen

    Das Nieseln war in feinen Regen übergegangen; aber keiner der vier hatte es bemerkt. Ebensowenig hatten sie gehört, daß tappende
    Schritte die Steinstufen herunterkamen. Nun, da sie einen
    Augenblick schwiegen, hörten sie das Tappen plötzlich und drehten sich um.
    Die schmale Stiege herunter kam aus der Finsternis eine hagere
    schwankende Gestalt. Lange Beine in schwarzen Hosen wuchsen in
    den Lichtkegel der Laterne, bleiche langfingrige Hände tauchten auf, eine weiße Hemdbrust und darüber das langgezogene Oval eines
    Gesichts. Endlich stand die Gestalt in voller Beleuchtung unter dem Schild, auf dem „Teufelsstiege“ zu lesen war. Sie lehnte sich
    erschöpft an die Wand aus behauenen Steinen.
    Es war der Baron.
    Aus Timms Brust drängte ein Lerchentriller hinaus.
    „Hintertreppen!“ klang es spöttisch in seinem Kopf. Das war ja ein Teufel aus dem Marionettentheater, eine bewegliche Puppe, eine
    Figur, die so lächerlich war, daß man schon wieder Mitleid mit ihr haben mußte.
    Aber Timm Thaler, ein Junge, der wieder lachen konnte,
    unterdrückte den Lerchentriller und lachte nicht.
    Der Baron hatte sich auf eine Stufe gesetzt und blickte mit
    schmalem Mund und kalkweißem Gesicht die Männer am Fuß der
    Treppe an. Timm ging zu ihm hinauf.
    „Sie müssen zurück ins Hospital, Baron.“
    Lefuet sah ihn von unten herauf an. Mit hart
    aufeinandergepreßten Lippen.
    „Baron, Sie dürfen hier nicht sitzen bleiben.“
    Jetzt machte Lefuet den Mund auf. Er hatte eine heisere Stimme.
    „Worum haben Sie gewettet, Herr Thaler?“
    „Um einen Pfennig, Baron.“
    „Um einen Pfennig?“ Lefuet fuhr in die Höhe, stützte sich aber
    sogleich wieder an die Wand. Er kreischte jetzt fast wie ein Weib:
    „Und ihr hättet um mein Erbe wetten können, Dummköpfe!“
    Ein Chauffeur, den Timm

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