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Timm Thaler

Timm Thaler

Titel: Timm Thaler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Krüss
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Lebens
    gerüstet. (Es war mittlerweile schon fast elf Uhr geworden.) Er tat jetzt noch ein übriges, indem er rasch nacheinander drei Zigaretten rauchte. So roch er nach Tabak und bekam eine leicht heisere
    Stimme. (Er rauchte nämlich sonst nicht, hatte für Besucher aber
    stets ein gefülltes Zigarettenkästchen aus Palisanderholz
    bereitstehen.)
    Nun galt es, unbemerkt von den Detektiven das Hotel zu
    verlassen. (Unter dem Rauchen war es elf Uhr fünfzehn geworden.)
    Aus einem Fenster zu klettern, wäre zu auffällig. Also blieb nur der Weg durch das Hotel. Zu diesem Zweck mußte der Detektiv auf dem
    Flur abgelenkt werden. Timm wußte schon, auf welche Weise: Er
    schrieb einen
    kurzen Brief an den Baron, in dem er ihm gute Genesung
    wünschte, und läutete dem Boy. (Es war elf Uhr dreißig.)
    Der Hotelpage, der erschien, war etwa in Timms Alter, wirkte
    aber bedeutend jünger. Er war rothaarig und hatte ein verwegenes
    Stupsnasengesicht, was Timm nur recht sein konnte.
    „Würden Sie ein bißchen Theater für mich spielen, wenn ich
    Ihnen zweihundert Mark gebe?“ (Es war Timms Taschengeld-Rest.)
    Der Page grinste: „Um was handelt es sich denn?“
    „Vor meiner Tür steht ein Detektiv…“
    „Weiß ich“, sagte der Knabe, immer noch grinsend.
    „Nun, den sollen Sie ablenken. Nehmen Sie diesen Brief und
    stecken Sie ihn so in den Ärmelaufschlag Ihrer Jacke, daß ein
    Streifen herausguckt. Wenn der Detektiv nach dem Brief fragt – und das wird er, wie ich ihn kenne – tun Sie verstört, als ob Sie den Brief nicht zeigen dürften. Gehen Sie im Geschwindschritt um die
    Flurecke. Der Detektiv wird Ihnen folgen und Ihnen Geld bieten, um den Brief ansehen zu dürfen.“
    „Darauf können Sie Gift nehmen, Mister Brown.“
    „Eben. Das weiß ich. Nun bitte ich Sie, so lange mit dem Detektiv zu zanken, daß ich mein Appartement verlassen und durch den
    Hintereingang des Hotels entwischen kann. Den Brief darf er
    natürlich lesen.“
    Die Stupsnase unter dem roten Schopf zuckte belustigt. „Ich muß
    ihn also vier bis fünf Minuten aufhalten. Das klappt. Dann kann ich auch den Preis ein bißchen höhertreiben, und Sie brauchen mir nur hundert Mark zu geben.“
    Timm wollte etwas sagen, aber der Page winkte ab: „Nee, nee,
    lassen Sie man! Hundert Mark genügen. So, wie Sie sich verpuppt
    haben, kommen Sie ja bestimmt nicht unter reiche Leute. Ist also
    ganz gut, wenn Sie Kleingeld bei sich haben.“
    „Vielleicht haben Sie recht“, erwiderte Timm. „Also schönen
    Dank. Hier ist der Brief, hier sind hundert Mark. Und wenn Sie den Detektiv tun die Ecke gelockt haben, könnten Sie vielleicht einen Hustenanfall markieren.“
    „Wird prompt erledigt, Mister!“ Der Page steckte das Geld in eine Brusttasche und den Brief in einen Ärmelaufschlag. Dann streckte er
    – seinen Anweisungen zum Trotz – Timm die Hand hin und sagte:
    „Viel Glück!“
    „Glück kann ich brauchen“, erwiderte Timm ernst und drückte die
    Hand des Pagen.
    Als der Boy gegangen war, legte Timm ein Ohr an die Tür. Sein
    Herz schien wieder einmal im Halse zu klopfen.
    Jetzt hörte er ein bellendes Husten. (Es war elf Uhr
    fünfundvierzig.) Vorsichtig öffnete er die Tür. Der Flur war leer.
    Als er die Tür leise wieder ins Schloß gedrückt hatte, nahm er
    sich nicht die Zeit, abzuschließen. Mit wenigen Schritten war er an der Treppe, die zum Hinterausgang des Hotels führte. („Benutze
    Hintertreppen.“ Er tat es.)
    Ungehindert konnte er entwischen. Ein Zimmermädchen, dem er
    einen gemurmelten „guten Abend“ wünschte, schien ihn nicht
    erkannt zu haben.
    Draußen glänzte das Straßenpflaster unter den Bogenlampen. Es
    hatte über Hamburg zu nieseln angefangen. Ein Mann stand mit
    einem Regenschirm auf der anderen Straßenseite, hatte aber den
    Kopf abgewandt. Im Laternenschein blitzte der Bügel einer
    Nickelbrille auf. Jetzt nur nicht rennen! Schlendern, pfeifen und den Seemann spielen! Timm blickte sich um, als wisse er noch nicht,
    wohin er sich wenden wolle, pfiff und wandte sich dann in Richtung des Rathauses. Keine Schritte folgten ihm. Umzudrehen wagte er
    sich nicht. Betont gemütlich, aber innerlich fast berstend vor
    Aufregung, setzte er Schritt vor Schritt, bog in eine Gasse ein und –
    fing zu rennen an.
    Erst kurz vor dem Rathausmarkt – eine Turmuhr begann gerade
    zu schlagen – hielt er an. Er sah auf dem Platz eine Reihe Taxis
    stehen; aber nur eines stand mit laufendem Motor da. Als der
    verkleidete

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