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Timm Thalers Puppen

Timm Thalers Puppen

Titel: Timm Thalers Puppen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Krüss
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besaß. Im übrigen war Fausto Cantrini ein Playboy, der immer Geld brauchte und niemals welches hatte.
    Auch diesmal kam er, nachdem wir uns umständlich die Hände geschüttelt hatten, gleich auf Geld zu sprechen, nämlich auf die Bezahlung für die Gondolierepuppe.
    Graf Gödrö war bereit, sie gleich und bar zu bezahlen, und so bat Marinetti die zwei in den Laden hinaus.
    Fausto Cantrini verließ das Kabinett als letzter. Als er sich von Timm und mir verabschiedet hatte, sagte Timm: »Es war uns ein Vergnügen, Fürst.«
    Da drehte sich der Adelssproß, schon in der Tür, noch einmal um und sagte: »Fürsten, Herr Thaler, sind wir eigentlich nicht; denn wissen Sie, in großen Handelsstädten, ob in phönizischen, venezianischen oder meinetwegen
    hanseatischen, da war man immer gut republikanisch.«
    »Handel befördert das republikanische Denken, meinen Sie?« fragte Timm Thaler. »Das wäre eine Unterhaltung wert.«
    »Dann kommen sie um fünf zu mir zum Kaffee«, sagte
    Fausto Cantrini. »Darf ich mit Ihnen beiden rechnen?«
    Wir sagten zu, und er verschwand mit seiner Puppe. Als ihre Beine aber noch zu sehen waren, erschien zugleich ein anderes Beinpaar in der Tür, ein baumelndes mit gelben türkischen Schnabelschuhen an den Füßen.
    »Ah, Pantalones Puppen kommen«, sagte Timm.
    Und da stand der Baron auch schon im Kabinett. Er trug die Puppen, die schlenkerten, über dem linken Arm, und in der rechten Hand eine schwarze Aktentasche.
    »Hier wären die Puppen«, sagte er zu Timm. »Und hier…«, er reichte Timm die Aktentasche, »… hier ist das Geld. Zählen sie es bitte gleich nach?«
    »Wenn Sie mit mir Geschäfte machen, stimmen die
    Moneten«, sagte Timm. »Ich brauch sie also nicht zu zählen.«
    »Das ehrt mich, Herr Thaler.« Der Baron legte die
    Marionettenpuppen, sorgfältig eine neben der anderen, auf den runden Tisch. Timm aber reichte ihm die zwei
    mittelalterlichen Puppen hinüber.
    Dabei geschah nun etwas sehr Merkwürdiges: Als der
    Baron die beiden Puppen in den Händen hatte, schien es mir so, als bewegten sich ihre Gesichter. Jedoch geschah das nur für einen kurzen Augenblick. Dann waren sie wieder starr.
    Aber jetzt waren die beiden Puppen erstaunlich verändert: Die Puppe, die Timms Knabengesicht getragen hatte, trug nun mit einemmal Timms Mannsgesicht. Die Puppe aber mit dem Gesicht des Barons hatte nun das Gesicht eines Greises, eines uralten Mannes.
    Auch der Baron bemerkte die Veränderung, wie ich an
    einem Zucken seiner Augenbrauen erkannte. Er setzte sich rasch in einen Sessel, legte die Puppen, mit dem Gesicht nach unten, auf seine Knie, griff sich von dem Kommödchen einen schwarzen Plastikbeutel, auf dem in Goldbuchstaben
    »Marinetti« stand, und steckte die Puppen vorsichtig hinein.
    Dann hatte er es plötzlich eilig. »Ich muß gehen«, sagte er.
    »Fausto Cantrini hat Sie, wie ich hörte, eingeladen. Ich bin um fünf gleichfalls bei ihm. Wir sehen uns also später.«
    Er verließ, die Plastiktasche in der Linken, mit einer angedeuteten Verbeugung das Kabinett.
    Gleich darauf kam der alte Marinetti in das Kabinett zurück.
    Er strahlte.
    »Sie haben vermutlich ein gutes Geschäft gemacht?« fragte Timm.
    »Ein ganz vorzügliches«, antwortete Marinetti. »Dieser Graf Gödrö, wer immer er sein mag, ist ungewöhnlich
    großzügig. Ich hoffe, er bleibt mir als Kunde.«
    »Hoffen wir’s«, sagte Timm. »Und was bin ich Ihnen für die Vermittlung des Puppentausches schuldig?«
    »Wenn Sie mal wieder Marionettenpuppen ausrangieren, Herr Thaler, dann schenken Sie mir die. Gut?«
    »Gut«, sagte Timm. »Auch Sie sind großzügig, Herr
    Marinetti.« Dann packte er Pantalones Puppen in zwei Plastiktüten, und wir verließen das Geschäft des alten Mannes.
    Ich trug die schwarze Aktentasche, Timm die Puppen.
    Unterwegs fragte ich Timm: »Dieser Graf Gödrö, war
    das…«
    »Er war es«, sagte Timm.
    »Und was wollte er in Marinettis Kabinett? Du hast doch gar keine Geschichte erzählt.«
    »Aber ich wollte eine erzählen«, sagte Timm. »Um ihn zu ärgern, hab ich’s dann aber unterlassen.«
    »Ärgere ihn nicht unnötig«, warnte ich, »denk an Krescho«, worauf Timm entgegnete: »Da ist Krescho, gesund und
    munter.«
    Krescho kam gerade über die kleine Brücke, die zu
    Pantalones Restaurant führt, und nun gingen wir gemeinsam hinunter in den Gastraum.
    Hier kam Pantalone – wie üblich mit dem roten Käppchen und der küchenbunten Schürze – auf uns zugestürzt und rief:

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