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Timoken und der Trank der Unsterblichkeit

Timoken und der Trank der Unsterblichkeit

Titel: Timoken und der Trank der Unsterblichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Nimmo
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aussiehst, bist du erst zehn oder elf Jahre alt.“
    „Ich bin elf“, bestätigte Timoken. „Sag mir, wer ist dieser Jemand?“
    „Der Schatten. Hark…“
    Zobayda schnitt dem Jungen das Wort ab. „Timoken, du sprichst mit der Wand“, sagte sie und rieb sich die Augen. „Schlafwandelst du?“
    „Nein“, erwiderte Timoken und starrte die Wand an. Der Junge war verschwunden. „Ich wünschte, du hättest das nicht getan.“
    „Was?“
    „Du hast die Verbindung unterbrochen.“
    Zobayda gähnte. „Du redest wirres Zeug.“
    Timoken starrte weiterhin auf die Wand und hoffte, der Junge würde zurückkehren. Doch er erschien nicht noch einmal. Schließlich schlüpfte Timoken fröstelnd und zitternd unter das Netz und legte sich neben seine Schwester. Er wollte ihr von dem Jungen und den Stimmen erzählen, doch er wusste nicht, wie. Er konnte nicht einmal ansatzweise das Gefühl beschreiben, das ihn erfasst hatte, als er das lächelnde Gesicht dieses Jungen erblickt hatte.
    „Was ist los, Timoken?“, murmelte Zobayda. „Irgendetwas beunruhigt dich.“
    „Ich bin nicht beunruhigt. Ich bi n … Ich weiß es nicht, Zobayda. Ich hörte Stimmen, die aus der Höhlenwand kamen. Und dann sah ich einen Jungen. Ich habe das Gefühl, er steht in besonderer Beziehung zu mir. Das klingt verrückt und du glaubst mir wahrscheinlich kein Wort.“
    „Ich glaube dir fast alles, mein Bruder“, murmelte Zobayda träge und schlief wieder ein.
    Am nächsten Morgen drehte sich Timoken im Sand vor der Höhle um die eigene Achse, wirbelte das Netz durch die Luft und es begann zu regnen, genau wie er es vorausgesagt hatte. Der Ziegenlederbeutel füllte sich rasch mit Wasser und wurde Gabar angeboten. Das Kamel zeigte keinerlei Überraschung. Unbeeindruckt von der Vorstellung leerte es den Beutel in wenigen Zügen, rülpste und verlangte nach Frühstück.
    „Ich bin sicher, du hast noch nie jemanden gesehen, der es auf diese Weise regnen lassen kann“, sagte Timoken zu dem etwas undankbaren Kamel.
    „Du bist eben ein außergewöhnlicher Mensch“, erwiderte Gabar, während er sein Frühstücksgetreide verschlang. „Das ist alles.“ Er hatte offensichtlich aufgehört, sich über das Verhalten der Menschen zu wundern.
    Timoken hievte den schweren Sattel auf den Rücken des Kamels, doch bevor er das Gepäck des Händlers wieder daran befestigte, wollte Zobayda wissen, was es enthielt. Im ersten Beutel fanden die Geschwister Trockenfrüchte und Dörrfleisch sowie weiteres Getreide für das Kamel. Der zweite Beutel war mit Ballen feinster Seide gefüllt. Der dritte Beutel war mit Abstand der schwerste und ließ sich nicht ohne Weiteres öffnen. Als die Kinder es schließlich geschafft hatten, die Lederschnüre aufzuknoten, fanden sie einen weiteren Beutel, in dem sich ein dritter und darin ein vierter Beutel befanden.
    Das steife Leder schnitt in ihre Finger und Zobayda wollte schon aufgeben, doch nun war Timoken begierig darauf herauszufinden, was sich in diesem so wohlbehüteten Gepäckstück verbarg. Er benutzte sein perlenbesetztes Messer, um die Lederriemen durchzuschneiden, und endlich öffnete sich auch der letzte Beutel. Eine längliche, aus Elfenbein geschnitzte Schatulle kam zum Vorschein, deren Deckel mit einem goldenen Verschluss gesichert war. Vorsichtig öffnete Timoken sie und hob den Deckel an.
    Der Glanz, der ihnen aus dem Inneren entgegenstrahlte, ließ Zobayda zurücktaumeln und nach Luft schnappen. Auch Timoken starrte den Inhalt an und traute seinen Augen kaum. Die Schatulle war bis zum Rand mit kostbarem Schmuck gefüllt. Goldene Armreifen, Halsketten, Rubinen- und Perlenketten, Diamantenringe und smaragdbesetzte Haarspangen lagen da funkelnd auf einem Haufen.
    „Gabars Herr war mit Sicherheit mehr als ein einfacher Händler“, murmelte Timoken. „Er muss ein Prinz gewesen sein.“
    „Wir sind reich“, stieß Zobayda überwältigt hervor.
    Warum haben die Viridees diese Schatulle unbeachtet gelassen?, fuhr es Timoken durch den Kopf und er fragte das Kamel nach seiner Meinung.
    „Sie haben keine Verwendung für Kostbarkeiten der Menschen“, antwortete Gabar.
    „Aber sie wollen doch unbedingt das, was uns gehört“, sagte Timoken. „Und sie wollen es so sehr, dass sie extra einen Sandsturm schickten und deinen Herrn töteten, weil er sich weigerte, ihnen zu helfen.“
    Das Kamel knurrte zustimmend.
    Zobayda nahm noch eine Handvoll Juwelen aus der Schatulle, bevor sie den Deckel wieder schlossen.

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