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Timoken und der Trank der Unsterblichkeit

Timoken und der Trank der Unsterblichkeit

Titel: Timoken und der Trank der Unsterblichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Nimmo
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glutrot und hatten keine Pupillen, kein Herz. Unwillkürlich trat Timoken einen Schritt zurück und entdeckte dabei flüchtig eine weitere Gestalt. Ein Leopardenweibchen, das dort auf der Seite lag. Ein Pfeil, dessen Spitze tief ins Fleisch gedrungen war, ragte aus seinem Hals. Die Augen des Tieres waren bereits glasig. Es war offensichtlich tot.
    Wut und Abscheu erfassten Timoken. Der Viridee-Jäger hatte den Leoparden getötet und ließ nun zu, dass sich die Hyänen über die Beute des Tieres hermachten. Eine der Hyänen brachte dem Jäger ein Stück von dem Fleisch, doch das große grüne Wesen nahm es nicht an. Es hatte den Blick unverwandt auf Timoken gerichtet und streichelte seelenruhig den Kopf der Hyäne.
    Das war zu viel für Timoken. Die Hyänen waren einfach nur abstoßend und die halb verrottete grüne Kreatur verströmte einen üblen Geruch des Bösen. Unversehens drehte er sich um und rannte los. Die grässliche Szene vor Augen, die sich in seinen Kopf eingebrannt hatte, übersah er die Schlingpflanzen, die sich über den Weg schlängelten, stolperte, fiel und landete im Gestrüpp. Ein schwaches Fauchen und ein leises Knurren ertönten im selben Augenblick, und als Timoken den Kopf drehte, blickte er in die Augen von drei kleinen Leopardenwelpen. Sie kauerten nebeneinander in einem Gewirr aus Lianen, die von einem umgestürzten Baum herabhingen, und waren nur eine Armlänge von seinem Gesicht entfernt.
    Die Leoparden stießen vor Angst kurze Schreie aus. Instinktiv hob Timoken die Hand. „Pst!“ Er benutzte die Sprache der Leoparden. „Ihr seid in Sicherheit!“
    Die Leopardenjungen starrten ihn mit bekümmerten Augen an, näherten sich dann aber eins nach dem anderen und rieben ihre Köpfe an seinen Wangen. Als Timoken ihr geflecktes Fell streichelte, wurde er von einer Wut erfasst, wie er sie noch nie erlebt hatte. Die kleinen Leoparden würden bald sterben. Ohne ihre Mutter waren sie völlig hilflos. Sie hatte ihnen die tote Gazelle bringen wollen, als sie von dem Pfeil getroffen wurde. Es war ihre Beute, über die sich nun die Hyänen hermachten.
    Timoken zog den Mondumhang von den Schultern und legte ihn um die drei Leoparden. Sie beäugten ihn neugierig aus ihren großen grauen Augen, versuchten jedoch nicht, das Netz wieder abzuschütteln. Dann stand er auf und holte das perlenbesetzte Messer hervor.
    „Was hast du vor, meine Familie?“, fragte Gabar sichtlich nervös.
    „Sei bitte still!“, flüsterte Timoken. „Ich werde Fleisch besorgen.“
    „Ich hoffe, das ist nicht dein Ernst“, knurrte Gabar.
    „Schh!“, zischte Timoken wütend.
    Gabar hatte den Jungen noch nie so reden gehört. Niemals. Der Klang seiner Stimme verwirrte das Kamel und es schwieg aus Angst, was als Nächstes passieren würde. Reglos sah es Timoken dabei zu, wie er lautlos durch die Bäume schlich, zurück zu der schrecklichen Szene, vor der er gerade erst geflohen war.
    Der Viridee hatte Timoken bereits entdeckt. Rote Augen beobachteten seine Bewegungen, als er die Lichtung betrat. Zwei der Hyänen schauten von ihrem Festschmaus auf und knurrten drohend. Beim Anblick ihrer langen Zähne wusste Timoken, dass sein kleines Messer ihn nicht beschützen konnte. Dennoch ließ er weder die Klinge sinken noch hielt er an oder wich zurück. Jetzt sahen alle Hyänen zu ihm hinüber. Ihr Knurren und Kreischen erfüllte die Luft.
    Und dann begann Timoken plötzlich zu den Hyänen zu sprechen. Er wusste nicht, woher die Worte kamen, aber er benutzte die Sprache der Tiere und redete von Hyänenjungen, von schrecklichen Schmerzen und vom Tod.
    Die Hyänen senkten die Köpfe, ließen das Fleisch fallen und ihr Knurren wurde zu einem Winseln. Timoken trat näher. Auch der letzte Anflug von Angst, den er vielleicht noch verspürt hatte, wurde jetzt von seinem entschlossenen Willen verdrängt. Zu seiner Überraschung drehte sich nun das gesamte Rudel mit einem Schlag um und lief winselnd in den Wald.
    Nur der Jäger stand noch an seinem Platz. Seine roten Augen funkelten und mit einer fließenden Bewegung griffen seine langen Finger nach einem Pfeil.
    Für den Bruchteil einer Sekunde zweifelte Timoken. Konnte er die Gazelle packen, bevor der Pfeil ihn erreichte? Als der Jäger den Bogen hob, kannte Timoken die Antwort. Er deutete mit dem Finger, an dem er den Ring trug, auf die Baumkronen und rief den Himmel an.
    Der folgende Donnerschlag überraschte den Jäger, doch er hielt ihn nicht auf. Er legte den Pfeil an den Bogen und

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