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Timoken und der Trank der Unsterblichkeit

Timoken und der Trank der Unsterblichkeit

Titel: Timoken und der Trank der Unsterblichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Nimmo
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antwortete Edern, ohne zu zögern, und wandte sich an seine Kameraden.
    „Wir bleiben zusammen“, bestätigte Peredur, „bei dir, Timoken.“
    „Und was ist mit dem Mädchen dort, das keine Französin ist?“, fragte Madame Magnier.
    „Wohin möchtest du als Nächstes gehen?“, fragte Timoken Beri.
    „Nach Hause“, antwortete sie ernst.
    „Sie möchte zurück in ihre Heimat“, übersetzte Timoken.
    „Natürlich.“ Obwohl Madame Magnier keine Ahnung hatte, wo das Mädchen herkam, lächelte sie es wissend an.
    „Und was ist mit dir, Afrikaner?“, fragte jetzt eine der Mütter. „Wohin gehst du mit deinem Kamel?“
    Für einen Moment wusste Timoken nicht, was er darauf antworten sollte. Er hatte sich noch keine Gedanken über sein nächstes Ziel gemacht. Er hatte keine Heimat mehr, sondern fühlte sich wie ein Grashalm im Wind, der ohne bestimmte Richtung immer weitergetragen wurde. Der Finger mit dem Ring begann mit einem Mal wieder wehzutun und der Schmerz breitete sich in seinem ganzen Körper aus. Ohne darüber nachzudenken, hörte er sich plötzlich sagen: „Ich gehe nach Kastilien.“
    „Kastilien?“ Am Tisch wurde Gemurmel laut. Viele der Anwesenden hatten noch nie etwas von diesem Ort gehört.
    Nur Monsieur Magnier. „Dieses Königreich ist unerreichbar“, sagte er und schüttelte den Kopf. „Es liegt weit, weit entfernt von hier.“
    „Nicht zu weit für mich“, erwiderte Timoken. Er warf Beri einen flüchtigen Blick zu und sie lächelte ihn freundlich an.
    Warum habe ich diesen Namen genannt?, fragte er sich. Kastilien. Wo lag Kastilien überhaupt? Er wusste nur, dass Beri dort lebte, und dennoch schien dieses Land ihn in irgendeiner Weise anzuziehen. Nachdenklich betrachtete er den Ring an seinem Finger.
    „ Sie ist dort“, wisperte das kleine Gesicht.

Zobaydas Traum
    Zobayda war eine alte Frau geworden, die die meiste Zeit mit Tagträumen zubrachte. Immer wieder wurde sie von Albträumen heimgesucht und sah, wie ihr Vater in seinem weißen Gewand ausritt, um dem Gebieter der Viridees gegenüberzutreten, der wie ein dunkler Schatten auf seinem Pferd saß und nur darauf wartete, den König zu töten. Sosehr sie es auch versuchte, sie konnte das Aufblitzen des Säbels und den vom Pferd sinkenden, kopflosen Körper ihres Vaters nicht aus ihrem Gedächtnis löschen.
    Manchmal träumte sie auch von ihrer Reise mit Timoken und von dem Kamel, an dessen Namen sie sich nicht mehr erinnerte. Hier gab es viele Szenen, die sie zum Schmunzeln brachten, doch alle Erinnerungen führten zu dem Tag vor sechzig Jahren, als sie in den Fluss gesprungen war, den tosenden Wasserfall hinunterstürzte und dachte, sie müsste sterben. Sie hatte erwartet zu ertrinken, doch irgendwie hatte sie überlebt. Sie hatte sich an ein treibendes Holzstück angebunden und sich auf diese Weise tagelang durchs Wasser tragen lassen. Jeder Normalsterbliche wäre zweifellos umgekommen, doch das Elixier, das Zobayda mehr als einhundert Jahre lang eingenommen hatte, hielt sie am Leben. Sie war bewusstlos und dem Tode nahe, als Ibn Jubayr, ein arabischer Reisender, sie schließlich am Ufer fand und ihr das Leben rettete. Niemals würde sie sein freundliches, besorgtes Gesicht vergessen, mit dem er auf sie herabgeblickt hatte.
    Als sich Zobayda erholt hatte, nahm Ibn Jubayr sie mit auf seine Reisen. Sie wusch seine Kleidung, kochte für ihn und räumte auf. Als die Sehkraft seiner Augen nachließ, brachte er ihr Arabisch bei, sodass sie ihm aus einem großen Buch vorlesen konnte, das er immer bei sich trug. Sie überquerten das Mittelmeer in Richtung Spanien und reisten nach Toledo, in das Königreich Kastilien, das Ibn Jubayr seine Heimat nannte. Dort lernte Zobayda seinen Neffen Tariq kennen, in den sie sich verliebte und den sie eines Tages heiratete.
    Ihr Ehemann war bereits vor einem Jahr gestorben, doch Zobayda hielt seine Werkstatt nach wie vor genau in dem Zustand, in dem er sie zuletzt betreten hatte. Tariq hatte die schönsten Spielzeuge hergestellt, die man sich vorstellen konnte. Sogar der König bewunderte sie und hatte schon viele Stücke für seine Kinder gekauft. Doch Zobayda brachte es einfach nicht übers Herz, die letzten noch verbliebenen Spielzeuge zu verkaufen.
    Heute fühlte sie sich unwohl. Nicht wirklich krank, aber irgendwie nervös und aufgewühlt. Der Anblick der Spielzeuge beruhigte sie immer und so stieg sie die schmalen Stufen zur Werkstatt hinunter. Zobayda kam oft hierher und strich mit den

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