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Timpetill - Die Stadt ohne Eltern: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Timpetill - Die Stadt ohne Eltern: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Timpetill - Die Stadt ohne Eltern: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Winterfeld
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endlich seine Mithelfer gefunden. Marianne saß noch immer auf dem Brunnenrand und schlenkerte vergnügt mit den Beinen. Sie hatte schon längst ihre Truppe beisammen. An der Ecke der Pfarrgasse sah ich Ernst Werner mit den Kindern, die er sich für den Bahnhofsdienst ausgesucht hatte. Sehr aufgeregt ging es um Robert Punkt zu. Die Spione tuschelten miteinander wie die Verschwörer. Aus dem »Goldenen Posthorn« kamen gerade die Kleinen herausmarschiert. Sie hatten fertig gegessen und wurden jetzt von Trudi Rabe und Röschen Traub und den andern Aufsichtsmädchen zur Schule gebracht. Hinter den Kindern tauchte die dicke Minna Pütz auf. Sie blieb in der Tür stehen und rief schallend über den Platz:
    »Bitte Platz nehmen zum zweiten Mittagessen!«
    Dann prustete sie vor Lachen und verschwand wieder im »Goldenen Posthorn«.
    Auf dem Geißmarkt teilten sich jetzt überall die Gruppen in zwei Hälften. Die einen blieben auf ihren Plätzen, die andern marschierten in geschlossenem Zug zum »Goldenen Posthorn«. Der wilde Ansturm zum Essen wiederholte sich nicht mehr. Ich rannte rasch zu Thomas.

    »Hallo, Thomas!«, rief ich ihm schon von weitem zu. »Ich muss unbedingt jetzt mitessen, weil ich ins E-Werk zur Ablösung muss!«
    Thomas kam mir entgegengelaufen. »Aber das kannst du doch machen, wie du willst!«, erwiderte er.
    »Aber ich brauche noch vier Jungs«, sagte ich. »Zwei für jeden Betrieb! Und es sind keine mehr da.«
    Wir trafen uns und blieben stehen. »Du warst doch nicht hier!«, warf Thomas mir vor.
    »Ich habe das Postamt in Betrieb gesetzt«, erwiderte ich. »Tadellos, Geheimrat!«, sagte er. »Such dir aus der Schutztruppe aus, wen du haben willst. Ein paar kann ich ruhig noch abgeben!«
    Es kam gerade die erste Gruppe der Schutztruppler an uns vorbei, die zum Essen wollte.
    »Halt!«, kommandierte Thomas. Sie blieben sofort stehen und formierten sich in Reihen.
    »Das geht ja schon wie geschmiert!«, dachte ich befriedigt. »Thomas hat sie ordentlich in Schwung gebracht.«
    »Ich bitte um vier Freiwillige für den Dienst im Elektrizitätswerk und im Wasserwerk!«, rief ich.
    Es meldeten sich nur zwei. Die anderen wollten nicht gern die Schutztruppe verlassen.
    Thomas kam mir zu Hilfe. »Jungs!«, schrie er. »Die Arbeit im E-Werk und im Wasserwerk ist der wichtigste Dienst in Timpetill! Wenn wir keinen Strom und kein Wasser haben, können wir alle einpacken! Die Posten in den technischen Betrieben sind ganz besondere Ehrenposten! Der Dienst in den Werken ist aufopfernd und gefährlich. Wir können nur Helden dazu gebrauchen! Freiwillige vor!«
    Sofort meldeten sich alle Jungen wie ein Mann. Jeder wollte ein Held sein.
    Ich suchte mir vier der größten und klügsten Jungen aus und befahl ihnen, sich nach dem Essen bei mir zu melden. Dann bedankte ich mich bei Thomas und lief mit Otto Rabe ins »Goldene Posthorn«. Ich freute mich auf die Kartoffelsuppe.

18
    Das Amt meldet sich nicht
    Nach dem Essen war ich mit meinem Adjutanten Otto Rabe und meiner technischen Mannschaft gleich losmarschiert. In einer Viertelstunde hatten wir das Elektrizitätswerk erreicht. Ich klopfte ans Tor und rief die Parole: »Hurra, Timpetill!« Erwin Bernreither öffnete. Er war froh, dass wir ihn endlich ablösten. Auch Emil Meißner atmete erleichtert auf. Der Aufenthalt in der großen Maschinenhalle und die unablässige Beobachtung der Kontroll- und Messapparate waren sehr anstrengend. Die beiden hatten auch schrecklichen Hunger. Ich machte Hermann Scharschmidt und Fritz Müller mit ihrem Dienst vertraut. Sie wussten sehr rasch Bescheid, da ich ihnen unterwegs alles genau erklärt hatte. Ich schickte Erwin Bernreither und Emil Meißner ins »Goldene Posthorn« zum Essen. Dann lief ich mit Otto Rabe, Erwin Giese und Erich Eckert zum Wasserwerk. Hier lösten wir Karl Lampe und August Kunkel ab. Anschließend traten wir den Rückweg an. Unterwegs stießen wir in der Kollersheimer Straße auf die erste Schutztruppenpatrouille. Es waren sechs Jungen. Sie waren schon mit dicken Haselnußstöcken ausgerüstet. Einer schob sein Rad neben sich her. Das war der Kurier. Hauptmann war Max Kunkel. Als er mich sah, lief er mir entgegen: »Wir haben nichts Verdächtiges bemerkt«, meldete er.
    »Ist gut!«, erwiderte ich. »Wo bleiben die Wachmannschaften für das Wasserwerk und Elektrizitätswerk?«, fragte ich.
    »Die sind noch im Stadtpark bei der Waffenausrüstung. Sie müssen aber jeden Augenblick abmarschieren.«
    »Dann

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