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Timpetill - Die Stadt ohne Eltern: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Timpetill - Die Stadt ohne Eltern: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Timpetill - Die Stadt ohne Eltern: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Winterfeld
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behaltet ihr die beiden Betriebe solange im Auge!«, befahl ich. »Ihr könnt euch an der Ecke der Bahnhofsgasse postieren. Von dort werdet ihr den Timpebachweg gut überblicken!«
    »Zu Befehl!«, antwortete Max Kunkel. Er zog mit seiner Patrouille rasch weiter, die Kollersheimer Straße hinauf.
    Wir trabten in entgegengesetzter Richtung in die Stadt. Auf dem Geißmarkt entließ ich Karl Lampe und August Kunkel. Sie sausten wie der Blitz über den Platz und verschwanden im »Goldenen Posthorn«.
    Auf dem Geißmarkt ging es jetzt ruhiger zu. Die Kommandanten waren wohl schon im Rathaus eingezogen. Auf der Freitreppe saß die Wache von acht Jungen und zwei Hauptleuten. Sie waren mit Stöcken ausgerüstet. Vor dem Postamt und dem »Goldenen Posthorn« standen ebenfalls Schutztruppwachmannschaften.
    Ich lief mit Otto Rabe ins Rathaus. In der Halle drängten sich mehrere Kinder vor dem Schwarzen Brett, an dem die Betriebsordnung angeschlagen war. Ludwig Keller hatte sie inzwischen abschreiben lassen. Wir gingen den Gang hinunter zum Zimmer Nummer sieben. Einige Kinder überholten uns und verschwanden in den verschiedenen Türen. Andere kamen heraus und rannten zum Ausgang. Es war ein Kommen und Gehen wie in einem großen Büro. Nachrichten wurden überbracht, Befehle entgegengenommen. Der Betrieb lief tadellos. Die Jungen und Mädchen, die an uns vorbeiliefen, taten alle sehr geschäftig und hatten es schrecklich eilig. Ich freute mich, dass sie so bei der Sache waren. Jetzt konnte uns nicht mehr viel passieren. Wenn bloß die bösen Piraten nicht gewesen wären. Es war äußerst verdächtig, dass sie sich so geheimnisvoll zurückgezogen hatten. Sie hatten sicherlich irgendeine Gemeinheit vor. Wir sollten auch bald erfahren, dass sie ihre Rachepläne nicht vergessen hatten. Es gab später noch einen Riesenwirbel, und unsere ganze Aufbauarbeit wäre beinahe wieder zerstört worden.
    Bevor ich an meinen Arbeitsplatz ging, besuchte ich noch rasch Marianne im Zimmer drei. Sie begrüßte mich mit großem Hallo und lachte mir quietschvergnügt zu. Ihre Arbeit schien ihr großen Spaß zu machen. Sie saß an einem riesigen Doppelschreibtisch, hinter dem sie fast verschwand. Ihr gegenüber hockte der dicke Paul auf einem Drehsessel. Er nagte an einem Keks und schrieb ächzend Zahlen auf einen Bogen. Es waren noch mehrere Jungen und Mädchen im Zimmer. Sie standen bei Marianne und erstatteten ihr Bericht. Als ich hereinkam, ließ sie sich gerade über die Vorräte in Mules Tierhandlung Auskunft geben.
    »Für die Papageien sind noch zwei Säckchen Kornblumenkerne da«, berichtete Paula Andermutz.
    »Was soll denn mit den vielen Tieren im Laden geschehen?«, fragte der kleine Rolf Könich.
    »Es müssen ständig zwei Kinder im Geschäft bleiben. Sie sollen die Tiere füttern und die Käfige reinigen!«, befahl Marianne.
    »Pfui grauslich! Die weißen Mäuse fass’ ich aber nicht an!«, schrie Martha Kogel.
    »Hab dich nicht so!«, schimpfte Marianne. »Weiße Mäuse sind furchtbar niedlich.«
    »Wie steht’s, Marianne?«, unterbrach ich sie.
    »Mach, dass du rauskommst!«, sagte sie lachend. »Ich habe schrecklich viel zu tun.«
    »Oh, Verzeihung, Fräulein Kommandantin«, erwiderte ich lustig. »Es soll nicht wieder vorkommen. Komm, Otto!«, rief ich ihm zu. »Wir fallen zur Last.« Wir gingen. In der Tür stießen wir mit drei Mädchen zusammen, die aufgeregt hereingeplatzt kamen.
    »Die Butter ist ranzig!«, schrie eine kleine Blonde und schwenkte ein Paket mit Butter in der Hand. Ich glaube, es war Grete Faber, die Tochter vom Tischlermeister Faber.
    »Dann gibt’s Marmelade zum Kakao«, hörte ich Marianne erwidern. Ich machte die Tür hinter mir zu und lief mit Otto weiter. Wir gingen in Zimmer Nummer sechs. Das war das Vorzimmer zum Amtszimmer des Bürgermeisters. Hier stand Heinz Himmel im Gespräch mit mehreren Jungen. Sie warteten darauf, bei Thomas vorgelassen zu werden. Ich winkte Heinz zu und rannte zu Thomas hinein. Otto Rabe blieb im Vorzimmer.
    Thomas saß in dem hohen Lehnstuhl hinter dem Schreibtisch des Bürgermeisters. Mehrere Jungen waren im Zimmer. Thomas telefonierte gerade.
    »Was sagst du? Aus Möckendorf ist angerufen worden?«, rief er in den Apparat. »Ach so, aus der Molkerei! Was hast du gesagt? … Tadellos! Und was haben sie geantwortet? … Na himmlisch! … Das klappt ja großartig! Fünfzig Kilo Butter extra? Und zwanzig Kannen Milch, wie üblich? Ich werde es Marianne bestellen … Um halb

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