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Tinnef

Tinnef

Titel: Tinnef Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Pittler
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am Kurs teilnehmen.“
    „Nun ja, adeliges Geblüt …“
    „Adelig“, Hevesi schnaubte verächtlich, „wissen Sie, wie adelig der Herr von Baumgarten ist? Sein Vater hieß Josef Hopfgartner. Der kam aus Baumgarten im Ungarischen und hat es irgendwie geschafft, sich bei der Materialbeschaffung für die Eisenbahn nach Ödenburg zu bereichern. Dadurch ist er Verwaltungsrat bei der Raaber Bahn geworden. Seine Majestät der Kaiser hat dann allergnädigst geruht, den Herrn Hopfgartner zu adeln. Und weil er keinerlei Verdienste hatte, der Herr Hopfgartner, die einer Erwähnung wert gewesen wären, bekam er eben seinen Geburtsort als Adelsprädikat. So sieht der Hintergrund des Herrn Zeno Edler von Baumgarten aus.“
    Bronstein fühlte sich zu einem Nicken bemüßigt.
    „Der Vater ist dadurch offenbar endgültig größenwahnsinnig geworden. Ich meine, wer nennt seinen Sohn schon Zeno? Höchstens ein byzantinischer Kaiser! Und dann musste er dem Sohn noch partout eine Villa im hiesigen Baumgarten kaufen. Nur damit Adresse und Name identisch sind, stellen Sie sich das einmal vor!“
    Bronstein konnte Hevesis Tadel durchaus verstehen. Doch die merkwürdigen Verhaltensweisen des Herrn Hopfgartner waren wohl kaum für den Fall relevant. Es galt also, sich wieder auf den Sohn zu konzentrieren.
    „Sie meinen also, Oberleutnant Mészáros war in letzter Zeit oft mit Oberleutnant Baumgarten unterwegs?“
    Hevesi zuckte mit den Schultern. „Was weiß denn ich! Der Lajos war ja nie ein schneidiger Honved. … Ich meine, ein wenig seltsam hat er sich immer schon benommen. Aber seit ein paar Wochen, da gab es für ihn überhaupt nur noch diesen hochnäsigen Neureichen. Er hat ihn gegen jede Kritik verteidigt und immer nur gemeint, man täte dem Baumgarten schnöde unrecht. So ein Unsinn! Der Mann ist im wahrsten Sinn des Wortes untauglich.“
    Plötzlich, so als erinnerte sich Hevesi erst wieder an den Grund für das Gespräch, fuhr der Offizier herum: „Aber jetzt sagen Sie doch endlich: Woran ist Lajos gestorben?“
    „Tja, das wissen wir noch nicht, um ehrlich zu sein. Es könnte Selbstmord sein, derzeit schließen wir aber auch Mord noch nicht aus.“
    Hevesi blickte betroffen. „Also Schulden hat er sicher keine gehabt“, meinte er dann, „und irgendwelche Ehrenhändel können Sie auch ausschließen. Ehrlich gesagt, ich kann mir überhaupt keinen Grund vorstellen, weshalb ihm irgendjemand, oder gar er selbst, nach dem Leben trachten könnte. … Merkwürdig, sehr merkwürdig.“ Und abermals versank Hevesi in dumpfes Brüten.
    „Meinen Sie, dass, für den Fall, dass hier ein Verbrechen vorliegt, irgendjemand aus dem Offizierskorps …?“
    „Ich wüsste nicht, warum.“
    Alles in Bronstein drängte danach, die klassische Frage – „Wo waren Sie in der Nacht von vorgestern auf gestern?“ – zu stellen, doch er wusste genau, dass ein solches Vorgehen höchst inadäquat gewesen wäre. Erstens stand ja noch nicht einmal zweifelsfrei fest, ob es sich bei Mészáros’ Tod um Mord handelte, zweitens gab es keinerlei Grund, Hevesi einer solchen Tat zu verdächtigen, und drittens, und dieser Punkt wog zweifelsfrei am schwersten, war Bronstein ja inoffiziell bei dem Offizier, sodass es auch in seinem Interesse lag, die Situation nicht unnötig eskalieren zu lassen. Vorerst, so fand Bronstein, hatte er genug gehört. Die Charakterisierung von Mészáros als stille Figur war ein weiteres Mal bestätigt worden, dazu kam mit dem Herrn Hopfgartner junior eine weitere Person, mit der man sich zu gegebener Zeit würde unterhalten müssen. Bronstein schielte unauffällig auf die Uhr. Wenn er es noch zu Binder schaffen wollte, ehe er seinen Dienst wieder antrat, dann musste er sich sputen.
    „Glauben Sie, der Herr Oberleutnant Binder befindet sich gegenwärtig in seiner Wohnung?“
    Hevesi sah auf. „Der Otto? Nein, der hat heute Journaldienst. Den finden Sie in der Kaserne.“
    „Aha, und in welcher?“
    „Na, in der Stiftskaserne. Nur dort tun Generalstäbler Dienst“, ergänzte Hevesi mit einer erstaunten Augenbraue ob Bronsteins Unwissenheit.
    „Ach ja, natürlich“, beeilte sich Bronstein zu entgegnen, um seine Scharte wieder auszuwetzen. „Herr Oberleutnant, ich bin Ihnen sehr zu Dank verpflichtet. Ich darf Ihnen noch einen schönen Tag wünschen.“
    Hevesi machte den Eindruck, als wollte er seinerseits noch Fragen an Bronstein richten, doch der hatte sich so schnell erhoben, dass ihm Hevesi nur noch ungläubig

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