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Tinnef

Tinnef

Titel: Tinnef Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Pittler
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auf ein Avancement ihres Sohnes hatten fahren lassen. Bronstein blickte auf die Uhr. Ein paar Minuten mehr oder weniger würden sicherlich keine Rolle spielen. Den Postenkommandanten konnte er auch noch am Nachmittag mit seinem Triumph konfrontieren. Bronstein quittierte den Empfang seiner Unterlagen und sah zu, dass er wieder auf die Straße kam.
    Mit dem Ringwagen fuhr er bis zur Oper, von dort schlug er sich zur Wiedner Hauptstraße durch, von wo er es nicht mehr weit bis zur Wohnung seiner Eltern hatte. Dabei hoffte er inständig, sie würden zu Hause sein, damit er den Weg nicht umsonst angetreten hatte.
    Aufgeregt klopfte er an die Tür und wartete mit angehaltenem Atem auf eine Reaktion. Tatsächlich öffnete seine Mutter wenig später die Pforte zu jener Behausung, die Bronstein einst Heimstatt gewesen war.
    „Ja, Bub, was machst denn du da um diese Zeit?“, entfuhr es Frau Bronstein.
    „Ich muss euch unbedingt etwas sagen. Ist der Herr Papa auch zugegen?“
    „Der war bis zwölf im Dienst. Aber er muss sicher gleich kommen, so wet hat er’s ja nicht. Aber jetzt sag schon, Bub, was ist denn g’schehen?“
    „Du wirst es nicht glauben, Mama. Aber ich möchte warten, bis der Papa kommt. Es ist jedoch, so viel sei gesagt, eine wirklich gute Nachricht, die ich zu überbringen habe.“
    Die Mutter errötete und schlug die Hände vors Gesicht: „Sag bloß, David, du machst mich endlich zur Schwiegermutter!“ Sie breitete die Arme aus und schickte sich an, den Sohn zu umarmen.
    „Mutter, das vielleicht auch, aber nein“, wehrte er sich gegen die geplante Geste des Überschwangs, „das ist es nicht.“
    Die Mutter erstarrte, um dann in sich zusammenzusinken. „Ach so“, sagte sie beinahe tonlos. Die Enttäuschung war ihr deutlich anzumerken.
    Bronstein wollte eben zu einer Entgegnung ansetzen, als ein Schlüssel im Schloss zu hören war. Beide sahen sich um und konnten so beobachten, wie Bronstein senior die Wohnung betrat. Verblüfft blieb dieser stehen:
    „Ja, Sohn, was machst denn du da? Zumal um diese Zeit!“
    „Papa, ich habe euch eine Eröffnung zu machen. Können wir uns setzen?“
    „Ja, freilich“, beeilte sich der alte Bronstein, „soll ich uns einen Cognac einschenken – oder werden wir Magenbitter brauchen?“
    „Cognac klingt gerade recht.“
    Einige Minuten später war die vollzählige Familie Bronstein um den Wohnzimmertisch versammelt. Bronstein roch am Cognac und schob dann die Mappe, die er unter dem Arm getragen hatte, über den Tisch in Richtung seiner Eltern.
    „Das solltet ihr euch einmal ansehen“, meinte er leichthin.
    Der Vater ergriff das Konvolut und besah sich die Urkunde. Dann nahm er seinen Sohn in den Blick. Auf seinem Gesicht zeigte sich Überraschung, die in Freude zu changieren begann. „Soll das heißen, du reüssierst?“
    Bronstein nickte eifrig.
    „Na endlich, mein Sohn! Ich wusste es doch, ewig kann denen dein Talent nicht verborgen bleiben. Du, ich freu mich! Das müssen wir unbedingt feiern.“ Behände wie ein junger Beau sprang der Papa auf und holte aus einer hölzernen Schatulle zwei Zigarren. Eine davon überreichte er seinem Sohn. „Zur Feier des Tages, mein Sohn!“
    Selbst die Mutter rang sich nun zu einem Lächeln durch: „Na ja, das heißt, du bist jetzt endlich eine gute Partie. Vielleicht machst du deine alte Mutter ja doch noch glücklich und findest dir endlich jemanden, der mir Enkelkinder schenkt.“
    „Du wirst lachen, Mama, die habe ich vielleicht schon gefunden.“
    „Was, wirklich? David, das wäre doch …, das müssen wir … wirklich feiern!“
    Und Bronstein erzählte von seiner Begegnung mit Marie Caroline und dem hoffnungsfrohen Beginn, den diese Bekanntschaft bislang genommen hatte. Während seine Mutter sichtlich im siebenten Himmel schwebte, blieb der Vater skeptisch: „Ich weiß nicht, mein Sohn, der Standesunterschied ist schon eklatant. Ich weiß nicht, ob dich diese Familie akzeptieren wird. Selbst wenn du jetzt beim Mord bist. Eine Affäre ist das eine, aber eine Hochzeit …, ich würde mir da nicht allzu viele Hoffnungen machen.“
    „Nun ja, so weit würde ich auch noch gar nicht gehen wollen“, schränkte Bronstein ein. „Jetzt schauen wir einmal, wie sich die Dinge entwickeln. Vorerst ist einmal wichtig, dass ich nicht länger in diesem Kommissariat verkommen muss. Ein Oberkommissär im k. u. k. Agenteninstitut, das ist schon etwas ganz anderes als ein Streifenhörnchen in Rudolfsheim.“ Dabei lachte

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