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Tiphanie – Feuer der Sehnsucht

Tiphanie – Feuer der Sehnsucht

Titel: Tiphanie – Feuer der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Cordonnier
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Wunsch zu prüfen, ob sich unter dieser lieblichen Oberfläche tatsächlich so viel Leidenschaft befand.
    Er unterdrückte einen Fluch und richtete sich zu seiner vollen Größe auf, so dass er mit den Haaren fast die Querbalken der Decke berührte. Trotzdem kam er sich klein und schäbig vor.
    »Man muss dich vor dir selbst beschützen, Kleines!«, sagte er unwillig.
    »Was quält Euch, dass Ihr Trost im Alkohol sucht und in den Nächten keinen Schlaf findet?«, fragte sie ihn, als habe er nichts gesagt.
    »Verdammt, würdest du deine Neugier zügeln und dich nicht wie eine unerwünschte Landplage in meine Angelegenheiten mischen? Du hast kein Recht dazu! Gehorche, wie es einer Frauensperson geziemt!«
    »Verzeiht!«
    Die ruhige Freundlichkeit, mit der sie jeden Tadel, jede Ungerechtigkeit und jede Grobheit von seiner Seite hinnahm, machte ihn nur noch wütender. Diese sprechenden, sanften türkisfarbenen Augen drangen in Bereiche, die keinen Menschen etwas angingen.
    »Ich werde einen Platz für dich finden müssen, damit du nicht unter meiner Unbeherrschtheit leidest«, erklärte er vorwurfsvoll. »Du wirst uns auf jeden Fall nach Rennes begleiten. Erwann wird einen Reisesack für dich packen und sehen, dass wir ein Maultier finden, das dich tragen kann. Halte dich bereit, wir werden morgen bei Sonnenaufgang aufbrechen!«
    Wenn er Fragen erwartet hatte, so sah er sich enttäuscht. Tiphanie senkte in ihrer üblichen stummen Folgsamkeit den Kopf und erhob keinen Protest. Er vermochte den Triumph nicht zu genießen.
    »Hast du nichts dazu zu sagen?«, fuhr er sie an.
    »Solange ich bei Euch bin, soll es mir recht sein«, erwiderte sie leise. »Was wird mit Rina?«
    »Was soll mit ihr sein? Du brauchst sie nicht mehr!«
    Jannik de Morvan stob türenknallend aus dem kleinen Gemach. Sein ganzes, stürmisches Temperament bäumte sich gegen ihre Anbetung auf. Wie kam sie dazu, ihn für eine Art Idol zu halten, unfehlbar und von endloser Güte? Wieso vermochte sie nicht die Augen zu öffnen und seine Fehler zu sehen? Er verabscheute diesen Blick offenen, grenzenlosen Vertrauens, mit dem sie ihn ständig bedachte. Niemand sollte so viel Vertrauen in einen anderen Menschen setzen. Derlei Naivität musste in einer Katastrophe enden, er hatte es am eigenen Leib erfahren.
    Im Sattel eines geduldigen, gutmütigen Maultieres, das mit seinem schaukelnden Passgang und seiner geringen Größe Tiphanie mehr zusagte als der riesige schwarze Hengst, den Jannik de Morvan ritt, fand sie ein unerwartetes Vergnügen an der Reise. Zwar wehte ein feuchtkalter, böiger Wind aus Nordwesten, aber es blieb trocken. Eng in ihren warmen Umhang gekuschelt, sah Tiphanie aus erwartungsvollen Augen in eine Welt, die völlig neu für sie war. Sie kannte nur den Wald von Auray und schon der Ritt durch die Stadt und unter dem mächtigen Torbogen hindurch zur Landstraße glich für sie einem Abenteuer.
    Das geschäftige Treiben in der kleinen Hafenstadt, wo unzählige Hände daran arbeiteten, die Spuren der Schlacht zu tilgen, die vor ihren Mauern stattgefunden hatte, lag viel zu schnell hinter ihnen. Erwann hielt sein Pferd an ihrer Seite, während der Seigneur stumm voraus ritt. Der Wind zauste die kahlen Büsche am Straßenrand und duckte das Heidekraut noch tiefer auf die Ebene. Tiphanie musterte den grauen Höhenzug, der den Horizont begrenzte, und erschauerte.
    »Die Heide von Lanvaux«, erklärte Erwann, für jede Gelegenheit dankbar, mit ihr zu sprechen. »Ob wir sie jedoch noch heute erreichen, möchte ich bezweifeln. Der kleine Kerl, den Ihr da reitet, kann nicht ganz das Tempo von Messires Diable halten. Außerdem müssen wir auch auf die Packpferde Rücksicht nehmen.« Er deutete auf die beiden gutmütigen, schweren Braunen, die ihre Reisesäcke, den Proviant und mehrere Bündel trugen.
    Tiphanie hielt Diable für einen höchst passenden Namen. Der riesige Hengst stürmte mit derselben eleganten Noblesse dahin, mit der sein Herr im Sattel saß. Trotzdem ließ der Reiter nicht zu, dass der Abstand zu der kleinen Gruppe mit dem Maultier zu groß wurde. Sie fühlte, dass er sie beobachtete, und es gefiel ihr, im Zentrum seiner Aufmerksamkeit zu sein. Sie ahnte, dass sich seine Gedanken ebenso mit ihr beschäftigten, wie es die ihren mit ihm taten. Die Reise bot ausreichend Gelegenheit dafür.
    Die wenigen Fuhrwerke, Bauern und Reiter, die ihnen begegneten, hatten es eilig, Auray zu erreichen. Sie nahmen sich kaum die Zeit, die Fragen des Ritters

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