Tiphanie – Feuer der Sehnsucht
warf, und die elegante Verneigung, die er ihr gönnte. Wenigstens blieb er auf Distanz.
Alle Menschen taten das, wenn Tiphanie Marron neben sich hatte, der mit seinem neuen Halsband und dem sorgfältig gebürsteten Fell zwar gepflegter, aber nicht harmloser als früher wirkte.
»Die Herzogin bestürmt mich mit Fragen nach Tristanes Familie«, fuhr Dame Marthe mit gedämpfter Stimme fort. »Wie es scheint, denkt Clisson tatsächlich daran, sie zu umwerben. Er hat bei der Dame diskrete Nachforschungen angestellt, um mehr über die Kleine zu erfahren. Die Angelegenheit entwickelt sich zum Problem.«
»Inwiefern?« Jannik de Morvan musterte Tiphanie aus schmalen Augen.
Die hellgrüne Samttunika mit den passenden Kordelverschlüssen schmiegte sich über einem silbergrauen Unterkleid um ihre zierliche Figur. Obwohl sie das Kleid hochgeschlossen und schlicht bis zu den Schlüsselbeinen hinauf bedeckte, konnte er nicht verhindern, dass ihm die Hitze in die Stirn stieg.
In seinen Augen besaß sie eine sinnlich geschmeidige Anziehungskraft, die ihn nur zu genau daran erinnerte, wie sich ihre Haut anfühlte, wie ihre Küsse schmeckten und welch aufreizende kleine Seufzer sie von sich gab, wenn er sich mit ihr vereinte. Sie gab ihm schamlos und verführerisch jede Gelegenheit dazu. Sie umwarb ihn, wie es sich für keine Dame gehörte, und er war ihr wie ein lüsterner Dummkopf verfallen.
»Tiphanie ist reizend, ein wahrer Schatz, aber Ihr könnt nicht im Ernst daran denken, sie mit einem Edelmann von Geburt zu verheiraten«, sagte Dame Marthe in diesem Moment zwar gedämpft, aber hörbar unwirsch. Sie schätzte die emsigen Dienste des Mädchens, aber sie vergaß nie ihre zweifelhafte Abstammung. »Ich weiß, es ist ungerecht, aber wie sollten wir die Dinge ändern? Ihr wisst um ihre Vergangenheit. Ein solches Mädchen kann Clisson unmöglich einen Erben schenken. Wer weiß, was die Söldner dieses Unmenschen mit ihr getan haben.«
Janniks angespannte Kiefermuskeln verrieten, dass seine Zähne in dem Bemühen mahlten, die Beherrschung zu bewahren. Er wusste, was St. Cado ihr angetan hatte. Er selbst hatte das zerstörte, halb wahnsinnige Kind aus dem Kloster gerettet. Aber er dachte nicht daran, mit seiner Tante darüber zu diskutieren. Ihr zu sagen, dass er es gewesen war, der ihr die Ehre geraubt hatte, und nicht die Söldner Cocherels, kam nicht in Frage.
Tiphanie stand auf der anderen Seite des Hofes in der Nähe der jüngeren Edeldamen, die jedoch respektvollen Abstand von Marron hielten. Allein, es lag nicht nur an dem Hund. Sie alle spürten, dass die junge Frau anders war. Dass sie keinen Sinn für höfisches Getändel und Frauenklatsch hatte: Sie begegneten ihr in einer Mischung aus Respekt und Vorsicht, die sie einsam machte.
Tiphanie kümmerte es nicht. Sie hatte nie richtige Freundinnen besessen, also vermisste sie ihre Gesellschaft keineswegs. Ihre ganzen Gedanken und Gefühle waren so ausschließlich auf Jannik de Morvan konzentriert, dass sie sogar auf diese Entfernung spürte, dass er sich über Dame Marthes Worte ärgerte. Sie widerstand der Versuchung, zu ihnen zu gehen. Vor den Augen des Hofes entdeckte sie ihren Stolz. Es machte ihr nichts aus, sich vor ihm allein zu demütigen und ihm ihre Liebe im Notfall aufzuzwingen, aber sie wollte nicht, dass er sie vor allen anderen davonschickte.
Sie hatte gelernt, sich mit der Kränkung des Morgens nach einer zauberhaften Nacht abzufinden. Im grauen Morgenlicht wurde er wieder zum schroffen Ritter, der sich selbst dafür verachtete, dass er der Verführung nachgegeben hatte. Sobald er sich hinter die Mauer seiner grässlichen Selbstbeherrschung verschanzt hatte, glich er seinem Schwert. Kalt, kühl und tödlich stumm.
»Dame Tristane!« Olivier de Clisson hatte den Bogen an den nächsten Kandidaten weitergegeben und neigte den blonden Kopf vor ihr. »Warum so traurig, an einem so schönen Tag? Darf ich Euch heute Nachmittag zu einem Ausritt einladen? Ich bin sicher, Marthe de Branzel kann Euch für zwei Stunden einmal entbehren.«
Tiphanie lächelte ihn zerstreut an. Sie hielt ihn ständig auf Abstand, indem sie ihre Pflichten bei Dame Marthe vorschützte. Aber er gab nicht auf. Im Gegenteil, ihr Widerstand stachelte ihn an.
»Es wäre sinnlos, meine Verwandte mit einer solchen Bitte zu belästigen, Seigneur«, sagte sie befangen. »ich kann ohnehin nicht reiten!«
»Ihr könnt nicht reiten?« Clisson konnte sein Erstaunen kaum verbergen. »Ihr macht
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