Tiphanie – Feuer der Sehnsucht
Euch lustig über mich, schönste Dame, nicht wahr?«
»Nein.« Tiphanie schüttelte den Kopf. »Warum sollte ich das tun, Seigneur? Es gab nun einmal keine Pferde in dem Haus, in dem ich aufgewachsen bin«, sagte sie ehrlich. »Auch war gar keine Zeit für solche Dinge.«
»Ein Grund mehr, dass Ihr es jetzt lernt«, behauptete der junge Edelmann im Überschwang seiner Gefühle. »Ich bin sicher, in den Ställen Seiner Gnaden findet sich ein sanfter Zelter, damit ich Euch das Reiten lehren kann. Kommt, lasst uns gleich damit beginnen!«
»Seid bedankt«, lehnte sie auch dieses Angebot höflich, aber strikt ab. »Aber wenn es nötig sein sollte, mich in dieser Kunst zu unterweisen, wird es sicher der Seigneur de Morvan tun.«
»Morvan?« Olivier de Clisson warf seinem Waffenbruder einen abschätzigen Blick zu und verzog den schön geschnittenen Mund mit einer Spur von Zynismus. »Was wollt Ihr Euch mit diesem Griesgram abgeben, schönste Tristane? Wenn Ihr darauf wartet, dass er sich um die Bedürfnisse eines weiblichen Wesens kümmert, dann werdet Ihr als Großmutter einer zahlreichen Kinderschar noch in einer Sänfte reisen. Er hat ausschließlich seine ritterliche Ehre und den Krieg im Kopf.«
Dass er recht hatte und seine Einschätzung sich genau mit Tiphanies Gedanken traf, machte die Sache nicht besser. Sie sprach ihm das Recht ab, den Mann zu kritisieren, den sie bewunderte!
»Ihr tut ihm Unrecht, Seigneur!«, sagte sie so energisch, dass er verblüfft die Brauen hob. »Er ist sehr wohl um meine Bedürfnisse besorgt. Überlasst es mir, zu beurteilen, ob es im richtigen Umfang geschieht.«
»Dem ist nichts hinzuzufügen, Messire de Clisson!«, erklang in diesem Moment die schleppende Stimme des beanstandeten Ritters an ihrer Seite.
Sie hatte nicht bemerkt, dass Jannik beim ersten Wort des jungen Mannes seine Tante im Stich gelassen hatte, um zu ihr zu eilen. Er war auch der Einzige, bei dem Marron sie nicht durch einen Laut warnte, wenn er auftauchte. Er hatte sich den Gehorsam des riesigen Hundes durch die Macht einer Persönlichkeit förmlich erzwungen.
»Zum Henker!« Olivier de Clisson war zu unbeschwert und zu selbstsicher, um sich durch eine solche Zurechtweisung erschüttern zu lassen. »Ihr würdet es viel eher verdienen, gerügt zu werden, de Morvan! Dame Tristane hat mir eben gestanden, dass Ihr es bisher versäumt habt, sie das Reiten zu lehren. Wie soll sie uns im Sommer und Herbst auf den Jagden begleiten? Ihr wisst, dass der Herzog Wert darauf legt, dass so etwas wie ein gepflegtes höfisches Leben in der Bretagne entsteht.«
Die beiden Ritter fixierten sich mit kalten Blicken, und Tiphanie wäre am liebsten in den Boden versunken. Die spürbare Rivalität zwischen beiden konnte doch wohl nicht um ihre Person entbrannt sein? Jannik musste schließlich wissen, dass es nur ihn für sie gab und dass dieser fröhliche Edelmann sie höchstens amüsierte.
»Darf ich Euch einen Schluck Rheinwein anbieten, Dame Tristane?«
John Chandos, einer der englischen Waffenbrüder des Herzogs, nutzte seine Chance und bot Tiphanie seinen Arm. Er war ein breitschultriger Kämpe in den besten Mannesjahren, mit einem warmen Lächeln in den grauen Augen, das ihre angespannten Nerven auf wundersame Weise wieder in den Normalzustand versetzte.
Sie nickte dankbar und folgte seiner Einladung zu einem großen Schragentisch, wo der Mundschenk des Herzogs über die Karaffen wachte. Normalerweise hätte sie nie den Mut dazu aufgebracht, aber im Moment wollte sie nur vor dem beginnenden Streit fliehen. Kleine Pagen reichten silberne Platten mit Leckerbissen herum, und Marron gab einen Laut von sich, der sie zu einem energischen Kopfschütteln veranlasste.
»Du wirst dich benehmen, mein Freund! Du hast bereits deine Mahlzeit bekommen!«
Marron warf ihr einen resignierten Blick zu und sank gehorsam auf die Hinterpfoten. John Chandos lachte und reichte ihr einen Silberbecher, den er persönlich für sie gefüllt hatte.
»Ich muss Euch bewundern, Dame Tristane. Was habt Ihr getan, um dieses Muster an Wohlerzogenheit aus einem Ungeheuer zu machen?«
»Oh?« Sie errötete und trank einen Schluck. »Eigentlich nichts. Er spürt, dass ich ihn liebe und dass ich ihm nichts Böses will. Vielleicht gehorcht er mir deshalb.«
»Ihr seid eine ganz besondere Dame, wenn Ihr mir diese Vertraulichkeit erlaubt«, sagte der englische Ritter und verneigte sich in Anerkennung vor ihr. »Wäre ich zwanzig Jahre jünger und nicht
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