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Tiphanie – Feuer der Sehnsucht

Tiphanie – Feuer der Sehnsucht

Titel: Tiphanie – Feuer der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Cordonnier
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Töchtern Evas immer wieder zum Vorschein kommt!«
    Tiphanie starrte in das selbstgerechte Gesicht und dachte an Mutter Elissa. Sie hatte nicht viel übrig gehabt für Männer. Nicht einmal für die Männer der Kirche. Vermutlich hatte sie sogar eher zur heiligen Mutter gebetet als zum himmlischen Vater. Tiphanie begann sie zu verstehen. Was auch immer sich am Anbeginn der Zeiten ereignet hatte, es hatte nicht nur Eva gegeben, sondern auch Adam! Wieso sollten allein die Frauen alle Schuld tragen?
    Marron fletschte so drohend die Zähne, als könne er Tiphanies Gedanken nachvollziehen. Der säuerliche Körpergeruch des Priesters missfiel ihm, und der fromme Mann bekreuzigte sich beim Anblick seines imponierenden Gebisses voller Hast.
    »Ihr seid die Dame mit dem Höllenhund, nicht wahr? Das Mündel von Dame Marthe de Branzel?«
    »Nein!« Tiphanie schüttelte in aufflammendem Trotz den Kopf, dass die Schleierenden flogen. »Ich bin nichts, Pater! Niemandes Tochter, niemandes Mündel und niemandes Weib. Ein Nichts, auf dem Weg in das Dunkel zurück. Komm, Marron! Gehabt Euch wohl, Pater, und betet für die noblen Herrschaften dieser Burg, die hinter Seide und Stahl Herzen aus Stein verbergen!«
    Verdutzt starrte der Geistliche dem Mädchen und dem Hund nach, die eilig über den Burghof davonliefen. Beide verschwanden zwischen den Reitern des Herzogs, dem Gesinde, den Händlern, den Besuchern und dem übrigen Volk, als habe er das Gespräch geträumt. Er bekreuzigte sich erneut und warf einen Blick zum Himmel, wo ein steifer Westwind graue Wolken landeinwärts trieb. Es war nur eine Frage der Zeit, bis Regen fiel. Besser, er brachte sich unter dem Dach der Kirche in Sicherheit. Was gingen ihn die Grillen einer Edeldame an, die in Rätseln sprach?
    »Seid Ihr die Dame, die aus Auray gekommen ist?«
    Tiphanie fuhr zusammen und starrte in das schmutzige Gesicht eines schäbig gekleideten Mannes, der sein durchlöchertes graues Gewand mit den Muscheln eines Santiago-Pilgers geschmückt hatte und ihr auffordernd seine hölzerne Bettelschüssel entgegenhielt. Da er ihr auf dem Vorwerk der Burg in den Weg trat, konnte sie nicht sagen, ob er von draußen oder aus den Ställen kam.
    »Es tut mir leid, ich hab’ nichts für dich!«, umging sie die direkte Antwort auf seine Frage. Sie deutete auf ihre Taille, an der kein Almosenbeutel, nicht einmal ein Täschchen hing.
    »Wenn Ihr die Dame aus Auray seid«, dämpfte der Bettelbruder seine Worte und sah sich vorsichtig um. »Dann hab’ ich eine Botschaft für Euch. Ich soll sagen, dass Ihr in die Schänke der Gerber an der alten Brücke über die Vilaine kommen sollt. Eine Frau namens Gradana erwartet Euch dort!«
    »Graciana?«, wiederholte Tiphanie verblüfft. Sie hatte die junge Novizin seit dem schlimmen Überfall auf Sainte Anne nicht mehr gesehen. 2 Wie kam sie nach Rennes? Woher wusste sie, dass ...
    »Halt! So warte doch, ich muss ...«
    Sie brach ab, der Pilger war in der Sekunde ihres Zögerns bereits verschwunden. Sie versuchte, ihm nachzulaufen, aber im Menschengewimmel des Torhauses fand sie keine Spur von ihm.
    Ehe sie die Aufmerksamkeit der Wachen des Herzogs erregte, entschied sie sich, ihren Weg auf eigene Faust fortzusetzen. Wenn Graciana ihr eine solche Botschaft schickte, durfte sie nicht säumen. Es gab ohnehin nichts, was sie in der Burg hielt, und Marron schien ihr auch auf diesem Weg Schutz genug. Man musste nur sehen, wie die Menschen auf respektvolle Distanz vor ihm gingen.
    Graciana! Der Name lenkte sie von dem Elend und dem Kummer ab, die in ihrem Herzen und in ihrem Kopf herrschten. Sie waren einander nicht sonderlich nahe gestanden, dafür hatte schon Mutter Elissa gesorgt, die keine Mädchenfreundschaften duldete. Aber das Wissen um gemeinsames Leid und gemeinsame Einsamkeit hatte sie in vielfältiger Weise verbunden. Vielleicht hatte Graciana ja einen Weg gefunden, in dieser verwirrenden Welt außerhalb von Sainte Anne zu überleben.
    Tiphanie tauchte gemeinsam mit Marron in das Leben der Stadt. Am frühen Nachmittag gehörte sie den Händlern und Handwerkern, den Bürgersfrauen und ihren Kindern. In Letztere setzte Tiphanie noch am ehesten Vertrauen, und sie fragte einen pfiffigen Burschen, der neben einer Garküche herumlungerte, aus der es verlockend duftete, nach der Schänke an der Vilaine-Brücke.
    »Das ist aber kein Wirtshaus für eine Dame«, entgegnete der Knabe neugierig. »Wollt Ihr nicht lieber zu Mutter Alice? Sie hat das beste

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