Tiphanie – Feuer der Sehnsucht
Neunaugen-Ragout von ganz Rennes in den Töpfen!«
»Ich möchte nicht essen, sondern jemanden treffen«, antwortete Tiphanie ungeduldig. »Erklär mir doch bitte den Weg!«
»Aber nur, wenn Ihr Euren Hund zurückhaltet«, sträubte sich der Junge. »Der sieht aus, als könne er unsereins mit einem Haps verspeisen ...«
»Sag schon!«
»Ich bring’ Euch hin!«
Die feinen Kleider und das sanfte Gesicht unter dem Schleier ließen ihn auf eine schöne Belohnung für den kleinen Dienst hoffen. Er sah enttäuscht aus, als Tiphanie ihn in Sichtweite der Schänke mit einem Dankeschön fortschickte, aber nach einem kurzen Blickwechsel mit Marron verzichtete er auf jeden Protest.
Sie kümmerte sich nicht um seine düstere Miene, sie ging geradewegs auf das wenig Vertrauen erweckende Haus zu. Es lehnte windschief und ärmlich an der Stadtmauer, als ob lediglich deren schwere Quader es davor bewahrten, in sich zusammenzusinken. Das eiserne Schild mit dem Trinkkrug über dem Eingang klapperte an einer rostigen Kette im Wind. Die Tür stand offen.
Tiphanie zögerte, dann nannte sie sich selbst eine Närrin. Was sollte ihr schon passieren, mit Marron an ihrer Seite? Niemand würde es auch nur wagen, ihr näher zu treten. Sie nahm ihren ganzen Mut zusammen und schritt über die Schwelle. Ein paar Stufen führten in das düstere Loch der Gaststube hinab, die auf den ersten Blick völlig menschenleer aussah.
Sie spürte, wie Marron erstarrte und keine Pfote weitergehen wollte, aber sie ließ das Halsband, das sie schon seit Stunden umklammerte, nicht einmal los, um ihre Röcke zu raffen. Sie zog ihn mit sich.
Es war zu dunkel, um zu sehen, ob der Boden sauber war, aber was sie roch, genügte bereits, um ihr die Kehle zuzuschnüren. Saurer Wein, Erbrochenes, schlechtes Fett, Kohlschwaden und noch etwa anderes, Grässliches, das sie kannte, aber nicht benennen konnte. Ihre fragende Stimme hörte sich sogar in den eigenen Ohren jämmerlich dünn und ängstlich an.
»Graciana?«
Ein Winseln und Aufheulen ließ sie herumfahren, und sie sah einen Schatten, unter dem Marron sich wild aufbäumte. Im selben Augenblick fiel dieser Schatten auch auf sie. Ein Sack, eine Pferdedecke, auf jeden Fall schweres Tuch, das sich erstickend über sie legte und ihren schwachen Schrei einfach erstickte. Sie hörte das Krachen eines Holzprügels und das schmerzvolle Aufheulen eines Hundes.
Marron! Sie schlugen Marron! Wie eine Furie begann sie, gegen den schweren Stoff zu kämpfen, aber er zog mit jeder Bewegung enger und erstickender um sie zusammen. Glühende Kreise tanzten vor ihren Pupillen, und ihre brennenden Lungen zogen sich vor Luftmangel zusammen. Schwärze senkte sich über sie herab.
Sie sackte in sich zusammen und war bereits bewusstlos, als sie wie ein Stück Ware auf dem schmutzigen Tisch zwischen Weinbechern und Würfeln ausgebreitet wurde. Eine lodernde Fackel warf helle Spuren auf ihr blasses, ebenmäßiges Gesicht mit den geschlossenen Augen.
»Donnerwetter, das ist wirklich eine kleine Heilige«, sagte einer der Männer beeindruckt und erntete einen vernichtenden Blick seines Anführers.
»Ein Weib!«, korrigierte Paskal Cocherel verdrießlich. »Wir werden sehen, ob es tatsächlich aus Sainte Anne d’Auray kommt. Es gibt Wege, eine jede von ihnen zum Sprechen zu bringen!«
Dröhnendes Gelächter antwortete ihm, und als es verebbte, blieb lediglich eine Frage übrig. »Was ist mit dem Kadaver des Köters? Die Bestie ist so groß und so schwer wie ein Kalb!«
»Werft ihn in den Fluss! Es regnet, er ist reißend genug, um jede Art von Unrat aus der Stadt zu spülen ... sollte man ihn wirklich irgendwann finden, kann keiner zurückverfolgen, wo er ins Wasser geworfen wurde. Auf diese Weise haben wir genügend Zeit, uns mit diesem kleinen Herzchen hier zu beschäftigen.«
Hauptmann Gordien hob den Schleier, der Tiphanies kurze, silberblonde Locken bedeckte und schnupperte lüstern daran.
»Eine feine Demoiselle, mit viel Rosenduft. Ich hätte nicht angenommen, dass es so einfach sein würde, sie aus der Burg zu locken. Wie einfältig von ihr, einem bettelnden Jakobspilger so viel Glauben zu schenken ...«
»Nimm deine Pfoten von ihr!«, fauchte der Herzog von St. Cado und unterstrich sein Verbot mit einem wuchtigen Fausthieb, der seinen Unterführer quer durch die Spelunke schleuderte. »Ich werde nicht zulassen, dass dieses Mal etwas schief läuft, ist das klar! Ich kümmere mich persönlich um die Kleine!«
Niemand
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