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Titan 01

Titan 01

Titel: Titan 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl , Wolfgang Jeschke
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Gesichtsausdruck falsch gedeutet. Es war durchaus nicht so, daß ich ihn in Verlegenheit gebracht hätte, sondern er hatte meine Ignoranz unterschätzt – einer seiner liebenswerteren Fehler.
    »Aber Charles«, sagte er, »gewiß stehen die transfiniten Zahlen für Mengen anderer Zahlen. Es geht darum, daß sie fü r sons t nicht s andere s stehen. Wir können jede endliche Zahl, sagen wir sieben, auf alles im Universum anwenden. Wir können zum Beispiel sieben Äpfel haben. Aber es gibt nicht Aleph‐eins Äpfel im Universum; es gibt nicht Aleph‐eins Atome im Universum; es gibt keine Entfernung im Universum, die Aleph‐eins Meilen mißt; und das Universum kann nicht Aleph‐eins Jahre bestehen.
    Die Zahl Aleph‐eins kann sich nur auf einen anderen Zahlenbegriff beziehen, und Zahlen sind etwas, das nur im Geist des Menschen existiert. Schau, Charles, wir wissen ja nicht einmal, ob es in der Natur überhaupt etwas wie Unendlichkeit gibt. Oder wir wußten es bis jetzt nicht. In diesem Augenblick existiert nicht einmal die Unendlichkeit.«
    Es war unbegreiflich, aber Rogge brachte es tatsächlich langsam fertig, daß ich mich irgendwie vernachlässigt zu fühlen begann, ein bißchen gekränkt, daß unser Universum etwas so Armseliges war. Ich sah mich um. Cyril Weaver saß am nächsten beim Radio, und von seinem furchigen Gesicht tropften Tränen auf seine Orden. John Boyd marschierte auf und ab und schlug mechanisch mit der Faust in seine linke Handfläche. Drüben in der Ecke neben dem Kamin befand sich Sir Leslie Crawford auf dem besten Weg in einen seiner schweigsamen Räusche, die damit zu enden pflegen, daß er mit einer Art gefrorenem Blick irgendeinen belanglosen Gegenstand fixiert, wie eine Teppichfranse oder die Stelle, an dem der Kellner einmal gestanden hatte. Er ist zwar Ihrer Majestät Unterstaatssekretär für die Luftverteidigung, aber in diesem scheußlichen Zustand berührt ihn nicht einmal der Weltuntergang.
    Offensichtlich hatten die Nachrichten nichts gebracht, das auch nur den leisesten Optimismus gerechtfertigt hätte. Da ich der einzige war – abgesehen von Lord Rogge –, der die Nachrichten nicht gehört hatte, würde ich wohl auch der einzige sein, der morgen noch mit einem Rest von Hoffnung das Radio aufdrehte.
    »Beinahe hättest du mich eingewickelt, George«, sagte ich. »Aber ich warne dich, meine Meinung über Medien und Spiritismus hat sich dadurch nicht im geringsten geändert. Deshalb sind deine Bemühungen von vorneherein zum Scheitern verurteilt.«
    »Mein Lieber, ich habe nicht die Absicht, von dir zu verlangen, daß du irgendetwas glaubst außer dem, was du mit eigenen Augen siehst. Diese Putzfrau ist, wie schon erwähnt, völlig ungebildet Sie besitzt jedoch zufällig eine wunderbare Gabe, aber sie hat nicht die leiseste Ahnung, was sie damit anfangen könnte. So beschränkt sie sich darauf, Séancen für ihresgleichen abzuhalten und sie verkauft diesen Narren geschriebene Nachrichten, die angeblich von den verblichenen Anverwandten ihrer Kunden stammen. Der übliche Schwindel.«
    »Kaum ein vielversprechender Anfang«, warf ich sarkastisch ein.
    »Nein, aber warte nur ab«, sagte Rogge. »Wie du weißt, interessiere ich mich für solche Dinge. Ich erfuhr durch die Psychical Research Society von der Frau. Anscheinend hatte sich eine ihrer Kundinnen beschwert. ›Der Onkel Willi, der hat nie nich’ so geredet. ‹ Na, ungefähr in der Richtung. Ich hätte mich um die Frau gar nicht gekümmert, hätte ich nicht eine jener ›Botschaften‹ zu Gesicht bekommen – und dann konnte ich es gar nicht erwarten, sie kennenzulernen.
    Sie war ziemlich eingeschüchtert, wie es diese Leute meist sind, wenn man vernünftiges Englisch spricht und Fragen stellt. Ich will mich nicht in Details ergehen, aber sie gab schließlich zu, daß sie einen recht einträglichen Schwindel aufgezogen hatte.«
    »Bemerkenswert.«
    »Das finde ich auch«, sagte Rogge mit einem leicht spöttischen Unterton, der anscheinend mir galt. »Jedenfalls, die Stimmen, die sie in ihrer Trance hört, sind nicht die Stimmen von Verwandten ihrer Nachbarn. Sie ist übrigens nicht einmal sicher, ob es Geisterstimmen oder die Stimmen von Menschen sind. Und sie versteht selbst nicht, was sie sagen. Sie schreibt es einfach nieder, und dann, wenn sie wieder bei Bewußtsein ist, versucht sie es so zurechtzudrehen, daß es irgendwie auf den betreffenden Kunden zutrifft.«
    Ich nehme an, meine Miene hatte begonnen, sich etwas

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