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Titan 02

Titan 02

Titel: Titan 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl , Wolfgang Jescke
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einen Routinevortrag über die Primärmaßnahmen bei einer neuen Typhusvariante anzuschließen.
    Mike Fosters Eltern stritten immer noch. »Wir müssen uns eines anschaffen«, sagte Ruth Foster entschieden. »Sonst ist der schöne neue Bunker völlig nutzlos. Es ist, als ob wir überhaupt keinen hätten. Die Bohrkapseln wurden eigens dafür entworfen, daß sie jede Oberfläche durchdringen und Wärmequellen suchen. Sobald die Russen sie in größeren Mengen herstellen…«
    »Ich kauf eins«, sagte Bob Foster. »Ich kauf ein Anti-Bohrkapsel-Gitter und was sie sich sonst noch alles ausdenken. Ich kauf alles, was sie nur auf den Markt bringen. Ich kauf mich tot, wenn’s sein muß.«
    »Du übertreibst mal wieder. So schlimm ist es nicht.«
    »Weißt du, in dieser Branche haben sie den Verkäufern von Autos und Fernsehern wirklich was voraus. Solche Sachen müsse n wir kaufen. Sie sind kein Luxus, nicht irgendein Glitzerding, mit dem man die Nachbarn beeindrucken will, etwas, das man nicht wirklich braucht. Wenn wir diese Sachen nicht kaufen, sind wir tote Leute. Es hieß immer, die beste Methode, etwas zu verkaufen, sei, die Menschen unsicher zu machen. Man braucht bloß ihr Selbstbewußtsein anzuknacken - ihnen nur zu sagen, daß sie komisch riechen oder seltsam aussehen. Aber mit dieser Methode jetzt kommen Deosprays und Frisiercremes nicht mehr mit. Gegen die kann sich keiner wehren. Wer nicht kauft, kommt um. Friß, Vogel, oder stirb. Der beste Werbeslogan aller Zeiten. Besorg dir einen glänzenden neuen General-Electronics-Wasserstoffbombenbunker für deinen Hinterhof oder laß dich abschlachten.«
    »Hör auf damit!« fauchte Ruth.
    Bob Foster ließ sich müde am Küchentisch nieder. »Schon gut. Ich geb’s auf. Ich mach alles mit, was sie sich noch ausdenken.«
    »Du wirst eins kaufen? Ich glaube, bis zu Weihnachten werden sie schon auf dem Markt sein.«
    »Oh, ja«, sagte Foster. »Bis zu Weihnachten sind sie auf dem Markt.« Ein sonderbarer Ausdruck lag auf seinem Gesicht. »Ich werd’ eins von diesen verdammten Dingern für Weihnachten kaufen, und jeder Bürger unserer schönen Stadt wird das gleiche tun.«
    Die GEC-Zusatzschutzgitter waren eine Sensation.
    Mike Foster wanderte langsam die menschenerfüllte Dezemberstraße entlang. Es dämmerte schon. In jedem Schaufenster glänzte zumindest ein Schutzgitter. Alle Formen und Größen gab es, für jede Art von Bunker. Und zu jedem Preis, für jedes Scheckheft passend.: Die Menschen waren heiter und aufgeregt, typische Weihnachtseinkäufer, die sich gutmütig durch das Gedränge schoben, mit Päckchen beladen, in dicke Wintermäntel gehüllt. Wirbelnder Schnee färbte die Luft weiß. Autokolonnen krochen vorsichtig durch die verstopften Straßen. Überall schimmerten Lichter und Leuchtreklamen und ungeheure, helle Schaufenster.
    Sein Zuhause war dunkel, da seine Eltern noch nicht heimgekommen waren. Beide arbeiteten noch im Geschäft; seine Mutter hatte die Arbeit eines Verkäufers übernehmen müssen, den sie sich wegen der schlechten Verkaufssituation nicht mehr leisten konnten. Mike legte seine Hand auf den Code-Öffner, und die Haustür ließ ihn ein. Die automatische Heizung hatte für angenehme Wärme gesorgt. Er zog den Mantel aus und räumte seine Schulsachen fort.
    Aber er blieb nicht lange im Haus. Sein Herz klopfte aufgeregt, als er durch die Hintertür auf den Hof hinauseilte.
    Dann zwang er sich, stehen zu bleiben, umzudrehen und ins Haus zurückzugehen. Er hatte mehr davon, wenn er es nicht übereilte. Er hatte jede Phase genau ausgearbeitet, vom ersten Augenblick an, da er den niedrigen Schachtabschluß vor dem Abendhimmel aufragen sah. Er hatte einen künstlerischen Genuß daraus gemacht, eine befriedigende Handlung, bei der jede Bewegung stimmte. Zuerst das überwältigende Vorgefühl, wenn der Schachtstutzen sichtbar wurde. Dann das erregende Zischen, mit dem der Lift hinunterschoß bis in den Bunker.
    Dann die Pracht und Herrlichkeit des Bunkers selbst.
    Jeden Nachmittag, sobald er heimkam, zog er sich in die Tiefe zurück, in die Geborgenheit des stählernen Schweigens, so wie er es an jenem ersten Tag getan hatte. Jetzt allerdings war der Raum fertig eingerichtet und mit Vorräten versehen. Konserven, Betten, Polster, Bücher, Videobänder, Tonbänder, hübsche Drucke an den Wänden, bunte Stoffe, weiche Oberflächen, Farben, ja sogar Vasen mit Blumen - alles war vorhanden. Der Bunker war sein Schlupfwinkel, wo er sich gemütlich und

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