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Titan 09

Titan 09

Titel: Titan 09 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg , Wolfgang Jeschke
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freundlich, aber er band ihre Schnürsenkel zu. »Abendessen schon fertig?«
    Emma nickte.
    »Zeig mir deine Hände!« Wie durch ein Wunder waren sie einigermaßen sauber, wenn auch wahrscheinlich nicht keimfrei. Scott betrachtete seine eigenen Pfoten nachdenklich und ging Grimassen schneidend ins Badezimmer, wo er sich flüchtig wusch. Die Kaulquappen hatten Spuren hinterlassen.
    Dennis Paradine und seine Frau Jane nahmen unten im Wohnraum einen Cocktail vor dem Abendessen.
    Er war ein Mann mittleren Alters mit graumeliertem Haar und hagerem Gesicht; er lehrte Philosophie an der Universität. Jane war klein, zierlich, dunkelhaarig und sehr hübsch. Sie schlürfte ihren Martini und sagte:
    »Neue Schuhe, gefallen sie dir?«
    »Das hier ist verbrecherisch«, murmelte Paradine abwesend. »Mhmm? Schuhe? Nicht jetzt. Warte, bis ich damit fertig bin. Ich hatte einen schlimmen Tag.«
    » Examensprüfungen?«
    »Ja. Heiß entbrannte Jugend, die sich auf die Menschheit stürzen will. Ich hoffe, sie sterben. In furchtbarem Todeskampf. Insh’ Allah!«
    »Ich möchte die Olive«, bat Jane.
    »Ich weiß«, sagte Paradine kläglich. »Seit Jahren habe ich keine mehr geschmeckt. In einem Martini, meine ich. Selbst wenn ich sechs in dein Glas fülle, wirst du nicht zufrieden damit sein.«
    »Ich will deine. Blutsbrüderschaft. Symbolismus. Deshalb.«
    Paradine beobachtete seine Frau unheilvoll und schlug seine langen Beine übereinander: »Das hört sich an, als wärst du einer meiner Studenten.«
    »Wie diese vorwitzige Betty Dawson vielleicht?« Jane machte Krallen. »Schaut sie dich immer noch so lüstern an?«
    »Das tut sie. Das Kind ist ein hübsches psychologisches Problem. Zum Glück aber nicht meins. Wenn sie es wäre…«Paradine nickte bedeutungsvoll. »Sex-Bewußtsein und zu viele Filme. Ich nehme an, sie glaubt immer noch, sie käme durch die Prüfung, indem sie mir ihre Knie zeigt. Die sind übrigens ziemlich knochig.«
    Jane rückte ihren Rock mit selbstzufriedenem Stolz zurecht. Paradine schälte sich aus dem Sessel und goß neue Martinis ein. »Ganz ehrlich, ich sehe keinen Sinn darin, diesen Affen Philosophie beizubringen. Sie haben alle das falsche Alter. Ihre Verhaltensmuster, ihre Denkmethoden sind schon festgefahren. Sie sind fürchterlich konservativ, würden es aber nie zugeben. Die einzigen Menschen, die Philosophie verstehen können, sind reife Erwachsene oder Kinder wie Emma und Scotty.«
    »Schreib Scotty aber nicht in dein Seminar ein«, bat Jane. »Er ist noch nicht weit genug für einen Doktor der Philosophie. Ich halte nichts von genialen Kindern, vor allem nicht, wenn es sich um meinen Sohn handelt.«
    »Scotty würde wahrscheinlich besser sein als Betty Dawson«, schnaufte Paradine.
    »›Er starb als geschwächter, alter, kindischer Greis im Alter von fünf Jahren‹«, zitierte Jane verträumt. »Ich will deine Olive haben.«
    »Hier. Übrigens, mir gefallen die Schuhe.«
    »Danke. Da kommt Rosalie. Abendessen?«
    »Es ist alles vorbereitet, Gnä’ Frau«, sagte Rosalie mit flatternder Stimme. »Ich werde Fräulein Emma und Herrn Scotty rufen.«
    »Ich hole sie.« Paradine steckte den Kopf durch die nächste Tür und brüllte: »Kinder! Kommt rein!«
    Kleine Füße polterten die Stufen herunter. Scott stürmte ins Blickfeld, geschrubbt und glänzend, eine widerspenstige Haarsträhne zeigte steil nach oben. Emma folgte, sie stieg vorsichtig die Stufen hinab. In der Mitte der Treppe gab sie die Bemühung auf, aufrecht hinunterzugehen. Sie drehte sich herum und legte den Rest des Wegs wie ein Affe zurück. Ihr schmaler Rücken gab einen Eindruck davon, mit welcher Sorgfalt ihre Hände zu Werke gingen. Paradine beobachtete dieses Schauspiel fasziniert, bis er von seinem Sohn mit einem Stoß zurückgeworfen wurde.
    »Hallo, Vati!« schrie Scott.
    Paradine konnte sich im letzten Moment halten und sah Scott würdevoll an: »Selber hallo. Hilf mir, zum Tisch zu gehen. Du hast mindestens eins meiner Hüftgelenke ausgerenkt.«
    Aber Scott sauste schon ins nächste Zimmer, wo er auf Janes neue Schuhe trat, eine Entschuldigung hervorsprudelte, und dann zu seinem Platz am Eßtisch rannte. Paradine zog eine Augenbraue hoch, als er hinterherging, während Emmas Patschhändchen verzweifelt seinen Zeigefinger festhielten.
    »Ich frage mich, was mit dem kleinen Teufel los ist.«
    »Nichts Gutes, wahrscheinlich«, seufzte Jane. »Hallo, Liebling, zeig deine Ohren.«
    »Sie sind sauber. Mickey hat sie

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