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Titan 09

Titan 09

Titel: Titan 09 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg , Wolfgang Jeschke
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anzeigten. Dieser Schleier war der Crab-Nebel, sechs Lichtjahre lang und dreieinhalb durchmessend, und er hatte seinen Namen von irdischen Astronomen deswegen erhalten, weil seine Form der einer Krabbe glich. Er war eine Gaswolke, eine Zusammenballung feinster Materieteilchen, dessen Spiralarme wie die Beine jenes Meerestierchens wirkten, nach dem sie benannt worden war. Und tief in seinem Innern leuchteten zwei Sonnen. Es war ein Doppelstern: während der erste die vertraute, gelbe Farbe Sols besaß, schien die andere in einem grellen Weiß.
    Nachdenklich sagte Tommy Dort: »Wir fliegen genau in den Nebel hinein, Sir.«
    Der Kapitän betrachtete eingehend die letzten von Tommy gebrachten Fotos und legte sie zur Seite. Dann wandte er sich wieder der nervenaufreibenden Tätigkeit zu, die er beim Eintreten Tommys unterbrochen hatte. Sie bestand in der Beobachtung der Bildschirme.
    Die Llanvabon war jetzt dabei, die Fahrt mit aller Kraft zu drosseln, da sie nur noch ein halbes Lichtjahr vom Crab-Nebel entfernt war. Es war Tommys Aufgabe gewesen, das Schiff bis hierhin zu führen, und nun, wo das Ziel erreicht war, gab es für ihn nicht mehr sonderlich viel zu tun. Den Rest der Zeit auf dem Forschungskreuzer würde er mit Nichtstun verbringen, ohne ein schlechtes Gewissen zu entwickeln. Immerhin hatte er für sein Gehalt etwas geleistet.
    Tommy hatte etwas Einmaliges getan: er hatte eine komplette fotografische Sammlung von der Bewegung des Nebels während einer Lebensperiode von viertausend Jahren angelegt, und das allein war schon die lange Reise von der Erde bis hierher wert gewesen. Und zusätzlich hatte er die Lebensgeschichte der Doppelsonne auf Film gebannt. Die allmähliche Degeneration eines Sterns zu einem weißen Zwerg.
    Dennoch war Tommy natürlich keine viertausend Jahre alt. Ganz im Gegenteil: er war gerade in den Zwanzigern. Aber der Crab-Nebel ist viertausend Lichtjahre von der Erde entfernt, und die beiden letzten Aufnahmen zeigten ihn so, wie er in viertausend Jahren von der Erde aus gesehen werden würde. Auf dem Flug hierher – der mit einer Geschwindigkeit erfolgt war, welche die des Lichts um das Zehntausendfache übertraf – war es ihm gelungen, eine viertausendjährige Sternengeschichte in wenigen Monaten auf Platten zu bannen.
    Die Llanvabon schwebte durch das Sternenmeer. Langsam, sehr langsam verschob sich der leuchtende Nebel auf den Visischirmen. Er füllte sie nun zur Hälfte aus und degradierte das übrige Universum zu einem Randfaktor. Vor ihnen breitete sich ein milchiger Schein aus, hinter ihnen war nur noch sternengefüllte Leere. Nur wenige hinter dem Nebel liegende Sonnen konnten die Ränder der Gaswolke mit ihrem Leuchten durchdringen. Es waren die größten Sterne, die dies schafften, und es waren nur sehr wenige. Die Llanvabon tauchte in den Nebel ein, und es schien, als bewege sie sich in einem Tunnel voller Finsternis, dessen Wände aus wabernden Schleiern bestanden.
    Weiter und weiter drang das Schiff vor. Bereits die aus großer Entfernung geschossenen Fotos hatten offenbart, daß es innerhalb des Nebels strukturelle Formen gab. Er war nicht amorph. Als sie näher kamen, erkannten sie deutlich, daß die Strukturen immer besser sichtbar wurden. Tommy hatte bereits vor ihrer Ankunft darum gebeten, einen anderen Kurs zu fliegen, da er vorhatte, diese Phänomene mit seiner dreidimensionalen Kamera von verschiedenen Orten aus aufzunehmen. Die Strukturen, die sie bereits aus der Ferne wahrgenommen hatten, waren Dunkelarme, Tiefen, die in den Schleier hineinragten und völlig schwarz und bar jeder Materie waren. Und je weiter sie eindrangen, desto klarer wurde ihnen, daß die Tiefen einer Eigenbewegung unterworfen waren, daß sie pulsierten und sich veränderten. Man hatte sie ›Tiefen‹ genannt, weil sie irgendwie an jene Gräben auf dem Boden irdischer Ozeane erinnerten. Und sie schienen nützlich zu sein.
    Der Kapitän entspannte sich. Es war eine von seinen Aufgaben, Schwierigkeiten von vornherein zu erkennen und weitgehend auszuschalten, und da der Mann äußerst gewissenhaft zu Werke ging, atmete er erst auf, nachdem die Instrumente ihm bestätigt hatten, daß ihnen hier keine Gefahr drohte.
    »Es bestand immerhin die Möglichkeit«, sagte er, »daß die Tiefen aus nichtleuchtendem Gas bestanden. Aber sie sind leer. Das bedeutet, daß wir auch weiterhin mit Überlichtgeschwindigkeit fliegen können, solange wir uns im Nebel aufhalten.«
    Um in die Nähe des Doppelsterns zu

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