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Titan 12

Titan 12

Titel: Titan 12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Bova , Wolfgang Jeschke
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noch mehr erschreckte mich der brennende Haß in seinen Augen.«
    Der Alte erschauderte auch jetzt noch bei diesem Gedanken.
    »Nie wieder habe ich einen solch monströsen, unaussprechlichen Haß gesehen, nicht einmal bei den Opfern der Kriege. Nie wieder habe ich solch haßerfüllte Worte vernommen wie die, die er mir zuschrie. ›Ich komme, um dich zu töten, Sledge. Um deine Maschinen zu vernichten und die Menschen zu befreien.‹
    Natürlich unterlag er da einem Irrtum. Es war schon bei weitem zu spät, um durch meinen Tod die Humanoiden zu stoppen, aber das wußte er nicht. Er packte die Pistole mit beiden Händen und drückte ab.
    Sein Haßgebrüll hatte mir einen Sekundenbruchteil Zeit gegeben. Ich duckte mich hinter den Schreibtisch. Der erste Schuß alarmierte die Humanoiden, die ihn vorher irgendwie nicht bemerkt hatten. Bevor er noch einmal abdrücken konnte, hatten sie ihn schon ergriffen. Sie nahmen ihm die Pistole ab und entfernten ein seltsames Netz aus dünnem weißen Draht von seinem Körper, das Teil seiner Schutzvorrichtung gewesen sein mußte.
    Sein Haß hat mich aus meinem Traum gerissen. Ich hatte immer geglaubt, die meisten Menschen – bis auf ein paar ewige Querulanten oder verhinderte Ausbeuter – würden den Humanoiden dankbar sein. So war es für mich nicht einfach, seinen Haß zu verstehen, bis die Humanoiden mir berichteten, daß es nötig gewesen sei, viele Menschen auf dem Wege der Gehirnchirurgie, der Hypnose oder mit Drogen unter der Primären Direktive glücklich zu machen. Das war nicht der erste verzweifelte Versuch gewesen, mich zu töten, aber alle anderen hatten sie ohne mein Wissen abgewehrt.
    Ich wollte den Fremden befragen, aber die Humanoiden hatten ihn schon in einen Operationssaal geschafft. Als sie mich schließlich zu ihm ließen, lächelte er mir aus seinem Bett dümmlich an. Er erinnerte sich an seinen Namen und kannte mich sogar noch – die Technik der Humanoiden ist in solchen Belangen sehr weit fortgeschritten. Aber er konnte nicht mehr sagen, wie er in mein Büro gelangt war und wußte nicht mehr, daß er mich hatte töten wollen. Er flüsterte immer wieder, daß er die Humanoiden liebte, da sie den Menschen Frieden brächten und daß er nun glücklich sei. Sobald er wieder transportfähig war, brachten sie ihn zum Raumhafen. Ich habe ihn nie mehr gesehen.
    Nun begann ich zu begreifen, was ich getan hatte. Die Humanoiden hatten für mich einen rhodomagnetischen Raumkreuzer gebaut, den ich für lange ziellose Flüge im All zu benutzen pflegte, wenn ich allein sein wollte – ich mochte die völlige Ruhe und das Gefühl, der einzige Mensch innerhalb von ein paar Millionen Kilometern zu sein. Nun bestieg ich den Kreuzer und begab mich auf einen Flug rund um den Planeten, um zu erfahren, weshalb die Menschen mich haßten.«
    Der Alte nickte zu den schlanken, herumhastenden Gestalten hinüber, die immer noch an dem leuchtenden Palast auf der anderen Straßenseite bauten.
    »Sie können sich vorstellen, was ich herausfand«, sagte er. »Bittere Nutzlosigkeit der im hohlen Glanz Gefangenen. Die Humanoiden waren in ihrem Streben nach Sicherheit und Glück für die Menschen zu erfolgreich gewesen. Die Menschen hatten einfach nichts mehr zu tun.«
    Er starrte auf seine Hände, die zwar noch kraftvoll, aber von lebenslanger Arbeit zerschrammt und runzlig waren. Nun ballte er sie zu Fäusten und entspannte sie gleich darauf müde und hilflos.
    »Ich habe etwas Schlimmeres als Krieg und Verbrechen und Entbehrungen und Tod gefunden.« Seine tiefe Stimme klang verbittert. »Völlige Nutzlosigkeit. Die Menschen waren untätig, weil ihnen nichts anderes übrigblieb. In Wirklichkeit waren sie umhegte Gefangene, eingesperrt in einem weltweiten, perfekten Gefängnis. Vielleicht versuchten sie zu spielen, aber es gab nichts mehr, um das man spielen konnte. Die meisten Sportarten waren für zu gefährlich für den Menschen erklärt worden. Die Primäre Direktive verbot die Wissenschaften, da Laborarbeit Gefahren in sich birgt. Schulen waren überflüssig, da die Humanoiden jede Frage beantworten konnten. Die Kunst war zu einer grimmigen Reflexion der Untätigkeit degeneriert. Wünsche und Hoffnungen waren erstickt. Das Leben hatte kein Ziel mehr. Man konnte einem ungefährlichen Hobby nachgehen, uninteressante Kartenspiele spielen, einen harmlosen Spaziergang im Park unternehmen, und immer waren die Humanoiden dabei und beobachteten. Sie waren stärker als die Menschen, konnten alles

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