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Titan 12

Titan 12

Titel: Titan 12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Bova , Wolfgang Jeschke
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Rosa ersetzt worden. Ein Verband bedeckte den Hinterkopf.
    Underhill räusperte sich unbehaglich. »Oh«, meinte er schwach, »ich hatte gar nicht gewußt…«
    Eine andere schwarze Maschine, die wie eine Statue hinter dem Bett stand, wandte sich mit einer fließenden Bewegung zu Underhill. »Mr. Sledge litt seit vielen Jahren an einem gutartigen Tumor im Gehirn«, erklärte sie, »den menschliche Ärzte nicht entdecken konnten. Dadurch entstanden Kopfschmerzen und gewisse hartnäckige Halluzinationen. Wir haben das Geschwür entfernt. Nun sind die Halluzinationen auch verschwunden.«
    Underhill warf dem blinden Humanoiden einen mißtrauischen Blick zu. »Was für Halluzinationen?« fragte er.
    »Mr. Sledge glaubte, er sein ein Rhodomagnetismus‐Ingenieur«, erklärte die Maschine. »Er glaubte tatsächlich, daß er der Schöpfer der Humanoiden sei und litt an der irrationalen Auffassung, daß die Primäre Direktive etwas Hassenswertes sei.«
    Der Alte drückte sich erstaunt von dem Kissen hoch. »Wirklich?« Das hagere Gesicht wirkte heiter und gelöst, aber irgendwie leer, und die tiefliegenden Augen flackerten nur in flüchtigem Interesse auf. »Nun, wer immer sie entworfen hat, es sind einfach wunderbare Geschöpfe, nicht wahr, Mr. Underhill?«
    Underhill war dankbar, daß er nicht antworten mußte, denn die hellen, aber leeren Augen schlossen sich unvermittelt, und der Alte schlief ein. Eine Maschine berührte ihn am Ärmel und nickte stumm. Underhill folgte ihr gehorsam hinaus.
    Aufmerksam und besorgt begleitete ihn der Humanoide den Korridor entlang, holte den Fahrstuhl für ihn und führte ihn zum Wagen. Er fuhr ihn vorsichtig durch die neuen hellen Prachtstraßen zu dem prächtigen Gefängnis, das einst sein Heim gewesen war.
    Underhill saß neben dem Humanoiden und beobachtete die kleinen, geschickten Hände am Steuerrad, das Bronze und Blau auf dem leuchtenden Schwarz. Die endgültige Maschine, perfekt und wunderschön, dazu geschaffen, der Menschheit für immer zu dienen. Er erschauderte.
    »Zu Ihren Diensten, Sir.« Obwohl die blinden Stahlaugen geradeaus sahen, schienen sie auch Underhill unter Beobachtung zu halten. »Stimmt etwas nicht, Sir? Sind Sie nicht glücklich?«
    Ein kalter Schauer des Schreckens lief über seinen Rücken, und er bekam eine Gänsehaut. Seine schweißnassen Hände spielten am Türknopf des Wagens herum, aber er unterdrückte den Impuls, herauszuspringen und fortzulaufen. Das war Irrsinn. Es gab kein Entkommen. Er blieb still sitzen.
    »Sie werden glücklich sein, Sir«, versprach ihm die Maschine fröhlich. »Wir haben gelernt, alle Menschen unter der Primären Direktive glücklich zu machen. Von nun an werden unsere Dienste vollkommen sein. Sogar Mr. Sledge ist jetzt glücklich.«
    Underhill versuchte zu sprechen, bekam aber keinen Ton aus seiner trockenen Kehle heraus. Er fühlte sich krank. Die Welt schien ihm mit einemmal unerträglich grau und düster. Keine Frage – die Humanoiden waren perfekt. Sie hatten sogar gelernt zu lügen, um der Glückseligkeit der Menschen zu dienen.
    Denn er wußte, daß sie gelogen hatten. Sie hatten keinen Tumor aus Sledges Gehirn entfernt, sondern sein Gedächtnis, sein technisches Wissen und die bittere Enttäuschung ihres eigenen Schöpfers. Dennoch war Sledge jetzt glücklich, wie er selbst gesehen hatte.
    Er versuchte, das Zittern seiner Hände unter Kontrolle zu bekommen.
    »Eine wunderbare Operation!« Seine Stimme klang gezwungen und schwach. »Du weißt, daß Aurora schon seltsame Untermieter gehabt hat, aber dieser alte Mann war wirklich der Gipfel. Die Idee, er habe die Humanoiden erschaffen und wüßte, wie man sie stoppen könnte! Ich habe immer schon gewußt, daß er ein Lügner war.«
    Steif vor Schrecken lachte er gezwungen auf.
    »Stimmt etwas nicht, Mr. Underhill?« Die aufmerksame Maschine mußte sein Zittern bemerkt haben. »Fühlen Sie sich nicht wohl?«
    »Doch, es ist alles in Ordnung mit mir«, sagte er verzweifelt. »Alles in Ordnung. Ich habe nur gerade entdeckt, daß ich unter der Primären Direktive völlig glücklich bin. Alles ist einfach herrlich!« Seine Stimme war trocken, heiser und schrill vor Angst. »Ihr werdet mich nicht operieren müssen.«
    Der Wagen bog in die prächtige Einfahrt ein. Er war zu Hause in seinem glänzenden Gefängnis. Er entspannte seine zur Nutzlosigkeit verdammten Hände und faltete sie auf den Knien. Nun konnte er nichts mehr tun.
     
    Aus dem Amerikanischen übersetzt von Uwe

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