Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Titan 12

Titan 12

Titel: Titan 12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Bova , Wolfgang Jeschke
Vom Netzwerk:
Trotzdem war dies der Alptraum seines ganzen Berufsstandes – daß ein Fund während jener fünf Minuten auftauchte, in denen man die Kanzel verließ, um einen Schluck Kaffee zu trinken, weil man einfach davon überzeugt war, daß der Raum leer war. Und solche Alpträume waren auch schon so manches Mal in Erfüllung gegangen.
    Rioz schaltete den Mehrkanalsucher ein. Das war Energievergeudung, aber in diesem Augenblick konnte er einfach nicht anders.
    Abgesehen von den weit entfernten Echos der benachbarten Schiffe der Müllroute.
    Er schaltete das Interkom ein, und er blonde, langnasige Kopf von Richard Swenson, dem Copiloten des nächsten Schiffes marswärts, füllte den Bildschirm.
    »He, Mario«, sagte Swenson.
    »Tag. Was Neues?«
    Zwischen dieser Frage und Swensons Antwort verstrich eine reichliche Sekunde, da elektromagnetische Strahlung sich nicht mit unbegrenzter Geschwindigkeit ausbreitet.
    »Mann, habe ich einen Tag gehabt.«
    »Ist etwas passiert?« fragte Rioz.
    »Ich habe einen Fund gemacht.«
    »Nun, gut.«
    »Sicher, wenn ich ihn eingeholt hätte«, meinte Swenson mürrisch.
    »Was war denn?«
    »Verdammt, ich bin in die falsche Richtung geflogen.«
    Rioz kam gar nicht auf die Idee, zu lachen. Er fragte nur: »Wie hast du das angestellt?«
    »War nicht meine Schuld. Das Ärgerliche ist, daß das Gehäuse sich außerhalb der Ekliptik bewegte. Kannst du dir vorstellen, wie blöd ein Pilot sein muß, der nicht einmal das Ablösemanöver beherrscht? Wie sollte ich das wissen? Ich hatte die Distanz des Gehäuses und habe es dabei belassen. Ich hab natürlich angenommen, daß es sich auf einem der üblichen Orbits bewegte. Hättest du das nicht genauso gemacht? Ich fuhr auf einem vernünftigen Schnittkurs los – einem, den ich für vernünftig hielt –, und es dauerte fünf Minuten, bis mir auffiel, daß die Distanz immer noch zunahm. Die Radarsignale brauchten natürlich auch ihre Zeit. Und dann hab ich Winkelprojektionen aufgenommen, und da war es schon zu spät, das Ding noch einzuholen.«
    »Hat einer der anderen Boys eine Chance?«
    »Nein. Es fliegt außerhalb der Ekliptik und wird ewig weiterfliegen. Das ist es gar nicht, was mich stört. Es war nur ein Innengehäuse. Aber du kannst dir vorstellen, wieviel Tonnen Treibstoff ich verschwendet habe, zuerst Tempo aufnehmen und dann wieder zur Station zurückkehren. Du hättest Canute hören sollen.«
    Canute war Richard Swensons Bruder und Partner.
    »Böse, was?« sagte Rioz.
    »Böse? Umgebracht hätte er mich am liebsten! Aber wir waren schließlich auf fünf Monate draußen, und jetzt fängt’s an, unangenehm zu werden. Du weißt ja, wie es ist.«
    »Ja, ich weiß.«
    »Wie geht’s dir, Mario?«
    Rioz tat so, als wollte er ausspucken.
    »Ich habe von diesem Trip diesmal auch genug. Zwei Gehäuse in den letzten zwei Wochen, und jedes mußte ich sechs Stunden lang verfolgen.«
    »Große?«
    »Du machst wohl Witze? Mit der Hand hätte ich sie zum Phobos schleppen können. Das ist der schlimmste Trip, den ich je hatte!«
    »Wie lange bleibst du noch draußen?«
    »Wenn es nach mir ginge, könnten wir morgen umkehren. Wir sind erst zwei Monate unterwegs, und ich hacke die ganze Zeit auf Long herum.«
    Diesmal dauerte die Pause noch länger, als man der Ausbreitungsgeschwindigkeit der elektromagnetischen Wellen zuschreiben konnte.
    Dann fragte Swenson: »Wie ist er denn? Long, meine ich.«
    Rioz sah sich um. Er konnte das Murmeln des Fernsehers in der Kombüse hören. »Ich kapier’ ihn nicht ganz. Etwa eine Woche nach dem Start fragte er mich: ›Mario, warum bist du Müllsammler?‹ Ich seh ihn bloß an und sage ›um meinen Lebensunterhalt zu verdienen. Warum meinst du denn?‹ Ich meine, was für ‘ne saublöde Frage ist das denn? Warum ist jemand denn Müllsammler?
    Er sagt jedenfalls, ›Das ist es nicht, Mario.‹ Er sagt das mir , verstehst du. Er sagt: ›Du bist Müllsammler, weil du Marsianer bist, weil das zur Lebensphilosophie des Mars gehört.‹ Lebensphilosophie!«
    »Und was hat er damit gemeint?« fragte Swenson.
    Rioz zuckte die Achseln. »Hab ihn nie gefragt. Im Augenblick sitzt er in der Kombüse und hört sich die Ultra‐Mikrowellensendung von der Erde an. Irgendeinen Flachländer hört er sich an. Hilder heißt er.«
    »Hilder? Ein Flachland‐Politiker oder ein Senator oder so etwas, nicht?«
    »Richtig. Ich glaube wenigstens, daß es so ist. Long tut immer solche Dinge. Er hat acht Kilo Bücher mit an Bord geschleppt, alle

Weitere Kostenlose Bücher