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Titan 12

Titan 12

Titel: Titan 12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Bova , Wolfgang Jeschke
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verschütten. Die Skala kreiste. Dann schraubte er den Deckel wieder auf.
    Long reichte ihm die Münzen und nahm die Flasche. Nun hing sie angenehm schwer an seiner Hüfte. Es galt als unschicklich, eine Familie ohne volle Flasche zu besuchen. Bei den Kollegen machte das nichts aus. Wenigstens nicht so viel.
    Er trat in das Vestibül von Nummer 27, stieg ein paar Treppen empor und wollte schon klingeln, als er die Stimmen hörte.
    Es war eine Frauenstimme, etwas schrill. »Du mußt natürlich deine Müllsammler‐Freunde einladen, ja? Ich soll wohl noch dankbar sein, daß du zwei Monate im Jahr zu Hause bist. O ja, es reicht schon, wenn du ein oder zwei Tage mit mir verbringst. Dann ziehst du schon wieder die Gesellschaft der Müllsammler vor.«
    »Ich bin jetzt wahrhaft schon lange zu Hause«, grollte eine männliche Stimme, »aber um Himmels willen, jetzt hör schon auf, Dora. Die sind gleich da.«
    Long beschloß, etwas zu warten, ehe er klingelte. Das gab ihnen die Chance, sich ein neutraleres Thema zu suchen.
    »Ist mir doch egal, wenn die kommen!« konterte Dora. »Die sollen mich ruhig hören. Ich hätte nichts dagegen, wenn der Kommissar das Moratorium überhaupt nicht mehr aufheben würde. Hast du gehört?«
    »Und wovon würden wir leben?« fragte die Männerstimme hitzig. »Kannst du mir das vielleicht sagen?«
    »Natürlich kann ich das. Du könntest dir hier auf dem Mars deinen Lebensunterhalt verdienen, wie jeder andere auch. Ich bin im ganzen Haus die einzige Müllsammlerwitwe. Das bin ich doch – eine Witwe. Schlimmer, als eine Witwe, denn wenn ich eine Witwe wäre, hätte ich wenigstens die Chance, einen anderen zu heiraten. – Was hast du gesagt?«
    »Nichts. Gar nichts.«
    »Oh, ich weiß schon, was du gesagt hast. Jetzt hör mir mal zu, Dick Swenson…«
    »Ich habe nur gesagt«, schrie Swenson, »daß ich es weiß, warum Müllsammler normalerweise nicht heiraten.«
    »Das hättest du auch nicht sollen. Ich bin es leid, daß jeder Nachbar mich bedauert und grinst und fragt, wann du wieder mal nach Hause kommst. Andere Leute sind auch Bergwerksingenieure und Verwaltungsangestellte, und selbst Tunnelbohrer. Die Frau eines Tunnelbohrers hat wenigstens ein anständiges Familienleben, und ihre Kinder wachsen nicht wie Vagabunden auf. Es ist genauso, als ob Peter keinen Vater hätte…«
    Eine dünne Knabenstimme drang durch die Tür. Sie klang etwas entfernter, als käme sie aus einem anderen Zimmer. »He, Mutti, was ist das, ein Vagabund?«
    Doras Stimme wurde schriller. »Peter! Kümmere du dich um deine Hausaufgaben.«
    »So sollte man nicht vor dem Kind reden«, sagte Swenson mit leiser Stimme. »Was der sich von mir denken muß!«
    »Dann bleib doch zu Hause und bring ihm bei, was er denken soll.«
    Wieder war Peters Stimme zu hören: »He, Mutti, wenn ich groß bin,
    werde ich Müllsammler.«
    Schritte waren zu hören. Einen Augenblick herrschte Stille und dann, schrill: »Mutti! Hör auf! Laß mein Ohr los! Was habe ich denn gemacht?« Dann wieder Stille.
    Long nutzte die Chance. Er drückte kräftig auf den Klingelknopf.
    Swenson öffnete die Tür und strich sich mit beiden Händen das Haar zurecht.
    »Hallo, Ted«, sagte er halblaut. Und dann laut: »Ted ist hier, Dora. Wo ist Mario, Ted?«
    »Er kommt gleich«, sagte Long.
    Dora kam aus dem Nebenzimmer, eine kleine, dunkle Frau mit etwas verkniffenen Gesichtszügen und aus der Stirn gekämmtem Haar, das die ersten grauen Strähnen zeigte.
    »Hallo, Ted. Hast du schon zu Abend gegessen?«
    »Danke, ja. Ich hab’ euch doch nicht gestört, oder?«
    »Ganz und gar nicht. Wir sind schon seit einer Ewigkeit fertig. Möchtest du einen Schluck Kaffee?«
    »Ich glaube schon.« Ted nahm seine Flasche vom Gürtel und reichte sie ihr hin.
    »Oh, du meine Güte, das wäre doch wirklich nicht nötig gewesen.
    Wir haben genügend Wasser.«
    »Ich bestehe aber darauf.«
    »Nun dann…«
    Sie ging in die Küche zurück. Durch die Pendeltür konnte Long die Teller in einer Wanne mit Secoterg stehen sehen, dem ›wasserlosen Reiniger, der blitzschnell Schmutz und Fett absorbiert. Zehn Gramm Wasser säubern einen Quadratmeter Geschirrfläche blitzeblank. Secoterg. Secoterg macht sauber, läßt Teller glänzen, vermeidet Wasserverschwendung…‹
    Die Melodie hallte in seinem Kopf nach, und Long sagte etwas, nur um sie zum Verstummen zu bringen. »Wie geht’s Pete?« erkundigte er sich.
    »Gut, gut. Der Junge ist jetzt in der vierten Klasse. Weißt du, ich

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