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Titan 12

Titan 12

Titel: Titan 12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Bova , Wolfgang Jeschke
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heller war als Jupiter: der Planet Saturn, zuerst ein strahlender Punkt und dann ein ovaler, leuchtender Fleck.
    (»Warum oval?« fragte jemand, und nach einer Weile sagte jemand anderer: »die Ringe natürlich«, und dann war es allen selbstverständlich.)
    Gegen Ende schwebten alle im Weltall und beobachteten unablässig den Saturn.
    (»He, du Knilch, komm wieder herein, verdammt. Du hast Dienst.« »Wer hat Dienst? Nach meiner Uhr habe ich noch fünfzehn Minuten.« »Du hast deine Uhr zurückgestellt. Außerdem habe ich dir gestern zwanzig Minuten geschenkt.« »Du würdest nicht einmal deiner Großmutter zwei Minuten schenken.« »Komm herein, verdammt, sonst komme ich trotzdem raus.« »Schon gut, ich komm’ ja schon. Wie man nur wegen einer lausigen Minute ein solches Theater machen kann.« Aber der Streit wurde nie ernst. Das war gar nicht möglich – im Weltraum. Dazu fühlten sich alle viel zu wohl.)
    Der Saturn wuchs, bis er am Ende mit der Sonne in Wettbewerb trat und sie schließlich übertraf. Die Ringe, die senkrecht zu ihrer Anflugbahn standen, umhüllten den Planeten, und nur ein kleines Stück von ihnen war verdunkelt. Und als sie dann näher kamen, wurde der Bogen der Ringe immer weiter, verengte sich aber gleichzeitig, als der Anflugwinkel abnahm.
    Die größeren Monde tauchten wie träge Glühwürmchen am Himmel auf.
    Mario Rioz war froh, wieder wach zu sein, weil er so das Schauspiel wieder genießen konnte.
    Der Saturn füllte den halben Himmel; orangefarbene Streifen überzogen ihn, und der Nachtschatten schnitt von rechts ein Viertel heraus. Zwei runde kleine Punkte vor dem hellen Hintergrund waren die Schatten von zwei Booten. Links und hinter ihm (er blickte über die linke Schulter, und während er das tat, drehte sich sein Körper automatisch etwas nach rechts, um sein Trägheitsmoment zu bewahren) lag der weiße Diamant der Sonne.
    Aber am liebsten sah er die Ringe an. Sie tauchten links hinter dem Saturn auf, ein schmales, helles, dreifaches, orangerotes Band. Zur Rechten verschwamm ihr Anfang im Nachtschatten, war dafür aber näher und breiter. Und dann weiteten sie sich aus, wie ein Horn, wurden dunstiger, je näher sie kamen, bis sie, während das Auge ihnen noch folgte, den ganzen Himmel zu füllen schienen und sich darin verloren.
    Aus der Position der Raumschiff‐Flotte, am Rand des äußersten Ringes gesehen, brachen die Ringe auseinander und zeigten ihre wahre Identität: eine phänomenale Ansammlung massiver Fragmente, nicht feste Bänder aus Licht, als die sie zunächst erschienen waren.
    Unter ihm, oder besser gesagt, in der Richtung, in die seine Füße wiesen, vielleicht dreißig Kilometer entfernt, war eines der Ringfragmente. Es sah wie ein großer unregelmäßiger Fleck aus, wie eine Störung in der Symmetrie des Weltraums, und der Nachtschatten schnitt wie ein Messer hinein. Andere Fragmente waren etwas weiter entfernt, schimmerten wie Sternenstaub, bis sie, wenn man ihnen mit dem Auge weiter nach unten folgte, wieder Ringe wurden.
    Die Fragmente schienen unbewegt, aber das kam daher, daß die Schiffe in einen Orbit um den Saturn eingeschwenkt waren, der dem des Außenrandes der Ringe entsprach.
    Gestern, überlegte Rioz, war er auf jenem Fragment gewesen und hatte mit vielleicht zwanzig seiner Kollegen daran gearbeitet, das Fragment in die gewünschte Form zu schmelzen. Morgen würde er wieder dran sein.
    Heute – heute schwebte er im Weltraum.
    »Mario?« Die Stimme erklang fragend in seinem Kopfhörer.
    Einen Augenblick war Rioz verärgert. Ihm war jetzt nicht nach Gesellschaft zumute.
    »Ja«, sagte er.
    »Ich dachte, ich hätte dein Schiff angepeilt. Wie geht’s?«
    »Gut. Bist du das, Ted?«
    »Ja«, sagte Long.
    »Stimmt etwas mit dem Fragment nicht?«
    »Nein, alles in Ordnung. Ich bin hier draußen und schwebe.«
    »Du?«
    »Gelegentlich erwischt es mich auch. Schön, nicht wahr?«
    »Hübsch«, pflichtete Rioz ihm bei.
    »Weißt du, ich habe Bücher von der Erde gelesen…«
    »Flachländer‐Bücher meinst du.«
    Rioz gähnte. Er fühlte sich so herrlich, daß es ihm beinahe Mühe bereitete, genügend Abscheu in den Ausdruck zu legen.
    »… und manchmal habe ich von Leuten gelesen, die im Gras lagen«, fuhr er fort. »Du weißt schon, das grüne Zeug, wie dünne, lange Papierstreifen, das die dort unten überall auf dem Boden haben, und dann schauen sie in den blauen Himmel hinauf, mit Wolken darin. Hast du je Filme davon gesehen?«
    »Sicher. Mir hat

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