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Titan 12

Titan 12

Titel: Titan 12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Bova , Wolfgang Jeschke
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blasen. Long wagte nicht anzuhalten. Sechs Stunden lang blies sie, zischte, warf Blasen, dampfte ins All; ein Teil der Planetoidenmasse verwandelte sich in Dampf und schoß davon.
    Der Schatten kam näher, bis die Männer nichts anderes mehr taten, als den Berg am Himmel anzustarren, der selbst den Saturn an Majestät übertraf. Jede Schlucht, jedes Tal waren ganz deutlich zu erkennen. Aber als er dann den Orbit des Planetoiden kreuzte, geschah das mehr als eine halbe Meile hinter dessen augenblicklicher Position.
    Die Dampfdüsen verstummten.
    Long beugte sich in seinem Sessel vor und schlug die Hände vor die Augen. Er hatte zwei Tage lang nichts mehr gegessen. Aber jetzt würde er essen. Es gab keinen Planetoiden mehr in ihrer Nähe, der sie stören konnte, selbst wenn er in diesem Augenblick anfing, auf sie zuzustreben.
    Und draußen auf der planetoiden Oberfläche sagte Swenson: »Die ganze Zeit, während ich diesem verdammten Brocken zusah, wie er immer näher kam, hab’ ich mir gesagt, das kann doch nicht passieren. Wir können einfach nicht zulassen, daß es passiert.«
    »Verdammt«, sagte Rioz, »wir waren alle nervös. Hast du Jim Davis gesehen? Er war ganz grün. Ich war selbst ziemlich durchgedreht.«
    »Das ist es nicht. Es war nicht nur – der Schatten, weißt du. Ich dachte – ich weiß, daß es komisch ist, aber ich kann es nicht anders ausdrücken – ich dachte, daß Dora mich gewarnt hatte, daß ich hier ums Leben kommen würde und daß sie nicht aufhören würde, deshalb auf mir herumzuhacken. Ist das nicht eine seltsame Einstellung? In einem solchen Augenblick, meine ich?«
    »Hör zu«, sagte Rioz unwirsch, »du wolltest heiraten, also hast du geheiratet. Warum kommst du jetzt mit deinen Problemen zu mir?«
     
     
10
     
    Die zu einer Einheit zusammengeschweißte Flotte kehrte die lange Strecke vom Saturn zum Mars zurück. Jeden Tag legte sie ein Stück Weges zurück, für das sie beim Hinflug neun Tage gebraucht hatte. Ted Long hatte die ganze Mannschaft zum Notdienst eingeteilt. Bei fünfundzwanzig in dem Planetoiden eingebetteten Schiffen, die nur als Einheit manövrieren konnten, war die Koordinierung ihrer Antriebsquellen in einheitliche Düsenstöße ein recht kitzliges Problem. Am ersten Tage funktionierte das so schlecht, daß sie die ganze Zeit aus ihren Sitzen gerissen wurden und jedesmal das Gefühl hatten, alle Zähne müßten ihnen einzeln herausfallen.
    Aber das glättete sich dann, als ihre Geschwindigkeit unter dem beständigen Schub zunahm. Am Anfang des zweiten Tages überschritten sie die hunderttausend Stundenkilometermarke, und das Tempo nahm weiter zu, der Ein‐Millionen‐Stundenkilometer‐Marke entgegen – und darüber hinaus.
    Longs Schiff, das die Spitze der gefrorenen Flotte bildete, war das einzige, das nach fünf Seiten Überblick hatte. Unter den herrschenden Gegebenheiten war das eine recht unbequeme Position. Long ertappte sich immer wieder dabei, wie er gespannt ins All hinausstarrte und sich irgendwie einbildete, daß die Sterne jetzt gleich anfangen würden, nach hinten zu rutschen, unter dem Einfluß der ungeheuren Geschwindigkeit des Multi‐Schiffes an ihnen vorbeizufliegen.
    Das taten sie natürlich nicht. Sie blieben an dem schwarzen Samt ihres Hintergrundes festgenagelt, und ihre Unerreichbarkeit strafte jede Geschwindigkeit, die sterbliche Menschen erreichen konnten, mit geduldiger Unbeweglichkeit und Verachtung.
    Nach den ersten paar Tagen beklagten sich die Männer bitter. Nicht nur, weil sie nicht raumschweben durften, die intensive Beschleunigung belastete sie wesentlich stärker als die üblichen Pseudo‐Gravitationsfelder der Schiffe. Long selbst war todmüde und glaubte, den gnadenlosen Druck, der sie alle in die hydraulischen Sitzpolster preßte, nicht mehr lange ertragen zu können.
    Sie gewöhnten sich daran, die Düsenstöße alle vier Stunden eine Stunde lang abzuschalten, und Long begann unruhig zu werden.
    Mehr als ein Jahr war vergangen, seit er den Mars in einer Beobachtungsluke hatte zusammenschrumpfen sehen, und damals war sein Schiff noch eine unabhängige Einheit gewesen. Was war seitdem geschehen? Gab es die Kolonie überhaupt noch?
    Ein Gefühl, das fast an Panik grenzte, ließ ihn täglich Radiobotschaften zum Mars senden; die kombinierte Kraft von fünfundzwanzig Schiffen stand dahinter. Aber es gab keine Antwort. Er erwartete auch keine, denn Mars und Saturn standen derzeit auf gegenüberliegenden Seiten der

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