Titan 14
stand auf, um das Gerät abzuschalten, und knipste dabei das Bandgerät an. Streicherklänge erfüllten den Raum.
»Wir haben im Club einen Tisch bestellt«, erinnerte er sie.
Cherry rutschte verlegen auf ihrem Sessel herum. »Ich weiß.«
»Und dann haben wir noch die Karten für die Oper, die ich gegen die von letzter Woche eingetauscht habe. Ich will ja nicht drängen, Liebste, aber wir haben noch gar keine Opernkarten verbraucht.«
»Wir können uns die Oper ja hier im Tri-D ansehen«, sagte sie kleinlaut.
»Das hat damit gar nichts zu tun, Liebling. Ich… ich wollte nichts sagen, aber Wainwright hat gestern im Büro etwas zu mir gesagt, er meinte, er wäre gestern abend im Zirkus, und hat praktisch gesagt, er würde sich dort nach uns umsehen. Nun, wir waren nicht dort. Ich wollte, ich wüßte schon, was ich ihm nächste Woche sagen soll.«
Er wartete darauf, daß Cherry ihm Antwort gab, aber sie blieb stumm.
So fuhr er fort: »Wenn du es also über dich bringen könntest, heute abend auszugehen…«
Er hielt inne, der Mund blieb ihm beinahe offenstehen. Cherry weinte, leise und ausgiebig.
»Liebes!« sagte er erstaunt.
Er eilte an ihre Seite, aber sie schob ihn von sich. Dann stand er hilflos da und sah zu, wie sie weinte.
»Liebste, was ist denn?« fragte er.
Sie wandte das Gesicht ab.
Morey fuhr zurück. Es war nicht gerade das erste Mal, daß er Cherry weinen sah – da war jene schmerzliche Szene gewesen, als sie sich trennen wollten, aus der Erkenntnis heraus, daß ihre Lebensumstände zu unterschiedlich waren, einander zu fern, um glücklich werden zu können, ehe sie erkannten, daß sie einander haben mußten, ganz gleichgültig, was kam… Aber es war das erste Mal, daß ihre Tränen in ihm ein Schuldgefühl erweckten.
Und Schuldgefühl empfand er. Er stand da und starrte sie an.
Dann wandte er ihr den Rücken und ging zur Bar. Er ignorierte die schon bereitstehenden Liköre, mixte zwei kräftige Highballs und brachte sie ihr. Er stellte einen neben sie und nahm selbst einen langen Schluck von dem seinen.
Dann sagte er mit völlig veränderter Stimme: »Liebste, was ist denn?«
Keine Antwort.
»Komm schon. Was ist denn?«
Sie blickte zu ihm auf und rieb sich die Augen. Dann sagte sie fast mürrisch: »Tut mir leid.«
»Ich weiß, daß es dir leid tut. Schau, wir lieben einander doch. Wir wollen darüber reden.«
Sie griff nach ihrem Glas und hielt es einen Augenblick lang fest, ehe sie es wieder abstellte, ohne daraus getrunken zu haben. »Was hat das für einen Sinn, Morey?«
»Bitte. Versuchen wir es.«
Sie zuckte die Achseln.
Doch er ließ nicht locker. »Du bist nicht glücklich, nicht wahr?
Und es ist wegen – wegen all dem hier.« Seine weit ausholende Geste umfaßte das üppig ausgestattete Konservatorium, den dicken Teppich, die Vielzahl von Maschinen und Geräten, die ihrer Bequemlichkeit und ihrer Unterhaltung dienten, und nur darauf warteten, daß sie in Gang gesetzt wurden. Darüber hinaus umfaßte seine Geste sechsundzwanzig Zimmer, fünf Wagen, neun Roboter. »Es ist nicht das, woran du gewöhnt bist, nicht wahr?« sagte Morey, den dieser Satz große Überwindung kostete.
»Ich kann nichts dafür«, sagte Cherry. »Morey, du weißt, daß ich es versucht habe. Aber zu Hause…«
»Verdammt«, begehrte er auf, »das hier ist dein Zuhause. Du wohnst nicht mehr bei deinem Vater in dieser Fünf-Zimmer-Hütte; du verbringst den Abend nicht mehr damit, den Garten zu jäten oder um Streichhölzer Karten zu spielen. Du lebst hier, bei mir, deinem Mann! Du hast gewußt, worauf du dich einließest. Wir haben immer wieder darüber gesprochen, ehe wir heirateten…«
Dann verstummte er, weil Worte keinen Sinn hatten. Cherry weinte wieder, diesmal aber nicht lautlos.
Und unter Tränen jammerte sie: »Liebster, ich habe mir solche Mühe gegeben. Du weißt ja gar nicht, welche Mühe ich mir gegeben habe! Ich habe all diese albernen Kleider getragen und all diese albernen Spiele gespielt, und ich bin so oft mit dir ausgegangen, wie ich nur konnte und. ich hab’ all diese schrecklichen Sachen gegessen, bis ich anfing fett zu werden! Ich dachte, ich könnte es ertragen. Aber ich kann nicht so weiterleben; ich bin es nicht gewöhnt. Ich – ich liebe dich, Morey, aber wenn ich so lebe, dann werde ich wahnsinnig. Ich kann nichts dafür, Morey – ich ertrage es nicht, arm zu sein!«
Am Ende trockneten ihre Tränen und der Streit ging zu Ende, und das glücklich liebende Paar
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