Titan 14
erwiderte der Kapitän ausdruckslos, und eine nicht näher definierbare Schreckensvorstellung braute sich in ihm zusammen.
»Nicht etwa in die Luft geflogen oder so etwas«, beruhigte ihn Goth. »Die haben den Planeten bloß weggeschafft! Die Imperialisten haben sich wieder über uns aufgeregt. Aber diesmal schickten sie eine Flotte mit großen Bomben und allem möglichen Zeug, also wurden alle nach Hause zurückgeholt. Aber sie mußten warten, bis sie uns gefunden hatten – mich und Maleen und die Leewit. Dann haben Sie uns zurückgebracht, und sie mußten wieder warten und sich über Sie schlüssig werden. Aber gleich, nachdem Sie weg waren – wir weg waren, meine ich – haben sie den Planeten in Bewegung gesetzt und ihn verlegt.«
»Wohin denn?«
»Großer Patham!« meinte Goth und zuckte die Achseln. »Woher soll ich das wissen? Das Universum ist groß!«
Damit hatte sie recht, mußte der Kapitän zugeben. Plötzlich sah er eine Szene vor sich – jene kalkweiße, arenaähnliche Schüssel im Tal, mit den Stufenreihen, kurz bevor sie die Stadt Karres erreichten – ›das Theater, wo…‹
Aber jetzt lag eine unnatürlich schwarze Nacht darüber, über der Schüssel und jener Welt; und die rund achttausend Hexen von Karres saßen im Kreise um das Theater, den Kopf nach vorne gebeugt, auf einen Punkt in der Mitte konzentriert, wo orangerotes Feuer mächtig um die Spitze eines Kegels seltsam zerdrückt wirkender Stahlträger flackerte.
Und eine ganze Welt raste mit dem Tempo des Sheewash-Antriebs davon! Das Universum war wirklich groß. Was für seltsame Leute!
»Jedenfalls«, seufzte er, »wenn ich dich jetzt erziehen soll, dann sag bloß nicht mehr ›Großer Patham‹. Das ist ein Schimpfwort!«
»Das hab’ ich von Ihnen gelernt!« meinte Goth.
»Ja, das hast du wohl, denke ich«, gab ihr der Kapitän recht. »Ich werde es auch nicht mehr sagen. Meinst du nicht, daß die sich Sorgen um dich machen?«
»Nicht sehr«, sagte Goth. »Uns passiert nicht so leicht etwas – besonders nicht, solange wir jung sind. Dann können wir so Zeug tun wie teleportieren und pfeifen wie die Leewit. Wenn wir älter werden, verlieren wir das meistens – die arbeiten jetzt gerade daran, daß wir es nicht mehr verlieren. Maleen kann jetzt schon nichts anderes mehr als premonieren!«
»Sie premoniert aber recht gut«, meinte der Kapitän. »Der Sheewash-Antrieb – das können sie alle, nicht wahr?«
»Mhm!« nickte Goth. »Aber das haben sie gelernt. Das ist eines der Dinge, die sie schon gründlich studiert haben.« Und dann fügte sie, etwas verlegen, hinzu: »Ihnen kann ich das erst sagen, wenn Sie selbst einer geworden sind.«
»Wenn ich was geworden bin?« fragte der Kapitän verwirrt.
»Eine Hexe wie wir«, sagte Goth. »Wir haben unsere Regeln. Und das dauert noch vier Jahre nach Karreszeit.«
»Vier Jahre, wie?« sagte der Kapitän. »Was passiert dann?«
»Dann bin ich im heiratsfähigen Alter«, sagte Goth und blickte finster auf das Glas mit Wintenbeeren-Gelee. Sie zog es zu sich heran und musterte es interessiert. »Ich hab’ das alles arrangiert«, erklärte sie dem Gelee mit fester Stimme, »schon als die davon zu reden anfingen, daß man Ihnen auf Karres eine Frau aussuchen sollte, damit Sie dort bleiben würden. Ich habe gleich gesagt, daß ich das sein würde, und schließlich sagten alle, daß es gut so sei – selbst Maleen, weil sie ja ihren Freund hatte.«
»Du meinst«, sagte der Kapitän benommen, »das ist alles schon auf Karres geplant worden?«
»Sicher«, sagte Goth. Und dann schob sie das Geleeglas zurück und blickte wieder zu ihm auf. »Drei Wochen lang ist in der Stadt kaum etwas anderes geredet worden! Das war ein Prä…dings, ein Präzedenzfall!«
Sie hielt inne und sah ihn nachdenklich an.
»Das würde es erklären«, räumte der Kapitän ein.
»Mhm«, nickte Goth erleichtert und lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. »Aber wie Sie mit den Leuten von Nikkeldepain Schluß machen würden, das war die Idee meines Vaters. Er sagte, das läge im Blut.«
»Was liegt im Blut?« fragte der Kapitän geduldig.
»Daß Sie sich mit denen streiten. Das ist Threbus, mein Vater«, erklärte Goth. »Sie sind ihm ein paarmal in der Stadt begegnet. Ein großer Mann mit einem blonden Bart – Maleen und die Leewit geraten nach ihm.«
»Du meinst doch nicht etwa meinen Großonkel Threbus?« wollte der Kapitän wissen. Er war jetzt ganz ruhig, eine seltsame Art von Ruhe.
»Richtig«, sagte
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