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Titan 14

Titan 14

Titel: Titan 14 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Bova , Wolfgang Jeschke
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aus irgendeinem Grunde war es wichtig. Aber Morey konnte sich nicht einmal daran erinnern, was das für ein Grund war, und schließlich gab er es auf und dachte, er hätte entweder das Geheimnis der Zweiheit gelöst oder Tanaquil Bigelows erstaunliche Figur sei echt.
    Aber er wußte, daß er am nächsten Morgen in seinem eigenen Bett aufgewacht war, wenn auch ohne Erinnerung daran, wie er dort hingekommen war. Er hatte überhaupt keine besonders ausgeprägte Erinnerung, wenigstens nicht, soweit es um die chronologische Ordnung des verflossenen Abends ging oder irgendeine Beziehung zu dem, was nach dem dutzendsten Drink geschah, als er und Howland Arm in Arm einen neuen Vers über die Zweiheit komponierten und ihn in der Melodie einer alten Marschweise durch die Bar grölten:
    Die Zweiheit sitzt im Kühlschrank auch.
    Sie wärmt das Haus und kühlt das Bier,
    Die Wurst und auch den Käse,
    Strömt durch die Lampen und gibt Licht.
    Und kocht und bäckt – kapiert ihr nicht?
    Sie wärmt und kühlt und kühlt und wärmt,
    Ist beides: heiß und kalt zugleich.
    In Riesenlettern steht’s an der Wand:
    Alles ist Zweiheit!
    Yang Und Yin!
    Jedenfalls hatten sie gestern gedacht, es sei ein schönes Gedicht und gäbe Sinn.
    Wenn der Alkohol Morey die Augen dafür öffnete, daß es wirklich eine Zweiheit gab, dann brauchte er vielleicht Alkohol. Denn es gab eine Zweiheit.
    Man kann es natürlich auch Dichotomie nennen, wenn das besser klingt. Eine Art Zweikampf, den Kampf zweier unermüdlicher Läufer in einem ewigen Rennen. Da ist der Kühlschrank im Haus. Die kalte Luft, die heiße Luftblase, die das Haus ist, die gekühlte Luftblase des Kühlschranks, die momentane heiße Luftblase, die ihn entfrostet. Und die Hitze kann man Yang nennen. Die Kälte Yin. Yang überholt Yin. Dann zieht Yin an Yang vorbei. Dann wieder Yang an Yin. Und dann…
    Man konnte ihnen auch andere Namen geben. Man konnte Yin einen Mund nennen und Yang eine Hand.
    Wenn die Hand ruht, verhungert der Mund. Wenn der Mund aufhört, stirbt die Hand. Die Hand, Yang, bewegt sich schneller.
    Yin darf nicht zurückfallen.
    Und dann kann man Yang einen Roboter nennen.
    Und sich erinnern, daß jede Pipeline zwei Enden hat.
    Wie ein geübter Quartalsäufer bereitete Morey sich auf die Konsequenzen vor – und stellte zu seiner Verblüffung fest, daß es keine gab.
    Cherry überraschte ihn. »Du warst so komisch«, kicherte sie. »Und so romantisch, ehrlich.«
    Er trank hastig seinen Frühstückskaffee und grübelte darüber nach, was wohl so komisch und romantisch gewesen sein mochte.
    Die Kollegen im Büro grölten und klopften ihm auf den Rücken. »Howland hat uns schon erzählt, daß Sie es sich gutgehen lassen, Junge!« beglückwünschten sie ihn alle mit mehr oder weniger denselben Worten. »He, hört euch an, was Morey gemacht hat – er ist in die Altstadt gegangen, um sich zu amüsieren, und hat nicht einmal sein Rationsbuch mitgenommen!«
    Sie hielten das für einen herrlichen Witz.
    Aber dann lief alles gut. Cherry, so schien es, hatte sich bis zur Unkenntlichkeit verändert. Zwar ging sie immer noch ungern abends aus, und Morey sah nie, wie sie sich mit Essen abquälte, das sie nicht haben wollte, oder wie sie Spiele spielte, die sie nicht mochte. Aber als er sich eines Nachmittags in die Speisekammer schlich, stellte er zu seinem großen Vergnügen fest, daß sie ihrer Zuteilung sogar voraus waren. In einigen Dingen war die Vorratskammer sogar erschöpft – sie waren dem Plan fast einen Monat voraus!
    Das lag auch nicht an den gefälschten Marken, denn er fand sie in einer Schublade und verbrannte sie heimlich. Er überlegte, wie er sie loben sollte, aber die Vorsicht behielt die Oberhand. In dem Punkt war sie empfindlich, man ließ das besser.
    Und Tugend wurde belohnt.
    Wainwright rief ihn zu sich, er strahlte über das ganze Gesicht. »Morey, eine große Neuigkeit! Wir waren alle sehr mit Ihrer Arbeit zufrieden und haben eine Möglichkeit gefunden, Ihnen das in erfreulicherer Weise als mit Komplimenten auszudrücken. Ich wollte nichts sagen, bis es feststand, aber – der Zuteilungsausschuß hat Ihren Status überprüft. Sie sind jetzt nicht mehr in Klasse Vier Minus, Morey!«
    Und Morey sagte mit zitternder Stimme: »Die volle Klasse Vier?«
    »Klasse Fünf, Morey, Klasse Fünf! Wenn wir etwas tun, dann tun wir es richtig. Wir haben eine Sondergenehmigung erbeten und sie bekommen – Sie haben eine ganze Klasse übersprungen.« Und dann fügte er

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