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Titan 14

Titan 14

Titel: Titan 14 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Bova , Wolfgang Jeschke
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Monaten einen Nervenzusammenbruch hatten? Daß mehr als die Hälfte von ihnen in dauernder psychiatrischer Behandlung sind? Wegen echter Psychosen, meine ich, nicht wegen ganz gewöhnlicher Neurosen, wie mein Mann sie hat und Howland und Sie, nein, wegen Psychosen. So wie ich eine habe, wußten Sie das? Wußten Sie, daß vierzig Prozent der Bevölkerung in ihrem innersten Wesen manisch-depressiv sind, einunddreißig Prozent schizoid, daß achtunddreißig Prozent eine ganze Sammlung anderer, nicht näher bestimmter psychogener Störungen haben, und vierundzwanzig…«
    »Augenblick mal, Tan«, unterbrach sie Howland kritisch. »Jetzt hast du zu viele Prozente. Fang noch mal an.«
    »Ach, zum Teufel damit«, sagte die Frau ärgerlich. »Ich wünschte, mein Mann wäre hier. Er kann das viel besser ausdrücken als ich.« Sie leerte ihr Glas. »Da Sie sich weggeschummelt haben«, meinte sie dann etwas mißgünstig zu Morey gewandt, »wie wär’s, wenn Sie noch einmal eine Runde bestellten – diesmal auf mein Buch?«
    Das tat Morey; in seiner Verwirrung war das das einfachste. Und als die Gläser geleert waren, bestellte er noch eine Runde. Diesmal auf Howlands Konto. Soweit er das ergründen konnte, gehörten die Frau, ihr Mann und möglicherweise auch Howland einer Art Anti-Roboter-Gruppe an. Morey hatte von solchen Dingen gehört; solche Gruppen hatten einen quasi-legalen Status, sie waren weder anerkannt noch verboten, aber er hatte noch nie zuvor mit ihnen zu tun gehabt. Er erinnerte sich an den Haß, den er so schmerzhaft in der Psychodrama-Sitzung aufs neue durchlebt hatte und dachte ängstlich, daß er vielleicht zu ihnen gehörte. Aber so sehr er sich auch Mühe gab, sie auszufragen, es schien unmöglich, Klarheit über die Prinzipien der Organisation zu bekommen.
    Schließlich gab die Frau es auf, sie ihm zu erklären, und ging ihren Mann suchen, während Morey und Howland noch ein Glas miteinander tranken und zwei Betrunkenen zuhörten, die sich darüber stritten, wer die nächste Runde zahlen durfte. Sie befanden sich bereits im Alphonse-Gaston-Stadium des Rausches; am Morgen würde es ihnen leid tun, denn jeder nötigte den anderen, doch die Punkte für die Drinks zu bezahlen. Morey dachte etwas beunruhigt über seine eigenen Punkte nach; Howland zog an diesem Abend großen Nutzen aus Moreys Trinkkapazität. Geschah ihm gerade recht, wenn er schon sein Buch vergessen hatte.
    Als die Frau zurückkam, hatte sie den Mann bei sich, den Morey vorher in Sams Gesellschaft kennengelernt hatte.
    »Eine bemerkenswert kleine Welt ist das, nicht wahr?« dröhnte Walter Bigelow und zerquetschte Moreys Hand nur teilweise in der seinen. »Nun, Sir, meine Frau hat mir erzählt, daß Sie sich für die Basisphilosophie unserer Bewegung interessieren, und ich würde sie gerne weiter mit Ihnen diskutieren. Doch zunächst einmal die Frage – haben Sie über das Prinzip der Zweiheit nachgedacht?«
    »Nun…«, meinte Morey.
    »Sehr gut«, sagte Bigelow höflich. Dann räusperte er sich und deklamierte:
    Das Han-köpfige Cathay sah es zuerst,
    Hell wie der hellste Sonnenstrahl;
    Machte daraus Junge und Mädchen,
    Ein Wirbeln der Spirale:
    Yang
    Und Yin.
    Er zuckte geringschätzig die Achseln. »Bloß die erste Strophe«, sagte er. »Ich weiß nicht, ob sie Ihnen viel gesagt hat.«
    »Nun, ehrlich gesagt… äh… nein«, räumte Morey ein.
    »Zweite Strophe«, verkündete Bigelow.
    Hegel sah es auch, ganz klar;
    Und Marx, der Esel, kam ganz nah:
    Sah’s deutlich, und erkannte.
    Dreht’s um und stellt’ es auf den Kopf:
    Yang
    Und Yin.
    Er hielt erwartungsvoll inne. Und Morey sagte: »Ich… äh…«
    »Jetzt ist es klar, wie?« fragte Bigelows Frau. »Oh, wenn andere es doch nur auch so klar sehen könnten wie Sie! Der Roboter als Gefahr und Retter zugleich. Hunger und Überdruß. Stets die Zweiheit, stets!«
    Bigelow klopfte Morey auf die Schulter. »Die nächste Strophe macht es noch viel klarer«, versicherte er. »Es ist wirklich recht clever – ich sollte das eigentlich natürlich nicht sagen, aber es stammt ebenso von Howland wie von mir. Er hat mir mit den Versen geholfen.« Morey warf einen kurzen Blick zu Howland hinüber, aber der gab sich große Mühe, seinem Blick auszuweichen. »Dritte Strophe«, sagte Bigelow. »Die ist schwierig, weil sie lang ist, also passen Sie gut auf.«
    Justitia, stoß an deine blinden Schalen;
    Die eine hebt sich, und die andere fällt.
    Tu etwas zu A, und B wird geringer;
    Und dennoch

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