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Titan 15

Titan 15

Titel: Titan 15 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg , Wolfgang Jeschke
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für ›Predi
    ger‹ oder ›religiöser Dichter‹, wie Jesaja oder Locar »… und Ihr Gedicht wurde inspiriert. Ich werde Braxa davon erzählen.«
    Ich wehrte den Vergleich ab, fühlte mich aber geschmeichelt.
    Das war also der strategische Tag, stellte ich fest, der Tag, an dem ich fragen mußte, ob ich das Mikrofilmgerät und die Kamera bringen dürfte. Ich wolle alle ihre Texte kopieren, erklärte ich, und ich könne nicht schnell genug schreiben.
    Sie überraschte mich, indem sie sofort zustimmte. Aber ihre Einladung warf mich regelrecht um.
    »Möchten Sie hierbleiben, während Sie das tun? Dann können Sie Tag und Nacht arbeiten, immer, wenn Sie wollen, nur dann natürlich nicht, wenn der Tempel benutzt wird.«
    Ich verbeugte mich.
    »Das wäre mir eine große Ehre.«
    »Gut. Sie können Ihre Geräte bringen, wann Sie wollen. Ich zeige Ihnen dann einen Raum.«
    »Wäre Ihnen heute nachmittag recht?«
    »Sicher.«
    »Dann will ich jetzt gehen und alles vorbereiten. Bis heute nachmit
    tag…« »Bis dann.«
    Ich erwartete einige Einwände von Emory, aber nicht viele. Alle im Schiff waren darauf erpicht, die Marsianer zu sehen. Nadeln in sie zu stecken, ihnen Fragen nach dem Klima, den Krankheiten, der Bodenchemie, ihrer Politik und ihren Pilzen zu stellen (unser Botaniker war ein Pilzfan, ansonsten aber ein ganz vernünftiger Bursche), und nur vier oder fünf hatten es bisher geschafft, sie zu sehen. Die Mannschaft hatte den Großteil ihrer Zeit damit verbracht, tote Städte und die marsianische Versionen der Akropolis auszugraben. Wir hielten uns streng an die Spielregeln, und die Bevölkerung war genauso insular veranlagt wie die Japaner im neunzehnten Jahrhundert. Ich rechnete nicht damit, viel Widerstand anzutreffen, und ich hatte recht.
    Ich hatte sogar den deutlichen Eindruck, daß alle froh waren, als ich loszog.
    Ich machte kurz im Hydroponik-Raum Station, um mit unserem Meister der Pilze zu sprechen.
    »He, Kane. Haben Sie schon irgendwelche Schwämme im Sand gezüchtet?«
    Er schnüffelte. Er schnüffelte immer. Vielleicht hat er eine Allergie gegen Pflanzen.
    »Hallo, Gallinger. Nein, mit Schwämmen hatte ich noch keinen Erfolg, aber sehen Sie einmal hinter dem Wagenschuppen nach, wenn Sie dort hinkommen. Ich habe ein paar Kakteen hochgepäppelt.«
    »Großartig«, meinte ich. Doc Kane war in etwa mein einziger Freund an Bord, wenn man Betty nicht mitzählte.
    »Sagen Sie, ich bin hergekommen, um Sie um einen Gefallen zu bitten.«
    »Was darf’s denn sein?«
    »Ich möchte eine Rose.«
    »Eine was?«
    »Eine Rose. Sie wissen schon, eine hübsche nette rote American Beauty, Dornen, duftend…«
    »Ich glaube nicht, daß das in diesem Boden geht.« Schnief.
    »Nein, Sie verstehen mich nicht. Ich möchte sie nicht pflanzen, ich will bloß die Blume.«
    »Ich müßte es in den Tanks machen.« Er kratzte sich den haarlosen Schädel. »Es wird aber mindestens drei Monate dauern, bis Sie Blumen haben, selbst wenn ich eine schnellwüchsige Sorte nehme.«
    »Tun Sie das für mich?«
    »Sicher, wenn Ihnen das Warten nichts ausmacht.«
    »Gar nichts. Drei Monate wären sogar gerade richtig, das ist unmittelbar bevor wir wieder abreisen.« Ich sah mich in den Teichen mit kriechendem Schleim um. »Ich gehe heute nach Tirellian und werde mich dort niederlassen, aber ich komme immer wieder mal vorbei. Wenn sie blüht, werde ich hier sein.«
    »So, Sie ziehen also zu denen. Moore sagte, sie seien eine ziemlich geschlossene Gesellschaft.«
    »Ich schätze, dann gehöre ich eben dazu.«
    »Scheint so, obwohl ich immer noch nicht begreife, wie Sie ihre Sprache lernen konnten. Ich hatte schon Schwierigkeiten mit Französisch und Deutsch, als ich noch auf der Universität war, aber letzte Woche hörte ich Betty, wie sie es uns beim Mittagessen demonstrierte. Das Ganze klingt einfach… na ja, ziemlich eigenartig. Sie sagte, wenn man marsianisch spricht, ist das, als wollte man ein Kreuzworträtsel in der ›Times‹ machen und gleichzeitig versuchen, Vogelstimmen zu imitieren.«
    Ich lachte und nahm die Zigarette, die er mir anbot.
    »Es ist schon eine komplizierte Sprache«, räumte ich ein, »aber – nun, wenn Sie hier plötzlich eine neue Klasse von Pilzen fänden, dann würden Sie auch nachts davon träumen.«
    Seine Augen leuchteten.
    »Das wäre was! Und vielleicht gelingt mir das sogar, wissen Sie.«
    »Nun, vielleicht.«
    Er lachte, als wir zur Tür gingen.
    »Ich fange heute abend noch mit Ihren Rosen an.

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