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Titan 15

Titan 15

Titel: Titan 15 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg , Wolfgang Jeschke
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Und übertreiben Sie es nicht dort unten.« »Sicher. Und vielen Dank auch.«
    Wie gesagt, ein Pilzfan, aber ein anständiger Bursche.
    Mein Quartier in der Zitadelle von Tirellian lag unmittelbar neben dem Tempel, an der Innenseite, etwas zur Linken. Es war wesentlich bequemer als meine enge Kabine, und ich stellte sehr zufrieden fest, daß die marsianische Kultur so weit fortgeschritten war, daß sie den Vorteil einer Matratze im Gegensatz zu den Strohschütten entdeckt hatte. Das Bett war sogar lang genug, um mir ausreichend Platz zu bieten, was mich überraschte.
    Also packte ich aus und machte sechzehn Kleinbildaufnahmen vom Tempel, ehe ich mich den Büchern widmete.
    Ich fotografierte, bis ich es leid war, Seiten umzublättern, ohne zu wissen, was auf ihnen stand. Also begann ich damit, ein Geschichtswerk zu übersetzen.
    »Im siebenunddreißigsten Jahr des Cillen kamen die Regen und bescherten große Freude, denn dies war ein seltenes, unerwartetes Ereignis, das man gemeinhin als Segen auffaßte.
    Aber es war nicht der lebensspendende Samen des Malann, der aus den Himmeln fiel. Es war das Blut des Universums, das aus einer Ader tropfte. Und die letzten Tage brachen über uns herein. Der letzte Tanz sollte beginnen.
    Die Regen brachten die Pest, die nicht tötet, und die letzten Schritte des Locar begannen… «
    Ich fragte mich, was, zum Teufel, Tamur damit meinte, denn er war schließlich Historiker und damit gewohnt, Tatsachen zu schildern. Das war nicht ihre Apokalypse.
    Oder doch…?
    Warum nicht? sinnierte ich. Die Handvoll Leute in Tirellian waren der Überrest einer einst offensichtlich hochentwickelten Kultur. Sie hatten Kriege erlebt, aber keine solchen, die alles vernichteten; Wissenschaft, aber wenig Technik. Eine Pest, eine Pest, die nicht tötete…? War es das vielleicht gewesen? Doch wie, wenn sie nicht tödlich war?
    Ich las weiter, aber die Pest wurde nicht näher geschildert. Ich blätterte um, überflog manche Seiten, fand aber nichts.
    M’Cwyie! M’Cwyie! Wenn ich begierig bin, die Fragen zu stellen, bist du nicht da! Ob es ein Faux pas wäre, nach ihr zu suchen? Ja, entschied ich. Ich war auf die Räume beschränkt, die man mir gezeigt hatte, so waren wir, ohne es auszusprechen, übereingekommen. Ich würde warten müssen.
    Also fluchte ich lang und laut und in vielen Sprachen, so daß Malanns geheiligte Ohren vermutlich brannten.
    Aber er hielt es nicht für angebracht, mich totzuschlagen, also beschloß ich, für heute aufzuhören und mich schlafen zu legen.
    Ich mußte ein paar Stunden geschlafen haben, als Braxa mit ein paar winzigen Lampen mein Zimmer betrat. Sie weckte mich, indem sie an meinem Pyjamaärmel zupfte.
    Ich sagte nur: »Hallo.« Wenn ich jetzt zurückdenke, gibt es auch nicht viel, was ich sonst hätte sagen können.
    »Hallo.«
    »Ich bin gekommen«, sagte sie, »um das Gedicht zu hören.«
    »Welches Gedicht?«
    »Das Ihre.«
    »Oh.«
    Ich gähnte, setzte mich auf und tat das, was die Leute für gewöhnlich tun, wenn man sie mitten in der Nacht weckt, um Gedichte zu lesen.
    »Das ist sehr freundlich von Ihnen, aber ist das nicht eine etwas ungewöhnliche Stunde?«
    »Mir macht das nichts aus«, sagte sie.
    Eines Tages werde ich einen Artikel für das Journal of Semantics schreiben und ihn Der Tonfall als ungeeignetes Mittel, um Ironie auszudrücken nennen.
    Aber ich war nun einmal aufgeweckt worden. Also griff ich nach meinem Morgenrock.
    »Was für ein Tier ist das?« fragte sie und deutete auf den seidenen Drachen an meinem Revers.
    »Ein mythisches«, erwiderte ich. »Aber hören Sie, es ist spät. Und ich bin müde. Ich habe morgen viel zu tun. Und M’Cwyie könnte auf falsche Gedanken kommen, wenn sie erführe, daß Sie hier waren.«
    »Falsche Gedanken?«
    »Sie wissen verdammt gut, was ich meine!« Das war das erste Mal, daß ich Gelegenheit hatte, auf marsianisch zu fluchen, und es mißlang.
    »Nein«, sagte sie. »Das weiß ich nicht.«
    Sie schien verstört, wie ein kleines Hündchen, das man ausschimpft, ohne daß es weiß, was es falsch gemacht hat.
    Ich wurde weich. Ihr roter Umhang paßte so makellos zu ihrem Haar und ihren Lippen, und diese Lippen zitterten jetzt.
    »Schon gut. Ich wollte Sie nicht erschrecken. Auf meiner Welt gibt es gewisse… äh… Gepflogenheiten, hinsichtlich Angehöriger verschiedener Geschlechter, die allein zusammen in Schlafzimmern sind und nicht durch Heirat verbunden… äh, ich meine, begreifen Sie, was ich

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