Titan 18
seiner Gittertüre zu sprengen. Als die Gorzuni herunterkamen, um ihn mit Gas zu betäuben, kämpften seine Kameraden mit Fäusten und Zähnen gegen sie, bis die Rebellen bewußtlos waren. Beiden wurden in Gegenwart der anderen Gefangenen bei lebendigem Leibe die Haut abgezogen.
Kathryn konnte ihre Tränen nicht zurückhalten, als wir wieder in unserer Kabine waren. Sie verbarg ihr Gesicht an meiner Brust und weinte, bis ich dachte, sie würde nie mehr zu weinen aufhören. Ich hielt sie an mich gedrückt und murmelte ihr die nächstbesten dummen Worte ins Ohr, die mir in den Sinn kamen.
»Denen ist recht geschehen«, sagte Manuel. In seiner Stimme klang Verachtung. »Diese Narren. Diese blinden, dummen Narren! Zumindest hätten sie die Wache als Geisel festhalten können und versuchen zu verhandeln. Nein, sie mußten Helden sein. Sie mußten ihn niederschießen. Jetzt hat das Exempel, das man an ihnen statuiert hat, allen anderen Angst gemacht. Diese Männer haben es verdient, daß man ihnen die Haut abzog.«
Nach einer Weile fügte er nachdenklich hinzu: »Trotzdem, wenn man das Gefühl der Furcht, das jetzt in den Sklaven erweckt ist, in Haß verwandeln kann, dann erweist sich das vielleicht als nützlich. Der Schock hat sie zumindest aus ihrer Apathie gerissen.«
»Sie sind ein herzloser Bastard«, sagte ich leise.
»Das muß ich sein, insbesondere, da alle anderen es ja vorziehen, hirnlos zu sein. Jetzt ist nicht die Zeit für zarte Gefühle. Jetzt ist eine Zeit der Auflösung und des Chaos, wie es sie oft in der Geschichte gegeben hat, und nur einer, der zuerst die Realität der Lage akzeptiert, kann hoffen, etwas an ihr ändern zu können. Wir leben nicht in einem Kosmos, wo die Perfektion möglich oder auch nur wünschenswert ist. Wir müssen unsere Kompromisse schließen und uns mit den Zielen zufriedengeben, die zu erreichen möglich sind.« Und dann, scharf, zu Kathryn gewandt: »Und jetzt hören Sie auf zu schniefen! Ich muß nachdenken.«
Sie sah ihn mit geweiteten, von Tränen verschleierten Augen an.
»Wirklich einmalig sehen Sie aus.« Er grinste bösartig. »Die Nase rot, das Gesicht angeschwollen, ein Schluckauf obendrein. Nicht gerade hinreißend.«
Sie schniefte noch einmal, und plötzlich rötete der Zorn ihre Wangen. Dann schluckte sie ein paarmal, löste sich von mir und wandte ihm den Rücken zu.
»Immerhin ist sie jetzt still«, flüsterte Manuel mir zu. Einen Augenblick lang wirkte er fast jungenhaft verspielt.
III
Die endlosen, sinnlosen Tage hatten in mir ein Gefühl der Zeitlosigkeit erzeugt, und ich fragte mich manchmal, ob dieses Schiff nicht der Fliegende Holländer war, auf einem ewigen Kurs nach draußen, ins Nichts, mit einer Mannschaft aus Teufeln und Verdammten. Der Versuch, Manuel zur Eile anzutreiben, hatte keinen Sinn, also ließ ich es bleiben und verbrachte meine Zeit mit Arbeiten und Warten. Heute bin ich der Ansicht, daß seine Verzögerungstaktik Absicht war, daß er aus den Sklaven die letzte Hoffnung herausmahlen und ihnen nur ein hohles Sehnen nach Rache lassen wollte. Auf die Weise würden sie besser kämpfen.
Es gab nicht viel Gelegenheit, mit Kathryn alleine zu sein. Ein flüchtiger Kuß, ein geflüstertes Wort im düsteren Licht des Maschinenraums, Augen und Händen die sich leicht über eine verrostete, schmierige Maschine hinweg berührten. Das war alles. Wenn wir in unsere Kabine zurückkehrten, waren wir im allgemeinen zu müde, um an irgend etwas anderes als Schlaf zu denken.
Einmal fiel mir auf, daß Manuel im Sklavenpferch ein paar Worte mit Fähnrich Hokusai wechselt, der mit Kathryn und mir gefangengenommen worden war. Jemand mußte die Menschen anführen, und Hokusai war dafür am besten geeignet. Aber wie hatte Manuel das gewußt? Das war Teil seines Genies, seine Fähigkeit, andere Menschen richtig einzuschätzen.
Das Ende kam plötzlich. Manuel rüttelte mich wach. Ich blinzelte müde die verhaßten Wände um mich an, spürte das unregelmäßige Pochen des Gravitationsfeldes, das erneut schlecht funktionierte. Wieder Arbeit für uns.
»Schon gut, schon gut«, brummte ich. »Ich komme schon.«
Als er den Vorhang von Kathryns Koje wegzog und sie weckte, protestierte ich. »Das schaffen wir schon. Lassen Sie sie schlafen!«
»Nicht jetzt!« antwortete er. Die Zähne blitzten weiß in seinem dunklen Gesicht. »Der Kapitän schwebt in süßen Träumen. Ich hörte, wie zwei der Gorzuni darüber sprachen.«
Das ließ mich in die
Weitere Kostenlose Bücher