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Titan 18

Titan 18

Titel: Titan 18 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brain W. Aldiss , Wolfgang Jeschke
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dessen, was Lord Dorwin uns bezüglich des Kaisers und des Imperiums zugesichert hat, die Dinge so ins Extrem treiben.«
    Hardin blickte auf. »Ich verstehe. Sie haben den König von Anacreon über diese angebliche Haltung informiert?«
    »Ja – nachdem ich den Vorschlag dem Aufsichtsrat zur Abstimmung vorgelegt und dessen einstimmige Billigung erwirkt hatte.«
    »Und wann hat diese Abstimmung stattgefunden?«
    Pirenne zog sich auf seine Würde zurück. »Ich glaube nicht, daß ich Ihnen in irgendeiner Weise zur Rechenschaft verpflichtet bin, Bürgermeister Hardin.«
    »Schon gut. So sehr interessiert es mich auch gar nicht. Ich bin nur der Ansicht, daß Ihre diplomatische Bekanntgabe von Lord Dorwins wertvollem Beitrag zur Situation …« – er hob dabei den rechten Mundwinkel zur Andeutung eines säuerlichen Lächelns – »der direkte Anlaß für diese freundliche kleine Notiz war. Andernfalls hätten sie sich vielleicht noch ein wenig Zeit gelassen – obwohl ich, wenn man die Einstellung des Aufsichtsrates bedenkt, nicht glaube, daß die zusätzliche Zeit Terminus viel genutzt hätte.«
    Meinte Yad Fulham: »Und wie gelangen Sie zu diesem bemerkenswerten Schluß, Herr Bürgermeister?«
    »Auf recht einfache Weise. Das erforderte nur den Gebrauch eines häufig vernachlässigten Werkzeugs, des gesunden Menschenverstandes. Sehen Sie, es gibt da einen Zweig des menschlichen Wissens, der unter dem Begriff ›symbolische Logik‹ bekannt ist, und den man dazu benutzen kann, alles schmückende Beiwerk zu entfernen, das manchmal die menschliche Sprache verbirgt.«
    »Und?« fragte Fulham.
    »Das habe ich getan. Unter anderem habe ich dieses Dokument hier vermittels symbolischer Logik überarbeitet. Für mich selbst brauchte ich das eigentlich nicht, weil ich schon wußte, um was es ging, aber ich glaube, fünf Naturwissenschaftlern kann man es leichter mit Symbolen als mit Worten erklären.«
    Hardin nahm ein paar Blätter Papier von dem Block, den er unter dem Arm hielt, und legte sie auf den Tisch. »Ich habe das übrigens nicht selbst gemacht«, sagte er. »Muller Holk von der Logikabteilung hat, wie Sie sehen, die Analysen unterschrieben.«
    Pirenne beugte sich über den Tisch, um besser sehen zu können, und Hardin fuhr fort. »Die Nachricht von Anacreon war natürlich ein recht einfaches Problem, weil die Männer, die sie verfaßt haben, Männer der Tat und nicht Männer des Wortes waren. Es läßt sich ganz einfach und geradlinig auf die Aussage reduzieren, die hier in Symbolen dargestellt ist und in Worten in grober Übersetzung lautet: ›Ihr gebt uns das, was wir wollen, binnen einer Woche, oder ihr bekommt einfach Prügel, und wir nehmen es uns trotzdem.‹«
    Im Raum herrschte Schweigen, während die fünf Mitglieder des Aufsichtsrates die Symbole betrachteten. Dann setzte sich Pirenne und hüstelte verlegen.
    »Kein Schlupfloch, Dr. Pirenne?« fragte Hardin.
    »Anscheinend nicht.«
    »Also gut.« Hardin legte andere Blätter darüber. »Vor sich sehen Sie jetzt eine Kopie des Vertrages zwischen dem Imperium und Anacreon – ein Vertrag übrigens, der im Auftrag des Kaiser von demselben Lord Dorwin unterzeichnet wurde, der letzte Woche hier war – sowie eine Symbolanalyse.«
    Der Vertrag umfaßte fünf Seiten in Dünndruck; die Analyse war auf ein halbes Blatt darunter gekritzelt.
    »Wie Sie sehen, meine Herren, lassen sich etwa neunzig Prozent des Vertrages als völlig bedeutungslos herausdestillieren. Und was dann übrig bleibt, ist in der folgenden interessanten Art darzustellen: Verpflichtungen Anacreons gegenüber dem Imperium: Keine! Macht des Imperiums über Anacreon: Keine!«
    Wieder folgten die fünf Männer besorgt der symbolischen Darstellung, überprüften sie hin und wieder im Vertrag, und als sie schließlich fertig waren, meinte Pirenne besorgt: »Das scheint richtig zu sein.«
    »Sie geben also zu, daß der Vertrag nichts anderes als eine Erklärung der totalen Unabhängigkeit seitens Anacreon und eine Anerkennung eben dieses Status durch das Imperium ist?«
    »So scheint es.«
    »Und glauben Sie, daß Anacreon sich dessen nicht bewußt ist und nicht darauf erpicht, seine Position der Unabhängigkeit zu betonen – so daß es natürlicherweise nicht erbaut sein würde, wenn es auch nur den Anschein von Drohungen seitens des Imperiums gäbe. Insbesondere, wo ja offenkundig ist, daß das Imperium nicht die Macht besitzt, solche Drohungen auch wahrzumachen, da es ja sonst die Unabhängigkeit

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