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Titan 20

Titan 20

Titel: Titan 20 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss , Wolfgang Jeschke
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unbedacht fordern würde.«
    »Oh!« Das hatte sie gewußt, aber die Mißbilligung der Leute zu Hause, die Notwendigkeit, sich für jede unmoralische Handlung gegen Einzelpersonen zu verantworten, hatten sie automatisch zur Ablehnung veranlaßt. Jetzt ... Aber ehe sie sprechen konnte, fuhr die Psychologin fort:
    »Ich habe einige Male versucht, ihn im Schlaf zu konditionieren, und dabei betont, wie nutzlos es wäre, sich der Erde zu widersetzen, wo am Ende doch die Entdeckung sicher ist. Aber das hat ihn nur davon überzeugt, daß seine ersten Aussagen uns keinen Nutzen gebracht haben.«
    Jetzt kam Großkapitän Laurr zu Wort. »Wollen Sie wirklich sagen, Leutnant, daß Sie außer Gewalt keine anderen Pläne haben? Nichts?«
    Auf dem Schirm machte das Bild des Psychologieoffiziers eine verneinende Bewegung. Dann sagte Leutnant Neslor einfach:
    »Ein 800 IQ-Widerstand in einem Gehirn mit einem IQ von 167 ist etwas für meine Erfahrung völlig Neues.«
    Die Frau staunte. »Ich kann es nicht verstehen«, beklagte sie sich. »Ich habe das Gefühl, daß wir irgendeinen wichtigen Hinweis übersehen haben. Wir stoßen da einfach in einem System von fünfzig Millionen Sonnen auf eine Wetterstation, eine Station, in der sich ein menschliches Wesen befindet – im Gegensatz zu allen Gesetzen der Selbsterhaltung sich sofort tötet, um zu verhindern, daß er in unsere Hände fällt.
    Die Wetterstation selbst ist ein uraltes Modell und zeigt nach fünfzehntausend Jahren keinerlei Verbesserungen; und doch deutet die ungeheure Zeitspanne und die Kapazität der betreffenden Gehirne darauf hin, daß all die offensichtlichen Veränderungen hätten gemacht werden müssen.
    Und der Name des Mannes, Watcher {12} , ist so typisch für die alte Methode, die auf der Erde vor der Ära des Raumflugs üblich war, nämlich Menschen nach ihrem Beruf zu benennen. Es ist möglich, daß selbst das Beobachten eben dieser Sonne ein erblicher Dienst seiner Familie ist. Hier ist etwas ... etwas Bedrückendes ... irgendwo, das ...«
    Sie unterbrach sich, runzelte die Stirn: »Was ist Ihr Plan?« Nach einer Minute nickte sie. »Ich verstehe ... Nun gut, bringen Sie ihn in eines der Schlafzimmer auf der Hauptbrücke. Und die Idee, eines Ihrer Muskelmädchen so herzurichten, daß es wie ich aussieht können Sie ruhig vergessen. Ich werde alles Notwendige selbst tun. Morgen. Schön.«
    Sie saß kühl da und betrachtete das Bild des Gefangenen auf dem Bildschirm. Der Mann, Watcher, lag im Bett, eine fast reglose Gestalt, die Augen geschlossen, aber das Gesicht seltsam angespannt. Sie fand, daß er wie jemand aussah, der zum erstenmal seit vier Tagen feststellt, daß die unsichtbaren Kraftlinien, die ihn festgehalten hatten, sich gelöst hatten.
    Neben ihr zischte die Psychologin: »Er ist immer noch argwöhnisch und wird das wahrscheinlich auch bleiben, bis Sie ihn teilweise beruhigt haben. Seine allgemeinen Reaktionen werden sich immer mehr konzentrieren. Mit jeder Minute wird seine Überzeugung wachsen, daß er nur eine einzige Chance hat, das Schiff zu vernichten, und daß er ohne Rücksicht auf Risiko handeln muß, rücksichtslos handeln muß.
    Ich habe ihn in den letzten zehn Stunden auf sehr subtile Weise auf Widerstand gegen uns konditioniert. Sie werden gleich sehen ... ah!«
    Watcher setzte sich im Bett auf. Er schob ein Bein unter dem Laken hervor und glitt dann nach vorne, stand auf. Es war eine seltsam kraftvoll wirkende Bewegung.
    Einen Augenblick lang stand er da, eine hochgewachsene Gestalt in einem grauen Pyjama. Offensichtlich hatte er seine erste Handlung vorausgeplant, weil er nach einem kurzen Blick zur Tür auf eine Batterie von Schubladen zuging, die in die Wand eingelassen waren. Er zog prüfend an ihnen, um sie dann mühelos aufzureißen, wobei er die Schlösser eines nach dem anderen einfach zerbrach.
    Ihr Stöhnen war wie ein Echo des Stöhnens von Leutnant Neslor.
    »Du lieber Himmel!« sagte die Psychologin schließlich. »Fragen Sie mich nicht, wie er diese Metallschlösser zerbrechen kann. Diese unglaubliche Kraft muß ein Nebenprodukt einer dellianischen Ausbildung sein. Edle Dame ...«
    Ihre Stimme klang besorgt, und Großkapitän Laurr sah sie an. »Ja?«
    »Glauben Sie unter den vorliegenden Umständen wirklich, daß Sie eine solch persönliche Rolle in seiner Unterwerfung spielen sollten? Seine Kraft ist offenbar so groß, daß er jeden an Bord Anwesenden in Stücke reißen kann ...«
    Eine herrische Geste unterbrach sie.

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